Eine hinreißend widerspenstige Lady
nur daran dachte.
Rupert hätte nicht sagen können, wie lange der Sandsturm andauerte. Es schien eine Ewigkeit zu sein.
Der Wind heulte, und der Sand peitschte wie ein erbostes Ungeheuer auf sie ein. Kein Wunder, dass die Araber glaubten, böse Geister kämen auf den Sandstürmen dahergeritten.
Unter dem Umhang war es dunkel und warm. Ein bisschen roch es auch nach Esel. Aber die Felsen schützten sie vor den schlimmsten Angriffen des Sturms, und das dicht gewebte Tuch hielt den prasselnden Sand ab.
Mrs. Pembroke klammerte sich an ihn, stumm und reglos und oh ... so sanft und weich. Er spürte ihren Atmen, das rasche Ein-und Ausatmen der Angst, an seinem Hals. Fast schon schmerzlich war er sich bewusst, wie ihr Busen sich an seiner Brust hob und senkte und ihr Gesäß sich ihm sanft an Schenkel und Schoß drängte.
Er drückte ihr einen beruhigenden Kuss auf den Kopf. Ihr Haar war so weich und gewellt wie der wogende, gerippte Wüstensand.
Im Sturm hatte sie ihren Schleier verloren, den schrecklichen Schleier, der ihm so zuwider war, wenngleich er sich eingestehen musste, dass er sie nicht nur vor der sengenden ägyptischen Sonne schützte, sondern auch vor begierigen Männerblicken. Der Schleier war nicht schwarz gewesen, fiel ihm nun ein. Er konnte sich zwar an die Farbe nicht genau erinnern, doch hatte sie seit Tagen schon kein Schwarz mehr getragen. Seit Minya, um genau zu sein.
„Uns passiert schon nichts“, sagte er. Durch das Tosen und Toben des Sturms konnte er seine eigenen Worte kaum verstehen und wusste auch nicht, ob sie ihn hörte oder ihm antwortete, doch er spürte, wie sie die Arme fester um ihn schlang, als fürchte sie, der Sturm könne ihn davontragen.
Manchmal war ihm sogar so. Solch heftigen Wind hatte er an Land nie zuvor erlebt. Es war eher wie ein Sturm auf See als ein sandpeitschender Wüstenwind. Zweimal meinte er, nun würde der Sturm sie erfassen, aus ihrem Felsspalt reißen und meilenweit durch die Luft schleudern.
Aber dann müsste der Sturm sie beide gemeinsam davontragen. Rupert würde nicht von ihr lassen und weder Natur- noch Menschengewalt nachgeben. Er schloss seine Arme enger um sie, hielt den schützenden Umhang fest umklammert und hoffte inständig, dass der Sturm aufhören möge, bevor sie beide hier erstickten.
Fortan verschwendete er seinen Atem nicht mehr auf beruhigende Worte, die in dem Getöse ohnehin nicht zu verstehen waren. Hin und wieder drückte er seine Lippen auf ihr Haar und hoffte, sie würde verstehen, dass er auf sie aufpasse. Solange er lebte, würde ihr nichts geschehen.
Viele Leben später, so schien es ihm, beruhigte die Welt sich wieder. Der Wind wehte immer noch kräftig, und der Sand prasselte noch immer auf sie ein, aber nicht mehr so heftig. Die zerstörerische Kraft des Wüstensturms war weitergezogen.
Vorsichtig hob Rupert den Kopf, streifte den Umhang ein wenig beiseite und spähte hinaus.
„Ich glaube, wir können aufatmen“, meinte er.
Erleichtert holte sie tief Luft, dann hustete sie.
„Tut mir leid“, sagte er und küsste sanft ihre Schläfe. „Es war nicht meine Absicht, Ihnen mit meiner Umarmung den Atem zu nehmen.“
Sie ließ ihn los und wich von seinem Schoß.
Er wollte sie zurückhaben, wollte sie wieder in seinen Armen
halten und spüren, wie ihr Haar ihn am Kinn kitzelte. Er wollte ihren Atem auf seinem Hals fühlen und genießen, wie ihre Brüste und ihr Gesäß sich an ihn schmiegten.
Einen Augenblick später rutschte sie noch ein Stück von ihm fort und spuckte Sand aus. „Herrje“, sagte sie. „Herrjemine!“
„Alles in Ordnung?“, fragte er. „Was macht Ihr Fuß?“
Vorsichtig bewegte sie ihren Fuß hin und her. „Scheint zu funktionieren“ , befand sie. „Aber meine Stiefel sind voller Sand. Ich bin ein wandelnder Sandsack. Nein, nicht wandelnd - noch nicht. Warten Sie ... ich muss erst mal wieder zu Atem kommen.“
Sie zog die Knie an, schlang die Arme darum und ließ ihren Kopf darauf sinken.
Rupert sah sich um. Der Sturm hatte einen beträchtlichen Sandhaufen vor dem Felsspalt aufgetürmt.
Er stand auf und schaute hinaus.
Von Südosten rollte bereits eine neue gelbe Sandwelle heran.
„Ähm ...“, sagte er.
„Moment noch - ich bin gleich so weit.“
„Ich weiß nicht, ob uns noch ein Moment bleibt“, meinte er. „Und ich habe keine Lust, hier lebendig begraben zu werden.“ Geschwind zog er sie hoch und stieg mit ihr und dem Esel im Schlepptau zügig den Berg hinauf.
So jäh auf
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