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Eine Hochzeit im Dezember: Roman (German Edition)

Eine Hochzeit im Dezember: Roman (German Edition)

Titel: Eine Hochzeit im Dezember: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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bringen, daß er am Ende der Flugbahn nach unten wegbrach, wie das eigentlich gedacht war. Auch North Fenton durchschaute das und hatte mit Geduld seine fünf Punkte eingefahren: zwei Walks , ein Triple, bei dem ein Schlag ihren Angreifer bis zur dritten Base gebracht hatte und der zwei Punkte wert war, ein Hit Batter , bei dem der Werfer den Schlagmann abgeworfen hatte, und ein Home run . Kurz bevor Harrisons launisches Gedächtnis das Match unterbrach, spielte er auf der zweiten Base , und ein Angreifer war auf der ersten. Der Kerl machte Harrison ganz verrückt, weil er sich so weit von der Base entfernte. Jerry brauchte den Ball nur zur ersten Base zu feuern, und der First Baseman könnte den Kerl mit Leichtigkeit ausschalten.
    Harrison fragte sich, warum Coach D. noch nicht zum Wurfhügel hinausgekommen war, warum er noch keinen anderen Werfer eingesetzt hatte. Stephen, zwischen der zweiten und dritten Base , donnerte die Faust in den Handschuh. Der einzige, der sich noch mehr als Jerry über die Niederlage ärgern würde, war Stephen, der Shortstop . Die Hände auf die Knie gestützt, beugte er sich vor und ließ den Oberkörper hin- und herpendeln, um locker zu bleiben. Harrison wartete ungeduldig auf seiner Position, es sollte endlich etwas passieren. In Maine war Baseball ein Wintersport, matschige Spielfelder, eisige Temperaturen und heftige Winde vom Atlantik, die jeden anständigen Treffer über den Zaun im Right Field trugen, obwohl Rob Zoar als Outfielder besser war als alle, die Harrison je erlebt hatte.
    Ein Windstoß fegte über den Wurfhügel. Jerry hielt inne, wartete auf Windstille. Der Schiedsrichter gab das Spiel wieder frei. Jerry begann seine Wurfbewegung, schwang sein Bein übertrieben und unökonomisch hoch, wie Harrison fand. Jeder gute Läufer auf der ersten Base konnte die zweite Base stehlen, lange bevor der Ball überhaupt beim Fänger ankam. Der Ball kam kerzengerade herangeflogen, und der Schlagmann schlug ihn hart durch die Lücke zwischen zweiter und dritter Base. Harrison beobachtete, wie Stephen sich in scheinbar unmöglichem Winkel krümmte, den Ball in dem Moment erwischte, bevor er den Boden berührte, und ihn über seinen Körper hinwegschleuderte, noch während dieser in die Höhe stieg. Ein Spielzug, wie man ihn einem High-School-Jungen nicht zugetraut hätte. Harrison, der auf der zweiten Base auf den Ball gewartet hatte, feuerte ihn, während er über den heranrutschenden Läufer hinwegsprang, zur ersten Base und erwischte den Schlagmann dort. Zwei aus. Bei diesem Spielzug – an dem Harrison und Stephen im Jahr zuvor gearbeitet, von dem sie den ganzen Winter geredet und den sie unablässig geübt hatten – war Stephen der Schlüssel, der Dreh- und Angelpunkt, von seinem Spin hing es ab, ob die Sache klappte. Und er hatte an diesem Tag zum ersten Mal funktioniert.
    Stephen war jetzt leichter auf den Beinen und aufgeheizt, sein blondes Haar flatterte unter der Kappe, das Trikot klebte ihm an der Brust, als er Harrison mit erhobenen Daumen Zeichen gab, eine Geste, die für keinen sonst erkennbar war. Wenn Jerry diesmal seinen Wurf plazieren konnte, hatten sie eine gute Chance, im nächsten Offensivabschnitt ins Spiel zurückzukommen. Ihre besten Schlagmänner kämen dann an die Reihe: Harrison als erster; Rob Zoar wegen seiner unheimlichen Treffsicherheit als zweiter; Billy Ricci, Fänger und großartiger Schlagmann mit Bärenkräften, als dritter;und zum Schluß Stephen, der sie nach Hause schlagen würde. Es gab noch eine Chance, wieder ins Spiel zu kommen.
    Harrison erkannte Jerrys mißglückten Wurf sofort. Der Schlagmann nutzte die Gelegenheit. Der Ball flog hoch und weit, so weit über den Zaun ins dichte Gebüsch, daß jeder Versuch, ihn zu fangen, sinnlos war.
    0:6.
    Jerry wurde ausgewechselt, ein neuer Werfer kam auf den Hügel, um sich einzuwerfen. Harrison blickte zu der kleinen Anhöhe hinüber, auf der die Fans saßen – weniger jetzt im April als im Mai, viel mehr bei Heim- als bei Auswärtsspielen –, und bemerkte auch ein paar Eltern, von denen manche, wie er wußte, eine lange Fahrt auf sich genommen hatten, um ihre Söhne Baseball spielen zu sehen. Etwas abseits, am steilsten Stück des Hangs, saß zurückgelehnt, die Ellbogen ins Gras gestützt, Nora in ihrer Jeansjacke, einen rosaroten Schal lose um den Hals geschlungen. Er bemerkte den Khakirock, die hohen schwarzen Stiefel, deren Absätze sie da oben ruinierte. Sie beschattete ihre Augen mit einer

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