Eine Hochzeit im Dezember: Roman (German Edition)
ist so flink und gescheit, daß ich sie nicht vor den Kopf stoßen will. Erzählst du es den anderen?«
»Sehr witzig. Du scheinst ja guter Dinge zu sein.«
»Trotz der Fliege, ja.«
»Und wieso?«
Sie lehnte sich zurück. »Ich – ich bin begeistert von diesem Tag. Und in meiner Begeisterung bin ich unglaublich glücklich.«
»Das freut mich. Das Raclette ist übrigens sehr gut. Mein Kompliment an den Koch.«
»Eddie. Ich werde es ihm sagen. Darf ich?« fragte sie und zeigte auf Harrisons unberührtes Glas Wasser.
Harrison schob es ihr hin. »Ich habe mich gerade gefragt, warum du dich mit diesem Gasthof belastest? Die Tantiemen deines Mannes sind doch sicherlich –«
»Carls Tantiemen waren immer erbärmlich.« Nora schlug die Beine übereinander. »Du – gerade du solltest das doch wissen.« Harrison war beeindruckt von ihrer selbstsicheren Gelassenheit. »Aber das ist nicht der Grund. Ich hatte einfach Lust dazu.«
Nora trank einen großen Schluck.
»Wie habt ihr euch eigentlich kennengelernt, du und dein Mann?« fragte Harrison.
»Du solltest nicht immer Fragen stellen, auf die du die Antworten schon weißt«, sagte Nora.
Die Zurückweisung war schroff. Harrison griff zu seinem Glas und trank einen Schluck Wein.
»Ich fand Poetic License gehässig. Ich habe es abgelehnt, mit Alan Roscoff zusammenzuarbeiten. Hast du es gelesen?«
»Ja.«
»Mich – mich hat weniger gestört, daß der Respekt fehlt, den eine Witwe sich gewünscht hätte. Ich fand das Buch einfach seicht. Und dumm. Ich glaube, er hatte nicht die geringste Ahnung, worum es in Carls Arbeit ging.«
»Ich fand das Buch dürftig und hingeschludert«, sagte Harrison loyal. »Bewußt auf Sensation aus.«
»Ich habe schon überlegt, ob ich nicht ein ernsthaftes Porträt von Carl in Auftrag geben sollte«, sagte Nora nachdenklich. Sie kaute an einem Finger, Harrison fand diesen Riß in der selbstsicheren Gelassenheit liebenswert. »Vielleicht könntest du mir einen Autor vorschlagen? Jemanden, den du schätzt.«
Harrison war geschmeichelt von der Aufforderung, fragte sich aber, ob sie nicht ein wenig unaufrichtig war. Nora Laski wurde doch gewiß mit Bitten um Interviews und Einsicht in die persönlichen Unterlagen des Dichters überschüttet. Harrison vermutete, daß im Moment bereits an zwei oder drei ernstzunehmenden Biographien über Laski gearbeitet wurde. »Gern«, sagte er.
»Ich – ich habe auf einer Parkbank im Washington Square Park gesessen«, sagte Nora. »Ich aß ein belegtes Brot, und da setzte sich Carl neben mich. Er fragte, ob ich ihm die Hälfte abgeben würde. Ich kannte ihn damals als Professor Laski. Einen Moment verschlug es mir die Sprache. Ich war gerade mal im dritten Semester. Professor Laski war – na ja, er war eine Persönlichkeit. Ich hatte im Jahr davor Vorlesungen bei ihm gehört. An dem Tag behauptete er, sich an mich zu erinnern, später gestand er mir, daß das nicht stimmte.«
Harrison konnte sich nicht vorstellen, daß irgendein Mann sich nicht an die junge Nora erinnert hätte.
»Carl kam von da an jeden Tag um dieselbe Zeit in den Park. Und es war klar, daß ich für seine Verpflegung sorgen würde. Ich fing an, immer üppigere Brote zu machen, bis es am Ende ausgewachsene Picknicks waren. Ich wußte, daß Carl verheiratet war. Ich kannte auch seinen Ruf. Ich dachte – ich dachte, solange es nicht weiter als bis zur Parkbank ginge, wäre alles bestens. Und lange Zeit war es auch so.« Nora schwieg.
»Über sein Alter habe ich mir kaum Gedanken gemacht«, fuhr sie dann fort. »Es erschien damals nicht so wichtig. Wenn überhaupt, genossen Mädchen, die mit ihren Professoren schliefen, eine Art Prestige aus zweiter Hand.«
»Wie lange ging das so?« fragte Harrison.
»Wochen«, antwortete sie. »Ich habe ihn im Frühjahr kennengelernt. Es lief, bis ich den Sommer über weggefahren bin.«
»Wohin bist du gefahren?«
»Nach Provincetown. Ich habe dort gekellnert. Ich hatte mit einem anderen Mädchen zusammen ein Zimmer. Das war damals in . Nach der Arbeit haben wir unsere Trinkgelder in Bars verpraßt. Im Juli sah ich ein Plakat, das eine Lesung Carl Laskis in der Kirche der Unitarier ankündigte. Ich halte es für möglich, daß ich meinen Freunden gegenüber damit angegeben habe, ihn persönlich zu kennen. Und danach mußte ich natürlich zu der Lesung gehen. Zum Beweis. Ich überlegte mir, daß ich einen Picknickkorb vorbereiten und mitnehmen würde. Aus Jux.«
Nora lächelte.
»Carl
Weitere Kostenlose Bücher