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Eine Idee des Doctor Ox

Eine Idee des Doctor Ox

Titel: Eine Idee des Doctor Ox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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nur nicht, zur rechten
     Zeit anzuziehen. Du kommst immer ein paar Secunden zu spät, und dann kann das Bärbchen entwischen.
    – Was meinst Du, Suzel, willst Du nicht ein Mal meine Angel nehmen?
    – Ja, Frantz, sehr gern.
    – Du kannst mir unterdessen Deine Stickerei geben; ich will versuchen, ob es mir heute damit besser glückt, wie mit dem Fischen.«
    Das junge Mädchen ergriff mit zitternder Hand die Angelruthe, während Frantz den Kanevas nahm und einen Stich an den andern
     reihte. So saßen sie Stunden lang, tauschten ab und zu ein freundliches Wort aus und sahen auf den Angelkork, der bei jeder
     kleinen Bewegung ihre Herzen höher schlagen ließ. Ach, möchten sie niemals diese Stunden ungestörten, friedenvollen Glückes
     vergessen, in denen sie so traulich bei einander waren und auf das Gemurmel der vorüberziehenden Wellen lauschten!
    An dem betreffenden Tage hatte sich die Sonne schon tief gesenkt, und doch biß, trotzdem Suzel und Frantz ihre Angeltalente
     combinirten, noch immer keiner an. Unter den Bärbchen schien sich heute auch nicht eins zu finden, das Mitleid genug mit den
     jungen Leuten gehabt hätte, um anzubeißen, und diese wiederum waren zu gerecht, um ihnen das übel zu nehmen.
    »Ein ander Mal wird es besser glücken, Frantz, tröstete Suzel, als ihr Fischer seinen jungfräulichen Haken wieder auf dem
     Tannenbrettchen befestigte.
    – Wollen es hoffen, Suzel.«
    Und nun machten sich Beide, ohne ein Wort weiter zu wechseln, auf den Nachhauseweg, so stumm wie ihre Schatten, die sich mehr
     und mehr verlängerten. Suzel sah, wie sie unter den schrägen Strahlen der untergehenden Sonne groß und größer wurde, undFrantz sah beinahe so mager und dünn aus, wie die lange Angelruthe, die er in der Hand trug.
    Endlich gelangten sie bis an das Bürgermeisterhaus, vor dem Gras und Kraut zwischen den Pflastersteinen grünte und die Straße
     auf's Beste polsterte, so daß das Geräusch der Tritte nur gedämpft hineinklang.
    Als die Hausthüre sich gerade öffnen sollte, glaubte Frantz noch einige Worte mit seiner Braut sprechen zu müssen:
    »Du weißt, Suzel, der große Tag kommt heran.
    – Ja, Frantz, er naht! bestätigte das junge Mädchen und senkte erröthend die langen Wimpern.
    – Schon in fünf bis sechs Jahren ... fügte der zärtliche Liebhaber hinzu.
    – Auf Wiedersehen, Frantz.
    – Auf Wiedersehen, Suzel.«
    Die Hausthüre fiel in's Schloß, und der junge Mann begab sich in langsamem, gleichmäßigem Schritt zum Hause seines Vaters,
     des Raths Niklausse, zurück.

Siebentes Capitel,
in dem das Andante zum Allegro , und das Allegro zum Vivace wird.
    Die durch den Streit des Advocaten Schut und des Doctor Custos in der Stadt verursachte Aufregung hatte sich bald wieder besänftigt
     und warvon keinen weiteren Folgen gewesen. Man durfte also hoffen, daß Quiquendone wieder in seine gewöhnliche Apathie zurück versinken
     würde, die für kurze Augenblicke auf so unerklärliche Weise unterbrochen war.
    Unterdessen wurde an dem Röhrenwerk, durch welches das Oxyhydrogengas in die Hauptgebäude der Stadt geführt werden sollte,
     tüchtig weiter gearbeitet. Die Leitungen und Verzweigungen glitten in immer größerer Vollständigkeit unter dem Pflaster von
     Quiquendone dahin, und nur die Brenner, deren Ausführung sehr complicirt war, und die man deshalb im Auslands bestellt hatte,
     fehlten noch. Der Doctor Ox war überall, und er wie sein Famulus Ygen verloren nicht einen Augenblick. Sie spornten die Arbeiter
     an, vollendeten die difficilen Organe des Gasometers und speisten Tag und Nacht riesige Säulen, die unter der Einwirkung eines
     mächtigen elektrischen Stroms das Wasser zerlegten. Ja! der Doctor fabricirte bereits sein Gas, obgleich die Canalisation
     noch nicht fertig war; es mag dies, wie wir gern zugestehen wollen, sehr sonderbar erscheinen. Binnen Kurzem aber sollte Alles
     fertig sein, und der Doctor beabsichtigte, dann die brillante Beleuchtung der Stadt zuerst im Theater zu erproben.
    Quiquendone besaß nämlich ein Theater, ein wirklich schönes Gebäude, dessen innere und äußere Einrichtung an alle möglichen
     Baustile erinnerte. Es war zugleich byzantinisch, romanisch, gothisch, Renaissance, mit abgerundeten Thüren, Spitzbogenfenstern,
     Flammenrosetten und phantastischen Glockenthürmchen; kurz, eine förmliche Musterkarte aller Bauarten, halb Parthenon, halb
     grand café parisien; und das kann uns nicht besonders in Erstaunensetzen, wenn wir hören,

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