Eine Idee macht noch keinen Roman
sich Phantasien befindet, auf 46 Seiten zu beschreiben. Danach geht die Handlung ins Detail. Die Einleitung nimmt somit keine 11 Prozent des Buches ein und es funktioniert, wie ich finde, ganz hervorragend. Alles, was man über das Setting wissen muss, ist dargelegt worden und die Neugier des Lesers ist voll und ganz geweckt.
Ich persönlich liege, prozentual gesehen, irgendwo in der Mitte. Wahre Helden hätte in gedruckter Form ca. 350 Seiten, die Handlung geht ernsthaft los bei Seite 22 und die (zumindest am Anfang wichtigen) Charaktere sind bei Seite 60 alle da. Da geht's dann aber auch schon rund, was die Handlung angeht. Das sind ungefähr 17 Prozent.
Aber egal, ob man 10 oder 30 Prozent der Seitenanzahl braucht: Diese Einführung ist wichtig. Sonst weiß der Leser nicht, mit wem er es eigentlich zu tun hat und kann auch keine Sympathie oder Antipathie entwickeln.
Ich habe in den verschiedenen Foren sehr häufig Sachen gelesen, die ich eigentlich sehr nett fand, die aber, was die Charaktere und allgemein die Einführung bzw. Heranführung an die Geschichte betraf, absolut blass geblieben sind. Da wurden, wenn überhaupt, zwei Seiten dafür verwendet, um zu erklären, um wen es sich da eigentlich handelt und dann ging's rund. Später kam auch keine Ruhe in die Geschichte, um das vielleicht noch nachzuholen. Da kann sich keine Beziehung zum Charakter aufbauen.
Es ist natürlich nicht Sinn der Sache, die komplette Biographie der Charaktere innerhalb der ersten 50 Seiten auf den Markt zu schmeißen (siehe Kapitel Charaktere ). Das würde bedeuten, dass kein Platz mehr für die Handlung da ist und auch keine Überraschungen mehr auftauchen können. Selbst wenn die Charaktere sehr ausführlich dargestellt werden, wird man im gesamten Buch selten mehr als dreißig Prozent von dem einbringen, was man sich seinerzeit über den jeweiligen Charakter ausgedacht hat. Während des ersten Aktes werden das entsprechend eher 5-10 Prozent sein. Man will ja später auch noch was zum Nachlegen haben. Darüber hinaus gibt es in den meisten Geschichten ja auch mehr als einen Charakter. Die müssen ja auch noch alle mal kurz beleuchtet werden.
Bevor es am Ende der Einleitung, also am Ende des ersten Aktes, handlungstechnisch wirklich anbei geht, sollte man als Leser folgendes wissen:
- Mit wem habe ich es zu tun?
- Was soll das Ganze? (Zumindest ungefähr)
Am Ende des ersten Aktes ist also alles erklärt, die Geschichte ist in voller Fahrt und spätestens hier ist der erste deutliche Ausschlag zum Positiven oder Negativen da, je nachdem, wo die Geschichte mal enden wird. Bei Geschichten mit Happy End ist nach dem ersten Akt meistens eine positive Grundstimmung zu verzeichnen, bei Dramen meistens eine negative.
Und ja: Ausnahmen bestätigen die Regel. Siehe Herr der Ringe . Aber als Faustregel kann man damit eigentlich nichts falsch machen.
Und diese besagt: Der erste Akt beginnt mit der Einleitung und endet im ersten Klimax.
Akt 2: Hauptteil - Antiklimax
Das ist meistens der mit Abstand längste Teil der Geschichte und nimmt nicht selten zwei Drittel, wenn nicht sogar drei Viertel des Buches ein, je nachdem, wie lang der erste Akt geworden ist.
Im zweiten Akt schreitet die Handlung voran, mitsamt ihren Hoch- und Tiefpunkten. Die Geschichte entrollt sich nun mehr oder weniger komplett vor dem Auge des Lesers und es wird hier zum ersten Mal deutlich, wo das Ganze mal enden könnte. Ob das jetzt ein Ausblick auf ein gutes oder schlechtes Ende ist und ob man diese Aussicht dann später auch wirklich bedient, sei dahin gestellt. Wichtig ist, dass klar wird, wie denn der Schluss aussehen könnte.
Wenn ich als Leser nach 200 von 400 Seiten immer noch nicht weiß, was das hier überhaupt soll, bin ich durch die Bank weg ein wenig verwirrt. Idealerweise werden beide Extreme in Aussicht gestellt, sodass der Leser sich die ganze Zeit fragt, wie diese Geschichte denn nun ausgehen wird.
Am Ende des 2. Aktes steht der Positiv/Negativ-Ausschlag durch die Bank weg im Gegensatz zum Ende der Geschichte. Dieser Punkt ist dann auch klassischerweise nach 2/3 - 3/4 des Buches erreicht.
Beispiel: Herr der Ringe
Wie eben gerade angedeutet, endet der erste Band nicht im Guten, sondern in der ersten ernsthaften Krise. Das liegt aber an der allgemein eher melancholischen Grundstimmung des Buches.
Das Buch hat, wenn man optimistisch ist, sowas ähnliches wie ein Happy End, entsprechend hört Band 2 von 3 am absoluten bisherigen Tiefpunkt
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