Eine Idee macht noch keinen Roman
allgemein der Fall, dass der Böse und der Gute, also z.B. der Mörder und der Polizist erst ganz zum Schluss ernsthaft aufeinander treffen. Die beiden können sich vorher natürlich bereits begegnet sein, aber wenn der Gute beweisen kann, wer für das Verbrechen verantwortlich ist, dann ist die darauf folgende Konfrontation der beiden eigentlich immer die letzte und entscheidende und da geht es eins gegen eins.
Bei den Harry Potter - Büchern ist dieses Prinzip gut zu beobachten. Harry begegnet in den Büchern mehrmals Lord Voldemort. Jedes Mal überlebt er das knapp, unter anderem, weil er jedes Mal Hilfe hat und jedes Mal von einer anderen Seite. Erst ganz zum Schluss, nachdem Harry weiß, woher Voldemort seine Macht der Unsterblichkeit bezieht und nachdem sie dieses Problem gelöst haben, treten die beiden eins gegen eins gegeneinander an. Ohne Hilfe von außen. Diese Konfrontation baut sich über sieben Bücher auf und hier ist klar: Dieses Duell wird nur einer überleben. Der andere wird sterben, und zwar endgültig. Und so ist es auch. Nach diesem Duell ist das Buch, ist die ganze Geschichte zu Ende.
Um noch mal den Herr der Ringe zu nehmen: Frodo kommt zum Beispiel recht früh mit den Nazgul in Berührung. Das passiert sogar noch im ersten Akt und ist gleichzeitig für lange Zeit das absolut Gefährlichste, mit dem er es zu tun bekommt. Die Nazgul sind aber nicht das eigentlich Böse, sondern nur Handlanger. Das ist auch gut so, weil Frodo sonst nämlich sehr früh tot wäre. Er überlebt diese Begegnung auch nur sehr knapp und hat bis zu seinem Lebensende an dieser Begegnung zu knabbern. Danach hat er es im Buch 'nur' mit Orks, Gollum, mehr Orks, einer Riesenspinne, noch mehr Orks und ganz zum Schluss, am Ende des dritten Aktes, mit Sauron zu tun. Das aber auch nur indirekt, und das ist auch gut so, weil er gegen Sauron keine Chance hätte. Das eigentliche Übel, dem er sich stellen muss, ist die eigene Charakterstärke, den Ring nicht aufzusetzen, sondern ihn zu zerstören. Und diese Prüfung besteht er nicht. Wenn Gollum und Sam nicht wären, würden die ganzen bisherigen Strapazen und Entbehrungen umsonst gewesen sein.
Allgemein ist Der Herr der Ringe ein schönes Beispiel für die Verdichtung von Geschichten zum Ende hin. Knapp tausend Seiten lang wird versucht, den Ring möglichst unauffällig nach Mordor zu bringen. Rückschläge und Erfolge wechseln sich regelmäßig ab, um dann im großen Finale zu enden:
Positiv:
- Entgegen aller Chancen kommen Sam und Frodo endlich am Schicksalsberg an und schaffen es, ungesehen die Höhle zu betreten.
Negativ:
- Frodo setzt den Ring auf. Und das in Mordor vor der Haustür von Sauron. Das ist genau das, was nicht passieren darf. Dagegen ist 900 Seiten lang angearbeitet worden. Der absolute Super-GAU! Und als wenn das nicht mehr zu toppen ist, taucht Gollum auf, schlägt Sam nieder und beißt Frodo den Finger mitsamt Ring ab. Jetzt befindet sich der Ring auch noch in Besitz eines Irren aus dem Lager der Bösen.
Positiv:
- Sam wacht wieder auf. Ein Hoffnungsschimmer.
Negativ:
- Frodo fällt und baumelt, schwer verletzt, über den Rand der Lavaströme des Schicksalsberges und droht hinabzustürzen.
Positiv:
- Gollum taumelt ebenfalls und stürzt mitsamt Ring in die Lava des Schicksalsberges. Der Ring ist zerstört. Sam kann Frodo retten.
Negativ:
- Mordor stürzt ein. Durch die Vernichtung des Ringes bricht der Vulkan aus und Frodo und Sam müssen um ihr Leben laufen. Sie stellen schnell fest, dass sie hier sterben werden. Eingeschlossen von Lavaströmen warten sie ergeben auf ihr Ende.
Positiv:
- Gandalf erscheint mit den Adlern und sie werden gerettet.
Diese ganze Abfolge nimmt gerade mal zehn Seiten ein und ist aufgrund der Gefahren, denen die Protagonisten ausgesetzt werden, nicht mehr zu überbieten.
Den oder die Protagonisten zu schnell ans Maximum der Hürdenhöhe heranzuführen, bedeutet immer, dass sich die Geschichte nicht mehr weiterentwickeln kann und der Protagonist im schlimmsten Falle sehr früh das Zeitliche segnet. Und das ist, je nachdem, was man für eine Geschichte schreiben will, vielleicht nicht unbedingt das, was man vorhatte. Oder, und das ist auch nicht gut, die Hürdenhöhe bleibt auf demselben Level oder sinkt sogar zwischendurch regelmäßig.
Nach dem Höhepunkt läuft die Geschichte langsam aus. In Filmen ist das oftmals nicht so. Da ist nach der letzten Schlacht bzw. der letzten Krise häufig sehr schnell Schluss,
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