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Eine Insel

Eine Insel

Titel: Eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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konnten. Cox hatte auf den Mann geschossen und ihn getroffen.
    Auch Foxlip feuerte seine Pistole ab. Daphne erinnerte sich noch genau, wie er gelacht hatte. Polegrave schoss als Letzter, was ihm ähnlich sah. Er war der klassische Feigling, der einer Leiche einen Fußtritt verpasste, weil sie sich nicht wehren konnte. Außerdem hatte er immerzu gekichert und Daphne keine Sekunde aus den Augen gelassen, sobald sie an Deck war.
    Und trotzdem war er vermutlich klüger als Foxlip, hinter dessen Prahlerei und Grobheit ohnehin nichts weiter zu erwarten war, so dass es vermutlich Hummer gab, die intelligenter waren als Foxlip. Die beiden neigten dazu, sich immer in Cox’ Nähe aufzuhalten, was auf den ersten Blick nur schwer zu verstehen war, bis man herausfand, dass es sogar Fische gab, die neben einem Hai herschwammen und sich selbst in sein Maul wagten, weil sie dann vor anderen Fischen sicher waren und nie gefressen wurden.
    Niemand wusste, welchen Nutzen der Hai davon hatte. Vielleicht bemerkte er sie überhaupt nicht, oder er sparte sie sich für einen heimlichen Mitternachtsimbiss auf.
    Natürlich war Cox nicht mit einem Hai zu vergleichen. Er war viel schlimmer. Haie waren nichts als Fressmaschinen.
    Sie hatten gar keine andere Wahl. Erster Offizier Cox hingegen hatte sehr wohl eine Wahl gehabt und sich jeden Tag dafür entschieden, Erster Offizier Cox zu sein. Und das war eine seltsame Entscheidung, denn wenn Bosheit eine ansteckende Krankheit wäre, hätte man Cox irgendwo auf einer einsamen Insel in eine Quarantänezelle gesteckt. Und selbst dort hätten die Kaninchen, die am Seegras knabberten, irgendwann angefangen, sich gegenseitig zu beißen. Cox war in der Tat ansteckend. Wo immer sein Schatten hinfiel, wurden alte Freundschaften gekündigt, brachen kleine Kriege aus, wurde die Milch sauer, flüchteten Schaben von jedem aufgeweichten Schiffszwieback und standen die Ratten Schlange, um ins Meer zu springen. Zumindest hatte Cookie es so ausgedrückt, der allerdings zu leichten Übertreibungen neigte.
    Und Cox hatte gegrinst. Es war nicht dieses widerwärtige, nervöse Grinsen von Polegrave, das in jedem, der es sehen musste, das dringende Bedürfnis weckte, sich die Hände zu waschen. Sondern es war das Grinsen eines Mannes, dem seine Arbeit Spaß machte. Er war in Port Advent an Bord gekommen, nachdem fünf Besatzungsmitglieder von ihrem Landgang nicht zurückgekehrt waren. Das geschah häufiger, wie der Koch Daphne erzählte. Ein Captain, der Kartenspiele, fröhliches Pfeifen, Alkohol und Fluchen unter strenge Strafe stellte, hatte es selbst mit guter Bezahlung nicht leicht, seine Besatzung zu halten. Es war schrecklich, mit anzusehen, sagte Cookie, wie die Religion eine anständige Seele derart gefangen nehmen konnte. Aber gerade weil er ein anständiger Kerl und ein guter Captain war, blieb ein großer Teil der Besatzung ihm treu – auch wenn es grausam war, Seemänner vom Fluchen abhalten zu wollen (sie fanden einen Weg, dieses Problem zu umschiffen, indem sie in ein altes Wasserfass fluchten, das sie ins Speigatt gesteckt hatten; obwohl Daphne sich alle Mühe gab, konnte sie nicht alle Flüche verstehen, doch am Ende eines schweren Tages war das Wasser im Fass heiß genug, um damit Wäsche zu waschen).
    Jeder wusste über Cox Bescheid. Der Erste Offizier Cox ließ sich nicht anheuern. Er tauchte einfach auf. Wenn man keinen Ersten Offizier brauchte, weil man schon einen hatte, stellte man fest, dass dieser plötzlich ausgesprochen erpicht darauf war, wieder Zweiter Offizier zu sein, ja, sicher, aber bitte gern…
    Und wer ein argloses Naturell hatte, glaubte womöglich all den wunderbaren Referenzen, die andere Captains für Cox geschrieben haben, ohne sich dabei zu fragen, warum die so glücklich gewesen waren, ihn auf einem anderen Schiff zu sehen.
    Cookie war allerdings der Ansicht, dass Roberts bestimmt alles über Cox gewusst hatte und ganz von missionarischem Eifer erfüllt gewesen war, als er die Gelegenheit witterte, einen üblen Sünder vor Hölle und Verdammnis zu retten.
    Und vielleicht war Cox, als er sich in der Mannschaft eines Captains wiederfand, der seine Männer dreimal täglich zum gemeinsamen Gebet antreten ließ, von einem gänzlich anders gelagerten Eifer erfüllt gewesen, der schwarz und von Flammen umgeben war. Das Böse sucht Gesellschaft, hatte Cookie gesagt.
    Erstaunlicherweise nahm er bereitwillig an den Gottesdiensten teil und war aufmerksam bei der Sache! Die Leute, die

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