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Eine Insel

Eine Insel

Titel: Eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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versuchst du, so zu tun, als wäre nichts gewesen. Tut mir leid, dass ich laut geworden bin. Es war alles ziemlich… na, du weißt schon.«
    »Ja, ich weiß.«
    Nun herrschte jenes Schweigen, das immer dann eintrat, wenn Gedanken zu verworren waren, um Worte zu werden.
    Bis Daphne sich räusperte. »Aber du hast die zerbrochene Statue gesehen, nicht wahr? Und den Arm, der aus dem Wasser ragte.«
    »Ja. Ich habe alles gesehen«, sagte Mau, doch er beobachtete eine Frau, die auf sie zugelaufen kam.
    »Nein, hast du nicht! Die Luft wurde viel zu stickig! Die zerbrochene Statue hatte ursprünglich etwas gehalten. Ich habe es gefunden, während du dich mit Ataba gestritten hast. Es war die Welt. Eine kopfstehende Welt. Komm mit und sieh es dir an.«
    Sie nahm seinen Arm und zerrte ihn zum Pfad, der den Berg hinaufführte. »Alle müssen es sehen! Es ist sehr…«
    »Ja, Cara?«, sagte Mau zu der Frau, die inzwischen nahe genug herangekommen war und unbedingt etwas loswerden wollte.
    »Ich soll dir sagen, dass der Fluss trübe geworden ist«, sagte die Frau mit einem nervösen Seitenblick auf Daphne.
    »Ein Schwein ist zu den östlichen Wiesen vorgedrungen und suhlt sich nun in der Quelle«, sagte Mau und stand auf. »Ich werde nachsehen und…«
    »Du kommst mit mir!«, rief Daphne. Die Frau wich erschrocken zurück, als Daphne herumfuhr und sich an sie wandte.
    »Such dir einen Stock und geh das Tal hinauf, bis du ein Schwein im Fluss findest, und dann verjagst du das Schwein mit ein paar Stockhieben. Das ist nicht besonders schwierig. Mau, du bist der Häuptling. Was ich dir zeigen will, hat nichts mit Schweinen zu tun. Es ist viel wichtiger…«
    »Schweine sind auch wich…«
    »Das hier ist viel wichtiger als ein Schwein! Komm jetzt mit und schau es dir an!«
    Am Ende des Tages hatte es jeder gesehen, wenn auch nur für ein paar Minuten. Dadurch, dass ständig Leute in dem Tunnel auf und ab liefen, kam die Luft in Bewegung und war nun längst nicht mehr so stickig. Jede einzelne Lampe von der Judy war im Dauereinsatz.
    »Die Welt«, sagte Mau und starrte sie an. »Sie ist eine Kugel? Und wir fallen nicht herunter?«
    Dem Geistermädchen schienen die Worte regelrecht auf der Zunge zu brennen. »Ja, genau, und das weißt du auch! Du kennst doch die Geschichte vom Bruder, der so weit davongesegelt ist, dass er zurückkehrte, oder nicht?«
    »Natürlich. Jedes Kind kennt sie.«
    »Ich glaube, vor sehr, sehr langer Zeit sind die Menschen von dieser Insel um die ganze Welt gesegelt. Irgendwie habt ihr euch daran erinnert, aber im Laufe der Jahre wurde daraus eine Geschichte für kleine Kinder!«
    Selbst hier unten im Dunkeln, dachte Mau. Er strich mit einer Hand über das, was Daphne »den Globus« nannte, den größten, der nun auf dem Boden lag, nachdem die Statue zerbrochen war. Imos Globus. Die Welt. Er ließ nur die Fingerspitzen über den Stein gleiten. Die Kugel reichte ihm bis zum Kinn.
    Das ist also die Welt, dachte er und folgte mit den Fingern einer Linie aus schimmerndem Gold. Es gab viele von diesen Linien, und sie alle liefen in einem Punkt zusammen – oder davon fort, so als hätte ein Riese viele Speere rund um die Welt geworfen. Und er war mein Vorfahr, dachte er bei sich, als er vorsichtig das vertraute Symbol berührte, das ihm verriet, dass dies alles eben nicht von den Hosenmenschen erbaut worden war.
    Sein Volk hatte diese Steine bearbeitet. Sein Volk hatte die Götter aus dem Stein gehauen.
    In seiner Erinnerung hörte er den Geist von Ataba wüten:
    »Das bedeutet überhaupt nichts, Dämonenjunge! Die Götter haben ihre Werkzeuge geführt!« Und Mau dachte: Aber mir bedeutet es durchaus etwas. Ja, es bedeutet mir sogar sehr viel.
    »Dein Land war einmal sehr groß, bestimmt so groß wie Kreta«, sagte das Geistermädchen hinter ihm. »Ich werde dir Kreta später auf der Karte zeigen. Dein Volk hat die ganze Welt erkundet! Hauptsächlich Afrika, China und Mittelamerika, und weißt du was? Ich glaube, James Crolls Theorie zu den Eiszeiten stimmt tatsächlich! Ich habe seinen Vortrag an der Royal Society gehört. Deshalb ist so viel von Europa und Nordamerika nicht da, äh, ich meine, nicht weil er den Vortrag gehalten hat, sondern weil es von Eis bedeckt war! Weißt du, was Eis ist? Oh. Na gut, das ist, wenn Wasser sehr kalt wird. Dann wird es hart wie Kristall. Auf jeden Fall war das andere Ende der Welt ein einziger Schneeball, aber hier unten war es immer noch warm, und ihr habt erstaunliche

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