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Eine Insel

Eine Insel

Titel: Eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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vermutlich nicht, was sie mit ihm anfangen sollen.«
    »Ihn am Spieß braten?«
    »Das bezweifle ich«, sagte Mau. »Ein Kannibale muss sich genau überlegen, wen er isst. Ein Mann wie Milo würde sie stark machen. Pilu würde ihnen eine Stimme mit magischen Kräften geben, und von mir würden sie… Bauchschmerzen bekommen. Und wer sollte schon einen Verrückten essen wollen?«
    Daphne erschauderte. »Solange sie nur mich nicht essen!«
    »Nein. Sie würden niemals eine Frau essen«, sagte Mau.
    »Das ist aber sehr anständig von ihnen!«
    »Nein. Sie würden dich an ihre Frauen verfüttern, damit die hübscher werden.«
    Es folgte eine jener Pausen, die sich gleichzeitig eiskalt und glühendheiß anfühlten. Sie war vollgestopft mit lautlosen Worten – Worten, die nicht gesagt werden sollten oder ein anderes Mal oder auf andere Weise, die gesagt werden konnten oder mussten, aber nicht gesagt werden durften, und die auf ewig in dieser Pause weiterwirbelten oder so lange, bis eines herausfiel…
    »Ähem«, sagte Daphne, und all die anderen Worte verschwanden für immer. Viel später und nicht nur einmal fragte sie sich, was wohl geschehen wäre, wenn sie sich nicht für ein Wort entschieden hätte, das eindeutig von ihrer Großmutter stammte.
    Und damit war es vorbei. Für manche Menschen gab es eben nur den einen richtigen Moment für das richtige Wort. Das war traurig, aber anscheinend konnte man nichts dagegen machen.
    »Auf jeden Fall kann ich mir nicht vorstellen, dass er von irgendwem gegessen oder auch nur auf dem Tellerrand liegen gelassen wird«, fuhr sie hastig fort, um die letzten Echos des »Ähem« aus ihrem Kopf zu vertreiben.
    »Ich bin mir sicher, der Captain hatte recht damit, dass Cox jedes Schiff in seine Gewalt bringen würde, das ihn aufliest. Der Mann ist wie eine Seuche. Es ist schon erstaunlich, was man alles tun kann, wenn es einem egal ist, wen man tötet. Und er wird töten. Die beiden wurden ganz bestimmt als Kundschafter vorausgeschickt. Und das bedeutet, dass er ein noch größeres Schiff gefunden hat.«
    »Das Boot, mit dem sie gekommen sind, ist immer noch hier, aber letzte Nacht wurde ein Kanu gestohlen«, sagte Mau. »Ich glaube, wir sind nicht besonders gut darin, solche Sachen zu verstehen.«
    »Ich denke nicht, dass es irgendeine Rolle spielt.«
    »Stimmt. Die Räuber folgen… sie jagen die Überlebenden. Früher oder später werden sie hier eintreffen. Aber ich will…«
    »Äääh«
    Es war ein kleiner Junge, an dessen Namen sich Daphne nicht erinnerte. Er hüpfte auf und ab wie jemand, der nicht stören wollte, es aber irgendwann doch tun musste.
    »Ja, Hoti?«, sagte Mau.
    »Äh… bitte, die Leute sagen, dass ihnen bald die Dornen ausgehen, mit denen sie das große Feld umzäunen sollen«, sagte das Kind nervös.
    »Lauf und sag ihnen, dass es westlich von der Höhle der Großväter viele Dornensträucher gibt.« Als der Junge losrannte, rief Mau ihm nach: »Und sag ihnen auch, dass ich gesagt habe, sie sollen viel längere Äste abschneiden. Es ist eine Verschwendung, wenn man sie zu kurz schneidet.«
    »Und du musst deine Insel verteidigen«, sagte Daphne. Er reagierte, als hätte sie ihn geschlagen. »Glaubst du, dass ich das nicht tun würde, Geistermädchen? Glaubst du das wirklich?«
    »Es geht nicht nur um die Menschen. Du musst auch deine Götter verteidigen!«
    »Was? Wie kannst du so etwas zu mir sagen?«
    »Nicht die metaphysischen… nicht die mit den Göttersteinen und den Opfern und allem, was dazugehört! Ich meine die Statuen und alles andere in dieser Höhle!«
    »Die? Das sind doch nur Steine. Wertloses Zeug.«
    »Nein! Sie sind nicht wertlos! Sie erzählen euch, wer ihr seid!« Sie sackte ein wenig in sich zusammen. In letzter Zeit war so viel passiert, und es hatte Daphne verletzt, dass er sie in diesem scharfen Ton »Geistermädchen« nannte. Sehr sogar.
    Natürlich wurde sie von allen so genannt, manchmal sogar von Mau, und bisher hatte es sie nie gestört. Aber diesmal bedeutete es, dass sie weggehen sollte. Du bist keine von uns, Hosenmenschenmädchen.
    Sie riss sich zusammen. »Du hast gar nicht hingesehen. Du hast nicht gesehen, was ich in der Höhle gesehen habe! Erinnerst du dich an Luft, Feuer und Wasser mit ihren Kugeln?
    Und an die kopflose Statue?«
    »Entschuldige«, sagte Mau und vergrub das Gesicht in den Händen.
    »Wie bitte?«
    »Ich habe dich verärgert. Ich weiß genau, wenn du verärgert bist. Dein Gesicht leuchtet, und dann

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