Eine Insel
um die winzigen Leckerbissen kämpften, regnete es ständig Vogelscheiße und Feigenreste auf den Waldboden. Davon ernährten sich wiederum die kleinen, roten Krabben, die überall herumhuschten und alles entsorgten, was herunterfiel. Manchmal kamen die Schweine, um die Krabben zu fressen, so dass es sich durchaus lohnte, gelegentlich im unteren Wald vorbeizuschauen. Doch man musste vorsichtig sein, weil man dort häufig auf Baumkraken [2] stieß, die Jagd auf Jungvögel und alles andere machten, was sie erwischen konnten.
Sie waren schwer wieder loszuwerden, wenn sie einem auf dem Kopf landeten. Mau wusste, dass man ihnen gegenüber nie den Eindruck erwecken durfte, man sei eine Kokosnuss. Doch das lernte man recht schnell, denn sie hatten sehr scharfe Schnäbel.
Nun kam er hinter den riesigen, zerbrochenen Felsen hervor, die am Eingang zum Tal lagen, und blieb wie angewurzelt stehen. Auf dem Waldboden war etwas gelandet, das um einiges größer als Vogelschiss oder ein ausgewachsenes Schwein war. Das konnte nicht nur die Welle gewesen sein. Etwas gewaltig Großes hatte sich seinen Weg durch die Bäume gebahnt und sie über eine ziemlich lange Strecke umgerissen.
Und nicht nur Bäume. Es hatte wahre Schätze hinterlassen.
Steine! Graue runde, braune, schwarze… Gute, feste Steine ließen sich auf der Insel für nützliche Zwecke verwenden, wo das Gestein des Berges viel zu bröckelig war, um daraus anständige Waffen herstellen zu können.
Doch Mau widerstand der Versuchung, sie sofort einzusammeln, weil Steine schließlich nicht wegliefen. Außerdem war da noch der Tote. Er lag ein Stück neben der Schneise durch den Wald, als hätte das Ungeheuer ihn zur Seite geworfen. Und er war voller kleiner, roter Krabben, die ihren großen Tag feierten.
Mau hatte noch nie einen solchen Mann gesehen, aber von ihnen gehört – von den blassen Menschen im Norden, die ihre Beine in Tuch hüllten, so dass sie wie Großvatervögel aussahen.
Sie wurden die Hosenmenschen genannt und waren bleich wie Geister. Dieser jedoch machte ihm keine Angst – nicht nach der Erinnerung an gestern, die unablässig hinter einer Tür in seinem Kopf schrie. Es war nur ein Toter. Mau kannte ihn nicht.
Menschen starben nun einmal.
Mau wusste auch nicht, was er mit ihm machen sollte, zumal sich die Krabben in diesem Punkt ganz sicher waren. Leise sagte er: »Großväter, was soll ich mit dem Hosenmann machen?«
Es hörte sich an, als würde der Wald einatmen, und die Großväter sprachen:
ER IST NICHT WICHTIG! NUR DIE NATION IST WICHTIG!
Das war nicht besonders hilfreich, also zerrte Mau den Mann tiefer in den Wald, gefolgt von einer Armee sehr entschlossener kleiner Krabben. Jahrelang hatten sie von Feigensamen und Vogelscheiße gelebt. Sie hatten es wie gute kleine Krabben ertragen, doch nun war ihre Zeit gekommen, und die hatten sie sich redlich verdient.
Ein Stück weiter lag noch ein Hosenmann neben der Schneise.
Diesmal dachte Mau nicht erst darüber nach, sondern schleifte ihn sofort ins dichte Unterholz. Mehr konnte er nicht für ihn tun. In den letzten Tagen war er schon zu häufig in den Fußstapfen von Locaha gewandelt. Vielleicht brachten die Krabben seine Seele in die Hosenmenschenwelt zurück, aber Mau musste sich jetzt um andere Dinge kümmern.
Irgendetwas war mit der Welle aus dem Meer gekommen, überlegte er. Etwas Großes. Größer als ein Segelflossenkrokodil [3] , größer als ein Kriegskanu, sogar noch größer als… ein Wal? Ja, das könnte es sein, ein großer Wal. Warum nicht? Die Welle hatte am Strand gewaltige Felsen umgeworfen, so dass ein Wal erst recht keine Chance gehabt hätte. Ja, es konnte nur ein Wal sein, der dort im Wald lag und mit seiner riesigen Schwanzflosse um sich schlug, während er langsam von seinem eigenen Körpergewicht erdrückt wurde und starb.
Oder einer der richtig großen Tintenfische oder ein Riesenhai.
Er musste es herausfinden. Er musste sich vergewissern.
Mau blickte sich um und dachte: Ja, aber nicht im Dunkeln. Nicht im Zwielicht. Am nächsten Morgen würde er bewaffnet zurückkehren. Und am nächsten Morgen war es vielleicht auch schon tot.
In der Schneise, die das Ungeheuer hinterlassen hatte, suchte er ein paar brauchbare Steine zusammen und lief zurück. Die Nacht wälzte sich über den Dschungel. Die Vögel gingen schlafen, die Fledermäuse standen auf. Und ein paar Sterne ließen sich am trostlosen Himmel blicken. Und im Gewirr der zerschmetterten Bäume am
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