Eine Insel
Schweinen und Fliegen, damit ihr eine neue Haut wächst und sie zu einem Delfin wird.
Er fand auch zwei Hunde, und daran wäre er beinahe zerbrochen. Die Menschen, nun… das Grauen war so entsetzlich, dass sein Geist völlig leer wurde. Aber die verdrehten Kadaver der Hunde zerrten heftig an seiner Seele. Sie hatten mit den Menschen zusammengelebt, immer aufgeregt, aber ohne zu wissen, warum. Er hüllte sie in Papierreben und beschwerte sie und ließ sie von der Strömung mitnehmen. Die Hunde wollten bestimmt bei den Menschen bleiben, weil auch sie in gewisser Weise wie Menschen waren.
Aber er hatte keine Ahnung, was er mit dem Ferkel tun sollte.
Es war ganz allein. Vielleicht hatte sich die Sau in den höher gelegenen Wald geflüchtet, wie die Schweine es immer taten, wenn sie mit ihren Schweinesinnen spürten, dass das Wasser kam. Das Ferkel war jedenfalls zurückgeblieben. Maus Bauch sagte, dass es Nahrung war, aber er selbst sagte: Nein, nicht dieses Ferkel, nicht dieses kleine, traurige, verlassene Wesen. Er schickte es in die Strömung. Über sein weiteres Schicksal sollten die Götter entscheiden. Er war zu müde.
Kurz vor Sonnenuntergang schleifte er den letzten Toten zum Strand und wollte gerade in die Strömung hinauswaten, als sein Körper zu ihm sagte: Nein, nicht diesen! Dieser gehört dir. Du bist zwar sehr müde, aber nicht tot. Du musst essen, trinken und schlafen. Und vor allem musst du versuchen, nicht mehr zu träumen.
Er stand eine Weile da, bis ihm die Bedeutung der Worte klar wurde, und dann trottete er zurück zum Strand, suchte seine behelfsmäßige Unterkunft auf und ließ sich hineinfallen.
Der Schlaf kam über ihn, aber er brachte nichts Gutes.
Immer wieder fand er Leichen und trug sie zum Ufer, weil sie so leicht waren. Sie versuchten mit ihm zu reden, aber er konnte sie nicht hören, weil die Worte nicht durch seine graue Hülle drangen. Da war auch eine sehr seltsame Leiche, ein Geistermädchen, das völlig weiß war. Auch sie versuchte mehrmals, zu ihm zu sprechen, doch dann verblasste sie immer wieder im Traum, genau wie die anderen. Sonne und Mond jagten sich gegenseitig über den Himmel, und er wandelte in einer grauen Welt – das Einzige, was sich je in den Schleiern des Schweigens bewegte.
Und dann wurde aus dem Grau zu ihm gesprochen. WAS TUST DU, MAU?
Er blickte sich um. Das Land sah seltsam aus, ohne jede Farbe.
Die Sonne schien, aber sie war schwarz.
Als die Stimmen erneut sprachen, schienen sie von überall gleichzeitig zu kommen, vom Wind herbeigetragen.
JETZT IST KEINE ZEIT ZUM SCHLAFEN. ES GIBT NOCH SO VIEL ZU TUN.
»Wer seid ihr?«
WIR SIND DIE GROSSVÄTER!
Mau zitterte. Zittern war das Einzige, wozu er imstande war.
Seine Beine ließen sich nicht bewegen.
»Die Welle ist gekommen«, stieß er mühsam hervor. »Alle sind tot! Ich habe ein paar ins dunkle Wasser geschickt!«
DU MUSST DAS LIED DES DUNKLEN WASSERS SINGEN.
»Ich kenne es nicht.«
DU MUSST DIE GOTTESANKER WIEDER HERRICHTEN.
»Wie soll ich das tun?«
DU MUSST DAS LIED DES MORGENS UND DAS LIED DES ABENDS SINGEN.
»Ich kenne die Worte nicht! Ich bin kein Mann!«, sagte Mau verzweifelt.
DU MUSST DIE NATION VERTEIDIGEN! DU MUSST ALL DAS TUN, WAS SCHON IMMER GETAN WURDE!
»Aber ich bin ganz allein! Alle anderen sind tot!«
ALLES, WAS DIE NATION WAR, BIST JETZT DU! SOLANGE DU EXISTIERST, EXISTIERT AUCH DIE NATION! SOLANGE DU DICH ERINNERST, LEBT DIE NATION!
Er spürte eine Änderung im Luftdruck, und dann waren die Großväter… fort.
Mau erwachte blinzelnd. Die Sonne war gelb und hatte die Hälfte ihres Abstiegs bereits zurückgelegt. Neben sich bemerkte er plötzlich ein flaches, rundes Ding aus Metall, auf dem eine geöffnete Kokosnuss und eine Mango lagen. Er starrte diese Dinge an.
Er war allein. Niemand sonst konnte hier sein, jetzt nicht mehr. Niemand, der ihm etwas zu essen hinterlassen und sich davonschleichen konnte.
Er betrachtete den Sand. Da waren Fußspuren. Nicht sonderlich groß, aber sie hatten keine Zehen.
Er stand sehr vorsichtig auf und schaute sich um. Das Wesen ohne Zehen beobachtete ihn, dessen war er sich ganz sicher.
Vielleicht… vielleicht hatten die Großväter es zu ihm geschickt!
»Danke«, sagte er in die Luft.
Die Großväter hatten zu ihm gesprochen. Darüber dachte er nach, während er die Mango vom großen Stein knabberte. Er hatte ihre Stimmen noch nie zuvor gehört. Aber was sie von ihm verlangt hatten… wie sollte ein Junge das alles
Weitere Kostenlose Bücher