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Eine Insel

Eine Insel

Titel: Eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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hörte eine Stimme. Zwar nur sehr schwach, und sie kam von irgendwo weiter unten, aber Mau kam es fast so vor, als würde jemand singen, aber auch nur fast. Für Mau klang es eher wie »Na, na, na«.
    Aber es war eine menschliche Stimme. Vielleicht noch ein Hosenmann? Dafür klang sie allerdings etwas zu piepsig. Gab es auch Hosenfrauen? Oder ein Geist? Eigentlich müsste es auf der Insel jetzt sehr viele Geister geben.
    Es war bereits Nachmittag. Wenn es tatsächlich ein Geist war, dann wäre er sehr schwach. Mau war die Nation. Er musste etwas tun.
    Der Abstieg an der Felswand bereitete ihm keine Mühe, obwohl er darauf achtete, leise zu sein. Trotzdem flatterten überall um ihn herum Vögel auf. Mau schauderte. Er wusste nicht, wie man einen Geisterbeutel machte. Das war Aufgabe der Frauen gewesen.
    Das, was sich fast wie Gesang anhörte, ging weiter. Vielleicht war es ja doch eine Art Geist. Die Vögel hatten so viel Lärm gemacht, dass ein lebender Mensch sofort mit dem Singen aufgehört und nachgesehen hätte.
    Seine Füße berührten das Gewirr aus bröckelndem Gestein und Baumwurzeln, aus dem der Boden des unteren Waldes bestand, und Mau bewegte sich lautlos zwischen den tropfenden Bäumen hindurch.
    »Na, na, na.« – Klickt – »Na, na, na.« – Klickt
    Das klang nach Metall. Mau packte seine Keule mit beiden Händen.
    »… auf, die, Hände, Leitung, Tod« – Klickt – »er, hör, des, See, manns, Not, gebet« – Klickt – »wenn, er, in, Stür, men, zu, dir, fleht« – Klickt – »verflixt!«
    Mau lugte um den Stamm eines riesigen Feigenbaums. Dort gab es sehr viel auf einmal zu sehen.
    Etwas war hier gestrandet, aber es war nichts Lebendiges. Es war so etwas wie ein Riesenkanu, das zwischen zwei Baumstämmen klemmte und mit Trümmern übersät war. Es würde sich bestimmt lohnen, darin herumzustöbern, aber nicht jetzt.
    Aus einem großen Loch in der Seite quollen sogar Steine. Aber das war alles nur Hintergrund. Was Mau aber direkt gegenüberstand und ihn erschrocken anstarrte, war ein Mädchen – wahrscheinlich. Aber vielleicht auch ein Geist, denn dieses Wesen war unglaublich blass.
    Und sie war ein Hosenmensch. Ihre Hosen waren weiß und ausgefranst, ähnlich wie die gefiederten Beine eines Großvatervogels, aber sie hatte sich auch eine Art Rock um den Oberkörper gewickelt. Ihr Haar leuchtete im Sonnenlicht. Und sie hatte geweint.
    Und sie hatte die ganze Zeit versucht, ein Loch in den Waldboden zu graben, mit etwas, das wie ein merkwürdiger Speer mit breiter Spitze aussah und metallisch glänzte. Was für eine dumme Idee, denn der Boden bestand doch nur aus Wurzeln und Gestein, und neben ihr lag auch nur ein sehr kleiner Haufen Steine. Da war aber noch etwas anderes, ziemlich groß und eingewickelt. Vielleicht bin ich doch in Locahas Fußstapfen gewandelt, dachte Mau, denn ich weiß, dass sich darin ein Toter befindet. Und das Geistermädchen habe ich in meinen Albträumen gesehen.
    Ich bin nicht allein.
    Das Mädchen ließ den flachen Speer fallen und hob hastig etwas anderes auf, das ebenfalls metallisch schimmerte.
    »Ich w-weiß, wie man das benutzt!«, rief sie sehr laut. »Einen Schritt weiter, und ich drücke ab. Ich meine es ernst!« Das Metallding schwankte in ihren Händen hin und her. »Glaub nicht, dass ich Angst hätte! Ich habe keine Angst. Ich hätte dich schon längst töten können! Nur weil ich Mitleid mit dir hatte, heißt das noch lange nicht, dass du einfach hierherkommen kannst! Mein Vater wird jeden Moment hier sein!«
    Sie klang sehr nervös. Mau verstand die Szene so, dass sie ihm das Metallding geben wollte. Die Art, wie sie es unsicher mit beiden Händen hielt, deutete darauf hin, dass sie sich davor fürchtete.
    Als er danach griff, schrie sie und wandte das Gesicht ab.
    Dann machte es Klick, und an einem Ende des Metalldings flogen Funken. Danach rollte ganz langsam eine kleine runde Kugel aus einem Loch am anderen Ende und landete vor dem Mädchen im Matsch. Sie hatte… Dinger an den Füßen, bemerkte er mit einer Mischung aus Faszination und Entsetzen. Sie sahen aus wie schwarze Schoten und hatten keine Zehen.
    Das Mädchen starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen ängstlich an.
    Behutsam nahm Mau ihr das Ding ab, und sofort presste sie sich schutzsuchend gegen eine Wand des großen Kanus, als wäre er der Geist.
    Das Metall stank bitter und faulig, aber das war im Moment völlig unwichtig. Es hatte gefunkt. Und Mau wusste sehr genau, was man

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