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Eine Insel

Eine Insel

Titel: Eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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fang einen großen Fisch und wirf ihn dem ersten Delfin zu, den du siehst. Mit etwas Glück werde ich es sein!«
    Und nun waren der alte Mann und sein Bein nur noch eine Erinnerung, genauso wie alle anderen Menschen, die Mau gekannt hatte. Unter dieser Last hätte Mau am liebsten aufgeschrien. Die Welt hatte sich geleert.
    Er blickte auf seine Hände. Er hatte eine Keule hergestellt. Eine Waffe wofür? Warum fühlte er sich danach besser? Aber er musste ja am Leben bleiben! Denn wenn er starb, wäre es, als hätte die Nation niemals existiert. Dann würden die roten Krabben und die Großvatervögel über die Insel herrschen. Es wäre niemand mehr da, der sagen könnte, dass hier einmal Menschen gelebt hatten.
    Über ihm flatterte etwas. Ein Großvatervogel war auf dem zotteligen Kopf eines Grasbaums gelandet. Mau wusste es, obwohl er durch das Gewirr der Lianen gar nichts erkennen konnte.
    Großvatervögel waren recht unbeholfen, und wenn sie sich irgendwo niederlassen wollten, sah es eher nach einem kontrollierten Sturz aus als nach einer Landung. Der Vogel hüpfte im Baum herum und gab seine mürrischen Nah-nah-Laute von sich. Dann folgte das vertraute Geräusch, mit dem er sich übergab, und ein Regen aus kleinen Knochen ging auf den Waldboden nieder.
    Der Baum wackelte, als sich der Großvatervogel wieder in die Luft erhob und ins Freie flatterte. Da bemerkte der Vogel Mau, machte kehrt – für den Fall, dass es hier etwas zu holen gab – und landete ungeschickt auf einem Ast, der unter den massigen Würgeranken kaum noch zu erkennen war.
    Eine Weile starrten sich Junge und Vogel gegenseitig an. Dann brach der Ast.
    Der Großvatervogel krächzte und hüpfte davon, bevor das morsche Holz auf den Boden schlug. Er verschwand flatternd im Unterholz, protestierend vor verletztem Stolz. Mau beachtete ihn gar nicht weiter. Sein Blick fiel fasziniert auf die Wolke aus gelbem Staub, die von dem abgebrochenen Ast aufstieg.
    Das war Zunderstaub, der immer dort entstand, wo Zeit und Termiten einen toten Ast zersetzten und aushöhlten. Und dieser Ast war hoch oben in der Luft verrottet, fernab vom feuchten Waldboden. Der Staub war fein wie Blütenpollen. Er würde ideal sein, um ein Feuer zu entfachen.
    Mau nahm sich den größten Teil des Astes, den er tragen konnte, stopfte beide Enden mit Blättern zu und machte sich daran, vom Berg herunterzusteigen.
    Jetzt wühlten wieder die Schweine auf den Feldern, aber er hatte keine Zeit, sie zu verscheuchen. Ein Strang aus Papierrebe konnte leicht reißen, dachte er, aber wenn man fünf miteinander verband, waren sie stark. Das ist gut zu wissen, und es ist wahr. Das Problem ist nur, dass ich der einzige Strang bin.
    Er blieb stehen. Er hatte den steileren Weg hinunter zum Do…
    zu der Stelle genommen, wo sich das Dorf befunden hatte. Auch hier war die Welle über die Insel hinweggegangen. Bäume waren zerbrochen, und alles stank nach Tang. Doch auf der anderen Seite der verwüsteten Bäume gab es eine Felswand, von der aus man den unteren Wald überblicken konnte…
    Mau bedeckte die Wurzeln und den Ast vorsichtig mit Gras und kämpfte sich durch das Gewirr aus Ranken und Zweigen vor der Felswand. Es war nicht allzu schwierig, ganz hinaufzuklettern. Er hatte es schon ein paarmal gemacht. Dort gab es so viele Kletterpflanzen und Ranken, die den Fels überwucherten, und genügend Erde und Vogelnester, in denen herangewehte Samen keimen konnten, dass die Wand eher an eine senkrechte Wiese erinnerte, auf der kreuz und quer Blumen blühten. Auch Papierreben wuchsen dort. Die gab es überall. Mau schnitt so viele davon ab, dass er sich daraus eine Schlinge für seine Keule machen konnte, während er einen verspäteten Dank an die Papierrebenfrau flüsterte, dafür dass er ihr stets zuverlässiges Haar benutzen durfte.
    Schließlich zog er sich auf die Klippe und drückte einen Strauß Orchideen beiseite.
    Unter ihm stieg Nebel auf, aber er konnte die Spur deutlich erkennen, die das Ungeheuer durch den Wald gezogen hatte – eine weiße Narbe, vielleicht eine halbe Meile lang. Sie endete vor einer Gruppe aus Feigenbäumen, die im höchsten Teil des unteren Waldes wuchsen. Sie waren kräftig. Mau kannte sie gut.
    Ihre Stämme hatten riesige Stützstreben, die den Eindruck erweckten, als reichten sie bis zu den Wurzeln der Welt hinab. Die würden bestimmt alles aufhalten, aber der Nebel und das dichte Blätterdach ließen Mau nicht erkennen, was sie wohl aufgehalten hatten.
    Doch er

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