Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Insel

Eine Insel

Titel: Eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
aufriss, hielt sie fest und strampelte zur Wasseroberfläche hinauf.
    Es dauerte ewig. Er spürte, wie die langen, kalten Finger von Locaha nach seinen Füßen griffen und seine Lungen zusammenpressten, während alles Licht zu verblassen schien. Das Rauschen des Wassers in seinen Ohren klang immer mehr wie Geflüster: Wäre es denn so schlimm, jetzt aufzuhören? Sich einfach in die Dunkelheit zurückfallen und von der Strömung mitnehmen zu lassen? Es wäre das Ende allen Kummers, die Auslöschung aller bösen Erinnerungen. Du müsstest sie nur loslassen und… Nein! Dieser Gedanke ließ seinen Zorn zurückkehren, und mit dem Zorn kehrte auch seine Kraft zurück.
    Ein Schatten fiel quer durch das Licht, und Mau musste ausweichen, als der Captain seine letzte und vermutlich längste Reise unaufhaltsam fortsetzte.
    Aber das Licht kam nicht näher. Kein Stück. Seine Beine waren taub und schwer. Seine Lunge brannte. Und plötzlich war er wieder da, der silberne Faden. Er verband Mau mit der Zukunft und zog ihn zu einem Bild dessen, was sein konnte… Und dann spürte er Fels unter seinen Füßen. Er stieß sich davon ab, und sein Kopf brach durch die Brandung. Seine Füße berührten noch einmal den Felsen, und das Licht war strahlend hell.
    Alles, was dann geschah, beobachtete er von tief drinnen aus seinem Versteck heraus. Mechanisch zog er das Mädchen aufs Trockene, drehte sie um und klopfte ihr so lange auf den Rücken, bis sie einen ganzen Schwall Wasser aushustete. Es folgte ein langer Marsch den Strand entlang, bis er sie schließlich neben das Feuer legte, wo sie noch mehr Wasser spuckte und stöhnte. Erst dann erklärte Maus Geist, dass sein Körper viel zu schwach war, um all das geschafft zu haben, und ließ ihn rückwärts in den Sand fallen.
    Es gelang ihm gerade noch, sich umzudrehen und zu erbrechen, was von dem grauenvollen Brot übrig war. Er starrte in die Lache. Das, was nicht geschieht, dachte er, und die Worte wurden in ihm zu einer Siegeserklärung. »Geschieht nicht«, sagte er, und die Worte wurden immer größer und zogen ihn auf die Beine. »Geschieht nicht!«, schrie er in den Himmel.
    »Geschieht nicht!«
    Als er ein leises Geräusch hörte, blickte er nach unten.
    Das Mädchen lag zitternd im Sand. Er ging neben ihr in die Knie und hielt ihre Hand, die immer noch die Mütze des Captains umklammert hielt. Ihre Haut war weiß und so kalt wie die Berührung Locahas, obwohl direkt neben ihr das Feuer brannte.
    »Entwischt! Ich habe sie zurückgeholt!«, rief er. »Geschieht nicht!«
    Mau rannte am Strand entlang und bog dann auf den Weg, der in den unteren Wald führte. Rote Krabben flüchteten vor ihm, als er den Pfad aus abgeknickten Bäumen entlangstürmte. Er erreichte das große Kanu und kletterte an der Seite hinauf. Da war doch… Ja, da war die große Decke in der Ecke. Er griff danach und zog, und irgendetwas zog zurück. Er zog kräftiger, und dieses Etwas landete mit einem splitternden Krachen auf dem Deck.
    Eine Stimme sagte: »Rraa! Roberts ist ein übler Säufer! Zeig uns deinen Schlüpfer!«
    Diesmal hatte sich die Decke gelöst und enthüllte einen zerbrochenen Holzkäfig und einen sehr wütenden grauen Vogel.
    Er stierte Mau funkelnd an.
    »Rraa! Gesegnet seien die Schwachen, meine geheiligte Tante!«
    Mau hatte jetzt keine Zeit für Vögel, aber dieser hatte so ein Funkeln in den Augen, das ihm Sorgen machte. Er schien eine Antwort von ihm zu erwarten.
    »Geschieht nicht!«, rief er und rannte aus der Kabine mitsamt der hinter ihm flatternden Decke.
    Er hatte die Schneise zur Hälfte durchquert, als er über sich Geflatter hörte und dann ein kreischendes »Geschieht nicht!«.
    Mau blickte gar nicht erst nach oben. Die Welt war ihm einfach zu fremd geworden. Er lief zum Feuer und wickelte das Mädchen ordentlich in die Decke. Nach einer Weile hörte das Zittern auf, und sie war eingeschlafen.
    »Geschieht nicht!«, kreischte der Vogel von einem abgebrochenen Baum herunter. Mau blinzelte. Er hatte den Vogel verstanden. Und er hatte ihn auch schon vorher verstanden, allerdings ohne dass es ihm bewusst geworden war.
    Sicher, es gab Vögel, die ein paar Worte sprechen konnten, zum Beispiel der graue Rabe und der gelbe Sittich, aber man konnte sie kaum verstehen. Dieser Vogel sprach, als wüsste er, was er da sagte.
    »Wo ist mein Fressen, du essiggesichtiger, alter Pisspott?«, sagte der Vogel und wippte aufgeregt auf und ab. »Gib mir meinen Anteil, du alter Heuchler!«
    Das

Weitere Kostenlose Bücher