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Eine Insel

Eine Insel

Titel: Eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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dunklen Wasser vertrieben.
    Aber nun hatte er eine Regel verletzt, die er nicht verstand, und die Welt war wieder so, wie sie vorher gewesen war.
    Er hockte sich in den Sand und blickte aufs Meer hinaus.
    Dann sah er sich die kleine, blaue Perle an seinem Handgelenk an. Ach ja… und eine Seele hatte er auch nicht. Seine Jungenseele war mit allem anderen fortgespült worden, und jetzt würde er niemals eine Männerseele bekommen. Er war der blaue Einsiedlerkrebs, der von einem Schneckenhaus zum nächsten huschte, aber das Große, das er zu sehen geglaubt hatte, war ihm vor der Nase weggeschnappt worden. Tintenfische konnten blitzschnell zugreifen. Nur dass es bei ihm kein Tintenfisch sein würde, sondern ein Dämon oder ein Geist. Der würde einfach in seinen Kopf eindringen und von ihm Besitz ergreifen.
    Dann malte er wieder kleine Figuren in den Sand. Männer und, ja, auch Frauen – aber so wie er sie kannte, keine verhüllten Hosenmenschenfrauen – und noch kleinere Gestalten, Menschen in allen Größen, die den Sand mit Leben erfüllten. Er zeichnete Hunde und Kanus und Hütten und…
    … und er zeichnete die Welle. Der Stock schien es von ganz allein zu tun. Es war ein wunderschöner Wellenbogen, wenn man nicht ahnte, was er angerichtet hatte.
    Mau rückte ein Stück zur Seite und malte nun ein einzelnes Strichmännchen mit einem Speer in der Hand, den Blick auf den fernen Horizont gerichtet.
    »Ich glaube, das alles soll Trauer bedeuten«, sagte das Mädchen hinter ihm. Behutsam nahm sie ihm den Stock aus der Hand und zeichnete eine zweite Gestalt neben die erste. Sie hielt ein tragbares Sonnendach und trug Pantalons. Jetzt blickten zwei Gestalten auf das endlose Meer hinaus.
    »Trauer«, sagte Mau. »Trauer.« Er bewegte das Wort auf seiner Zunge hin und her. »Trauuuer.« Es klang düster, so als würde man in eine dunkle Höhle treten… oder in dunkles Wasser tauchen…
    »Kanu!«, sagte Daphne plötzlich.
    Mau blickte auf, den Kopf noch voller Trauer. Was wollte sie damit sagen? Kanu hatten sie doch schon vor Stunden behandelt, oder nicht? Kanu war erledigt!
    Und dann sah er das Kanu. Es war ein Viermannkanu, und es kam durch das Riff. Jemand gab sich große Mühe, es hindurchzusteuern, und er machte seine Sache gar nicht so schlecht, aber das Wasser wirbelte und schwappte in der neuen Durchfahrt hin und her, und für ein solches Kanu waren mindestens zwei Männer nötig, um es sicher zu lenken.
    Mau sprang in die Lagune. Als er wieder hochkam, erkannte er sofort, dass der Ruderer bereits die Kontrolle über sein Gefährt verlor. Die Lücke im Riff war zwar groß genug für ein Viermannkanu, aber wer tatsächlich so dumm war, es im Strom der Gezeiten hindurchsteuern zu wollen, würde zweifellos bald kentern. Mau kämpfte sich durch die schäumende Brandung und rechnete jeden Augenblick damit, dass es auseinanderbrach.
    Er tauchte wieder auf, nachdem eine große Welle über ihn hinweggegangen war, und nun versuchte der Ruderer, das Kanu von den scharfen Kanten des Riffs fernzuhalten. Es war ein alter Mann. Aber er war nicht allein. Mau hörte ein Baby schreien, das unten im Kanu liegen musste.
    Eine große Welle wirbelte das Kanu herum, und Mau bekam es zu fassen. Es warf ihn mit dem Rücken gegen die Korallen, bevor es sich zurückdrehte. Als das Kanu mit der nächsten Woge ein zweites Mal versuchte, ihn zu zerquetschen, war er vorbereitet. Er hatte sich hochgezogen und ins Kanu geworfen, kurz bevor es erneut gegen das Riff krachte.
    In dem schaukelnden Kanu lag noch jemand unter einer Decke.
    Aber er achtete nicht weiter darauf, sondern schnappte sich ein Paddel und tauchte es ins Wasser. Wenigstens verstand der alte Mann genug vom Rudern, um das Kanu vom Riff fernzuhalten, während Mau sich bemühte, es in Richtung Strand zu bewegen.
    Panik würde ihnen nicht weiterhelfen, man konnte es nur Stück für Stück aus dem brodelnden Wasserkessel herausziehen, mit langen geduldigen Schlägen, die immer leichter fielen, je mehr sie freikamen. Dann war das Kanu plötzlich in ruhigerem Wasser und bewegte sich schnell vorwärts. Jetzt entspannte er sich, aber nicht zu sehr, denn er war sich nicht sicher, ob er die Kraft aufbringen würde, es noch einmal in Bewegung zu setzen.
    Er sprang aus dem Kanu, kurz bevor es auf Sand glitt, und zog es noch ein Stück den Strand hinauf.
    Der Mann wäre beinahe gestürzt, als er versuchte, den anderen Menschen unter der Decke aus dem Kanu zu heben. Eine Frau.
    Der alte

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