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Eine Insel

Eine Insel

Titel: Eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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vvvooo-gel«, sagte er.
    Sie strahlte, als hätte er ein beeindruckendes Kunststück vollführt. Dann zeigte sie auf die gefiederten Beine des Vogels.
    »Pantalons«, sagte sie und zeigte nun auf ihre Rüschenhose, die unter ihrem zerrissenen Kleid hervorlugte. »Pantalons!«
    Also gut, dachte sich Mau, wie es scheint, bedeutet »Pantalonvogel« wohl »Hosenvogel«. Was das Mädchen unter dem Kleid trug, sah wirklich fast genauso aus wie die seltsam gefiederten Beine des Vogels. Aber der Name war trotzdem falsch!
    Jetzt zeigte er auf das Bild und sagte im Tonfall, den man bei ganz kleinen Kindern benutzte: »Groooß-vaaatervooogelll!«
    »Großvater?«
    Mau nickte.
    »Großvater?« Immer noch schien das Mädchen verwirrt zu sein.
    Ach so. Jetzt müsste er ihr einen zeigen. Für niemanden würde er den großen Stein vor der Höhle zur Seite rollen, aber…
    Mau bot ihr eine recht ordentliche Vorstellung. Er strich sich über einen unsichtbaren langen Bart, machte ein paar wankende Schritte, gestützt auf einen nicht vorhandenen Stock, murmelte mürrisch vor sich hin, während er mit dem Finger herumfuchtelte, und – darauf war er besonders stolz – so tat, als kaute er mit nicht vorhandenen, fehlenden Zähnen auf einem unsichtbaren, zähen Stück Schweinefleisch herum. Er hatte schon alte Menschen beim Essen beobachtet, und nun ließ er seinen Mund aussehen wie zwei Ratten, die sich in einem Sack balgten.
    »Ein Greis?«, rief Daphne. »Ja! Sehr putzig! Der Greisenvogel! Ja, ich verstehe, was du meinst! Sie sehen wirklich aus, als wären sie ständig schlecht gelaunt!«
    Danach ging es immer schneller – mit Hilfe des Sandes und einem Stock, ein paar Steinchen und sehr viel Schauspielerei.
    Manche Dinge waren leicht, wie zum Beispiel Kanu, Sonne und Wasser. Zahlen gingen auch recht gut, nachdem ein anfängliches Missverständnis aus dem Weg geräumt werden konnte, denn ein Stein war in diesem Fall nicht nur ein Stein, sondern auch »einer«. Es war harte Arbeit für sie beide. Vogel, großer Vogel, kleiner Vogel, fliegender Vogel… Nest! Ei! Feuer, kochen, essen, gut, schlecht (bei »gut« tat Daphne, als würde sie essen, gefolgt von einem zufriedenen Lächeln, »schlecht« illustrierte sie durch die wenig damenhafte, aber sehr realistische Pantomime, wie sie sich übergab). Sie verstanden, was »hier« und »dort« war, und wahrscheinlich auch, wie man »das ist« und »hier ist« benutzte. Mau war sich bei vielen Worten nicht ganz sicher, aber wenigstens hatten sie einen Anfang gemacht.
    Dann nahm Mau sich wieder einen Stock und zeichnete ein Strichmännchen in den Sand. Er sagte: »Mensch.« »Mensch«, wiederholte Daphne und nahm ihm den Stock ab. Sie zeichnete eine zweite Figur daneben, deren Beine aber dicker waren.
    Mau dachte darüber nach. »Pantalonmensch?«, probierte er.
    »Hosenmensch«, sagte Daphne mit Nachdruck.
    Was bedeutete das? Dass nur Hosenmenschen richtige Menschen waren? Ich trage keine Hosen. Warum sollte ich auch? Ich muss mir nur vorstellen, was passiert, wenn ich sie beim Schwimmen trage!
    Er nahm den Stock und zeichnete sorgfältig ein Strichweibchen. Im Gegensatz zum Strichmännchen fügte er noch einen Rock aus geflochtenen Papierreben hinzu und zwei Kreise mit Punkten darin. Über dem Rock.
    Der Stock wurde ihm aus der Hand gerissen, und hastig zeichnete Daphne eine neue Figur. Es sollte wahrscheinlich eine Frau sein, aber über dem Rock trug sie einen zweiten Rock, der den Oberkörper bedeckte, so dass nur der Kopf und die Arme herausragten. Dann steckte sie den Stock in den Sand und verschränkte trotzig die Arme mit hochrotem Kopf.
    Ach so! Das erinnerte ihn an die Zeit, kurz bevor seine ältere Schwester ausgezogen war, um in der Hütte der unverheirateten Mädchen zu leben. Plötzlich war alles, was er sagte und tat, falsch, und er hatte nie verstanden, warum. Sein Vater hatte nur gelacht, als er es ihm erzählte, und gesagt, dass er es eines Tages verstehen würde und ihr bis dahin einfach aus dem Weg gehen sollte.
    Aber diesem Mädchen konnte er schlecht aus dem Weg gehen, also zog er den Stock aus dem Sand und bemühte sich, auch sein Strichweibchen mit einem zweiten Rock auszustatten. Es gelang ihm nicht besonders gut, aber Daphnes Blick verriet, dass er das Richtige getan hatte, was auch immer das sein mochte.
    Dennoch war die Stimmung getrübt. Es hatte Spaß gemacht, mit Wörtern und Bildern zu spielen, und dieses Spiel hatte ihn ausgefüllt und die Visionen vom

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