Eine Insel
Umstände wohl auch angebracht war.
Wenigstens hatte Mau jetzt Zeit, sich ihre Namen einzuprägen.
Milota-dan (groß, der ältere, mehr als einen Kopf größer als alle Männer, die Mau je gesehen hatte) und Pilu-si (klein, immer hektisch und ein Lächeln auf den Lippen).
Schnell wurde klar, dass Pilu das Reden übernahm. »Wir waren einmal sechs Monate lang auf einem Boot der Hosenmenschen und sind bis zu einem großen Dorf gefahren, das Port Mercia heißt. Ein Riesenspaß! Wir sahen gewaltige Häuser aus Stein, und sie hatten Fleisch, das sie Rind nannten, und wir lernten die Hosenmenschensprache, und als sie uns wieder zu Hause absetzten, gaben sie uns große Stahlmesser und Nadeln und einen dreibeinigen Topf…«
»Still!«, sagte Milo und hob eine Hand. »Sie singt! In Hosenmenschensprache! Komm schon, Pilu, darin bist du besser!«
Mau beugte sich vor. »Worum geht es in diesem Lied?«
»He, wir hatten die Aufgabe, an Seilen zu ziehen und Sachen zu tragen«, beschwerte sich Pilu. »Lieder hat man uns nicht beigebracht!«
»Aber du sagtest doch, dass du ihre Sprache verstehst!«, sagte Mau.
»Einfache Dinge, ja. Aber das klingt sehr kompliziert! Ähm…«
»Es ist wichtig, Bruder!«, rief Milo. »Es ist das Erste, was mein Sohn hören wird!«
»Ruhig jetzt! Ich glaube, es geht um… Sterne«, sagte Pilu mit höchst angestrengter, konzentrierter Miene.
»Sterne sind gut«, sagte Milo und blickte sich anerkennend um.
»Sie sagt, dass das Baby…«
»Er«, warf Milo entschieden ein. »Ein Junge.«
»Äh, ja, natürlich. Er wird wie ein Stern sein, ja, und Menschen durch die Dunkelheit führen. Er wird… ›funkeln‹, aber ich weiß nicht, was das bedeutet…«
Sie blickten zum Morgenhimmel hinauf. Der letzte Stern erwiderte ihren Blick, aber er funkelte in der falschen Sprache.
»Er wird Menschen führen?«, sagte Pilu. »Woher will sie das wissen? Das ist ein sehr mächtiges Lied!«
»Ich glaube, sie hat es sich ausgedacht«, warf Ataba ein.
»Aha?«, sagte Milo und drehte sich zu ihm um. »Wo kommst du so plötzlich her? Zweifelst du etwa daran, dass mein Sohn ein großer Anführer sein wird?«
»Das nicht, aber ich…«
»Seid doch mal still!«, sagte Pilu. »Ich glaube… er will ergründen, was die Sterne bedeuten. Da bin ich mir ziemlich sicher. Und – glaubt mir, das hier ist gar nicht so einfach – und weil er sich diese Fragen stellt, werden die Menschen… nicht mehr im Dunkeln sein.« Dann fügte er hinzu: »Das war wirklich schwer! Mir tut schon der Kopf weh! Das sind eigentlich Priestersachen!«
»Still«, sagte Mau. »Ich habe was gehört…« Sie verstummten, und das Neugeborene schrie.
»Mein Sohn!«, sagte Milo, während die anderen jubelten.
»Und er wird ein großer Krieger sein!«
»Äh, ich glaube nicht, dass im Lied…«, begann Pilu. »Auf jeden Fall ein großer Mann«, sagte Milo mit wegwerfender Handbewegung. »Es heißt, das Geburtslied kann eine Prophezeiung sein. In dieser Sprache, zu diesem Zeitpunkt… das sagt uns zweifellos, was sein wird.«
»Haben die Hosenmenschen Götter?«, fragte Mau. »Manchmal. Wenn sie sich daran erinnern… He, da kommt sie!«
Der Umriss des Geistermädchens erschien im steinernen Tor zum Hain.
»Mr. Pilu, sagen Sie bitte Ihrem Bruder, dass er Vater eines kleinen Jungen geworden ist und dass seine Frau es bestens überstanden hat und jetzt schläft.«
Diese Neuigkeit wurde mit einem Jubelschrei weitergegeben, was die perfekte Übersetzung war.
»Und sein Name Funkel?«, fragte Milo in gebrochenem Hosenmännisch.
»Nein! Ich meine, nein, lieber nicht. Nicht Funkel«, sagte das Geistermädchen schnell. »Das wäre falsch. Sehr, sehr falsch. Vergesst Funkel. Funkel? NEIN!«
»Leitstern?«, sagte Mau, was allgemeine Zustimmung fand.
»Das wäre ein sehr verheißungsvoller Name«, sagte Ataba.
»Gibt es hier zufällig noch Bier?«
Der neue Vorschlag wurde dem Geistermädchen übersetzt, und ihrer Ansicht nach war jeder Name besser als Funkel. Dann bat sie darum, nein, sie befahl es, die andere Frau und ihr Baby in den Hain zu bringen. Außerdem benötigte sie noch viele andere Dinge aus dem Wrack der
Sweet Judy
. Die Männer überschlugen sich förmlich, ihren Befehlen zu gehorchen. Endlich gab es für sie etwas Sinnvolles zu tun.
Das lag nun schon zwei Wochen zurück, und in der Zwischenzeit war sehr viel passiert. Am wichtigsten war jedoch, dass etwas Zeit vergehen konnte, Zeit, in der viele tausend beruhigende Sekunden
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