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Eine Insel

Eine Insel

Titel: Eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Knochen und Fischköpfen auf sie niederging. Vielleicht war der Lärm das Schlimmste von allem, doch aus der Nähe betrachtet, war alles am schlimmsten.
    Eine goldbraune Gestalt sprang an ihr vorbei, in jeder Hand eine Kokosnuss. Sie trampelte und stolperte durch die panischen Vögel, bis sie die große Steinschale erreichte, in der wie in einer Blumenvase lauter Pantalonvögel hockten. Sie hob die Kokosnüsse hoch und schlug sie mit einer knappen, kräftigen Bewegung über der Schale zusammen.
    Bier floss heraus und erfüllte die Luft mit seinem charakteristischen Aroma. Sofort drehten sich alle Schnäbel zur Schale und suchten das Bier wie eine Kompassnadel den Norden. Daphne war noch im selben Moment vergessen.
    »Ich wünschte, ich wäre tot«, sagte sie zur Welt im Allgemeinen und zupfte sich kleine Knochen aus dem Haar. »Nein, ich wünschte, ich säße in einer netten, warmen Badewanne, mit Seife und richtigen Handtüchern. Und dann würde ich mir noch ein Bad wünschen, denn dieser Kopf hat mindestens zwei Bäder nötig. Erst danach möchte ich tot sein. Ich glaube, dies ist das Allerschlimmste« – sie hielt kurz inne, weil es… ja, weil es noch etwas Schlimmeres gegeben hatte, das auch für immer viel schlimmer sein würde »das Zweitallerschlimmste, was mir je zugestoßen ist.«
    Mau ging neben ihr in die Hocke. »Ort nur für Männer«, sagte er grinsend.
    »Ja, so sieht es hier auch aus«, erwiderte Daphne schnippisch.
    Dann starrte sie Mau an. »Wie geht es dir?«
    Maus Stirn legte sich in Falten, und sie ahnte schon, dass es so nicht funktionieren würde. Sie konnten sich dank Pilu und Cahle inzwischen in einer einfachen Sprache verständigen, die sich gut für alltägliche Angelegenheiten eignete, aber »Wie geht es dir?« war noch zu kompliziert, weil die Worte der Frage nicht den eigentlichen Sinn ausdrückten. Es war nicht zu übersehen, dass Mau damit seine Schwierigkeiten hatte.
    »Äh, wenn ich gehe, bewege ich meine Beine abwechselnd…«, begann er, aber sie hatte schon fast mit einer solchen Antwort gerechnet.
    »Das meinte ich nicht!«, sagte sie entschieden. Dann waren mehrere leise Plumpsgeräusche zu hören. Die Pantalonvögel fielen um wie ältere Damen, die am Weihnachtstag etwas zu viel Sherry genossen hatten. Daphne überlegte, ob sie sich am Bier vergiftet haben könnten, weil niemand ein Lied gesungen hatte, aber sie glaubte es eigentlich nicht. Sie hatte schon beobachtet, wie einer dieser Vögel eine ganze tote Krabbe verschlang, die tagelang in der Sonne gelegen hatte. Außerdem zitterten ihre Schnäbel leicht, und sie gaben zufriedene, leise Pnapp-pnapp-Laute von sich, während sie da so herumlagen. Sobald einer umkippte, wurde sein Platz sofort von dem nächsten durstigen Vogel übernommen.
    »Das kleine Mädchen sagte, du hast von einem Stein gesprochen«, erklärte Mau. »Und dann musste ich eine Schale Fleisch essen. Sie hat darauf bestanden. Und dann kam ich her, so schnell ich konnte, aber sie kann nicht so schnell laufen.« Er zeigte in Richtung Wald. Blibi kam durch das Tal gelaufen, darauf bedacht, nicht auf schnarchende Vögel zu treten. »Sie sagte, du hast ihr gesagt, sie soll auf mich aufpassen.«
    Dann warteten sie und vermieden es, sich in die Augen zu blicken. Schließlich sagte Mau: »Äh, es ist so, dass die Vögel das Bier trinken, aber der Geist des Bieres fliegt zu den Großvätern. Zumindest haben die Priester das gesagt.«
    Daphne nickte. »Zu Hause haben wir Brot und Wein«, sagte sie und dachte: Oh, oh, das sollte ich lieber nicht genauer erklären. Hier gibt es Kannibalen! Das könnte… zu Verwirrungen führen.
    »Aber ich glaube nicht, dass es wirklich so ist«, sagte Mau.
    Daphne nickte wieder und dachte noch einmal nach. »Vielleicht sind manche Dinge nur auf bestimmte Weise wirklich«, gab sie zu bedenken.
    »Nein. Das sagen die Menschen, wenn sie an Lügen glauben wollen«, entgegnete Mau ungerührt. »Und das tun sie eigentlich immer.«
    Erneut folgte eine Schweigepause, in der nur der Papagei zu hören war. Nachdem seine Erzfeinde vom Teufelstrank betäubt waren, hatte er sich zwischen ihnen niedergelassen und zog ihnen nun fleißig die Hosen aus. Ordentlich rupfte er ihnen jede weiße Beinfeder einzeln aus und gab dabei ein zufriedenes, aber glücklicherweise gedämpftes Papageienschnarren von sich.
    »Sie sehen ganz schön… rosa aus«, sagte Daphne, die froh war, über etwas Unverfängliches (mehr oder weniger) reden zu

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