Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Japanerin in Florenz

Eine Japanerin in Florenz

Titel: Eine Japanerin in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
Vom Netzwerk:
Bewegung.
    Eine nette, junge Frau, die ihre Betroffenheit offen zeigte und helfen wollte. Ein Ort, an dem man gerne herumstöbert und leicht ins Gespräch kommt. Die Normalität hatte ihn tatsächlich wieder. Er würde herausfinden, was passiert war.
    »Ich komme gleich! Ich muß nur noch … Nein! Pack das nicht dorthin. Ich habe dir schon tausendmal gesagt, daß du sie in Kartons verpacken sollst. Niemand interessiert sich im Juni für Pullover. Ich komme sofort!«
    Aber sie kam nicht. Kümmerte sich um alles andere, nur nicht um ihn. Ihr zerzauster, graublonder Lockenkopf mit den klimpernden Ohrringen tauchte immer mal wieder über einem Kleidergestell auf, aber nur, um gleich wieder hinter einem hoch aufgetürmten Stapel Jeans zu verschwinden und die unsichtbare Verkäuferin zurechtzuweisen.
    »Das hatte ich dir schon gesagt. Es macht keinen Sinn, Sachen zusammenzuhängen, nur weil sie die gleiche Farbe haben. Ordne sie nach Größen, verflixt noch mal! Hier soll Größe 38 und 40 hängen, und jetzt sieh dir das an! 48! Ist diese Frau noch immer in der Umkleide? Dann bleib bei ihr. Du sollst doch …«
    Plötzlich tauchten die Locken und die Ohrringe an der Schulter des Maresciallo auf, die Stimme zu einem bühnenreifen Flüstern gesenkt, das genauso deutlich zu hören war wie ihr Geschimpfe.
    »Es tut mir leid, aber Sie sehen ja, daß ich alle Hände voll zu tun habe. Sie können sich nicht vorstellen, was in dem Chaos hier alles gestohlen wird, und ich kann einfach keine vernünftige Hilfe finden. Das Mädchen ist ja recht willig, aber nicht gerade mit Verstand gesegnet. Sie kommt aus Rumänien, und wahrscheinlich versteht sie kein Wort von dem, was ich sage.« Sie holte Luft und sprach dann wieder mit normaler Stimme. »Pack die Bikinis wieder in diesen Karton. Wenn du sie alle auf der Theke herumliegen läßt, ist bis heute abend keiner mehr davon da …. Nicht in diesen Karton! Siehst du denn nicht, daß ich mit dem schwarzen Filzstift ›Schals‹ darauf geschrieben habe? … Auf der anderen Seite, die andere Seite! … Ich weiß, daß Gürtel darin sind. Das weiß ich. Darum brauchst du dich nicht zu kümmern. Pack die Bikinis einfach in die Kiste, aus der du sie geholt hast. Ich glaube, da steht › bh ‹ drauf. Entweder › bh ‹ oder ›Accessoires‹.«
    Rote Fingernägel krallten sich in den schwarzen Ärmel des Maresciallo, und das Flüstern hörte sich fast schon an wie ein Knurren. »Sie sehen ja, wie beschäftigt ich bin. Ich kann die Leute nicht alleine in der Umkleidekabine lassen, aber wenn ich in der Nähe der Kabinen bleibe, werde ich von denen bestohlen, die gerade hereinkommen. Ich predige immer, daß wir Ordnung halten müssen. Nur so kann es gehen. Sie als Experte müssen mich unbedingt beraten. Glauben Sie, ich sollte eine dieser Überwachungskameras installieren? Oder sind die zu teuer für mich? Jetzt hat sie diese Frau doch wieder allein gelassen, dabei hat die mindestens vier Jacken mit in die Kabine genommen. Wir müssen einfach besser Ordnung halten. Ich bin gleich wieder bei Ihnen. Gehen Sie nicht weg.«
    Der Maresciallo ging nicht weg, blieb an dem ihm zugewiesenen Platz stehen wie eine gut dressierte Bulldoge, unerschütterlich, wie ein Leuchtturm angesichts der tobenden Flut stöbernder Kunden, hin und her geschobener Kleiderständer und schiefer Kleidertürme. Nur ein einziges Mal bewegte er sich ein klitzekleines bißchen, als ihn eine energisch dreinblickende junge Frau mit einem Kleiderständer voller glitzernder Kleider rammte.
    Er warf einen Blick auf die Uhr. Viertel vor eins. Mit ein wenig Glück würde es bald schon ruhiger werden. Und ganz bestimmt würde sie um eins schließen.
    Doch es wurde nicht ruhiger. Ganz im Gegenteil, der Lärm und das Chaos erhoben sich zu einem wahren Crescendo, als sie die Kunden mit sanfter Gewalt hinauswarf und die Türen verschloß.
    »Ich muß mit dem Maresciallo sprechen. Nun machen Sie schon.«
    Als schließlich alle zur Tür hinaus waren, wischte sie sich mit dem lose herunterbaumelnden, blumigen Ärmel die Stirn. »Sie sehen ja, wie beschäftigt ich bin. Für Ihren Rat wäre ich wirklich dankbar. Schauen Sie sich doch nur einmal diesen feuchten Fleck da oben links von der Tür an. Ich habe ihn schon zweimal überstreichen lassen, aber jetzt ist er wieder da. Könnten Sie mir nicht einen verläßlichen Handwerker empfehlen? Jemand in Ihrer Position kennt doch die richtigen Leute. Mich macht das alles ganz fix und fertig. Also

Weitere Kostenlose Bücher