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Eine Japanerin in Florenz

Eine Japanerin in Florenz

Titel: Eine Japanerin in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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auch. Hier im Fenster stehen sie.«
    »Aber die sind braun!«
    »In diesem Jahr habe ich nur braune gemacht. Modefarben passen nicht zu Mokassins.«
    »Aber letztes Jahr haben Sie sie mir gemacht!«
    »Und dieses Jahr tue ich es nicht.«
    »Sie haben es versprochen. Juni, haben Sie gesagt.« Hilfesuchend blickte sie die Verkäuferin an. »Ich werde mit ihm reden«, murmelte diese leise. »Kommen Sie nächste Woche wieder.« Sie signalisierte dem Maresciallo, Peruzzi wieder zurück in die Werkstatt zu verfrachten, wo er hingehörte.
    »Kommen Sie, ich helfe Ihnen, die Schuhschachteln nach unten zu tragen«, schlug er bei dem Gedanken an die langen Regale in dem Kellerflur hilfsbereit vor. »Die stören hier oben doch nur.«
    »Was in diesem Geschäft stört, sind bestimmt nicht die Schuhe.« Sondern zweifellos die Kunden! Immerhin hatten sie sich in Bewegung gesetzt, und der Maresciallo folgte dem Schuhmacher nach unten, half ihm, die Schachteln wieder in die Regale in dem langen Flur zu verstauen. Nur über die Schuhe würde Peruzzis Aufmerksamkeit gewinnen können. Wenn ihm das erst einmal gelungen war, konnte er zu Akiko und dann zu Esposito und dem Streit überleiten.
    »Nicht dahin.« Peruzzi nahm ihm die Schachtel ab. »Ich habe ein neues System. Dort, wo eine Größe fehlt, bleibt der Platz frei. So kann ich … Es war Akikos Idee.« Er schwieg, hatte den Faden verloren, wußte nicht mehr, was er sagen, und auch nicht, was er eigentlich tun wollte.
    »Sie vermissen sie sehr.«
    »Wir hatten Pläne gemacht, wissen Sie. Ich habe angeboten, ihnen beim Hauskauf behilflich zu sein. Hat er Ihnen davon erzählt?«
    »Peruzzi, das mit Esposito habe ich nicht gewußt. Ich hatte nicht die geringste Ahnung. Er ist erst seit sieben oder acht Monaten bei uns, und leider hat er sich mir nicht anvertraut. Ich wünschte, er hätte es getan. Ich hätte mich mehr um ihn kümmern müssen, aber dafür ist es jetzt zu spät. Er ist verschwunden, und ich brauche Ihre Hilfe.«
    »Nein, tut mir leid. Wenn Sie versuchen wollen, ihm die Sache mit Akiko anzuhängen, dann werde ich Ihnen nicht helfen.«
    »Ich versuche nicht, jemandem etwas anzuhängen. Ich versuche herauszufinden, was passiert ist.«
    »Es kann jeder gewesen sein. In einem öffentlichen Park kann es nun wirklich jeder gewesen sein. Irgendwelche Drogenabhängige, jemand, der etwas stehlen wollte … Und vielleicht war das Ganze ja auch ein Unfall!«
    »Regen Sie sich nicht auf. Denken Sie an Ihr Herz. Wenn es ein Unfall war, werden wir das feststellen. Wir müssen mit Esposito reden, und wir wissen nicht, wo er steckt.«
    »Er hat sie geliebt. Sie trug sein Kind, und er wollte sie heiraten.«
    »Aber sie wollte ihn nicht heiraten, oder? Sie haben sich gestritten, nicht wahr? Warum also verteidigen Sie ihn? Santini hat gesagt, er sei schuld an dem Streit gewesen. Sie selbst haben erzählt, daß sie bei der Arbeit geweint hat.«
    »Sie hat ihn geliebt.«
    »Warum wollte sie ihn dann nicht heiraten?«
    »Weil sie sich erst gerade die Freiheit erkämpft hatte! Sie wissen ja nicht, um welchen Preis. Am schlimmsten war für sie, daß sie ihre Schwester zurücklassen mußte. Sie hat alles aufgegeben, Geld, Sicherheit, ihr Heimatland, alles, nur um frei zu sein und so leben zu können, wie sie wollte, wie sie glaubte, daß sie es wollte.«
    »Wollte sie Esposito nicht? Wo sie ihn doch liebte?«
    »Sie hat ihn geliebt. Sie hätte ihn sogar geheiratet, das hat sie mir gesagt. Aber dann sind sie nach Neapel gefahren, und sie mußte feststellen, daß sie nicht nur Enzo heiraten würde, sondern seine gesamte Familie. Sie sagte, sie sei doch nicht aus dem einen Käfig geflüchtet, einmal um die halbe Welt geflogen, um dann direkt im nächsten Käfig zu landen. Die jungen Leute wissen nicht, daß das Leben schwer wird mit der Zeit. Man braucht die Familie. Ich weiß nicht, wie ich ohne sie zurechtgekommen wäre, damals, als meine Frau gestorben ist. Ich mußte schon so vieles gehen lassen. Wenn mein Sohn nicht wäre, ich wäre ihr gerne gefolgt. Schon damals hatte ich Herzprobleme. Das Leben spielt einem manchmal recht üble Streiche. Wer hätte gedacht, daß die kleine Akiko vor mir gehen würde? Wir hatten so viele Pläne …«
    Der Maresciallo legte ihm die Hand auf die knochige Schulter.
    »Denken Sie an Ihre Gesundheit, Peruzzi. Solange Sie gesund bleiben, werden neue Pläne kommen. Sie dachten, es ginge nicht mehr weiter, als Ihre Frau gestorben ist. Aber es ging weiter. Und

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