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Eine Japanerin in Florenz

Eine Japanerin in Florenz

Titel: Eine Japanerin in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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aufgeregt, daß er sich Luft machen mußte. Es hat wohl einen Streit gegeben, der sie schrecklich aufgebracht hatte. Peruzzi gab ihm die Schuld.«
    »Um was ging es dabei? Wissen Sie das?«
    Sanitini hob den Lumpen auf und arbeitete weiter. »Ich weiß nur, was Peruzzi mir erzählt hat. Ihr Mann wollte sie heiraten, sie wollte aber nicht, obwohl sie schwanger war.«
    »Kannten Sie sie gut?«
    »Sie war eine von uns, eine echte Kunsthandwerkerin. Mehr weiß ich nicht.« Er nahm ein trockenes, weiches Tuch und polierte das Holz mit sanften, leichten Bewegungen, die im krassen Gegensatz zu seiner schroffen Stimme standen.
    »Jeder, mit dem ich über sie gesprochen habe, hat mir erzählt, wie gut organisiert, präzise und zielstrebig sie war. Da sollte man doch denken, wenn eine Frau heutzutage keine Kinder will, dann …«
    Santini schnaubte verächtlich. »Was die Menschen zu wollen meinen und was sie wirklich brauchen, muß nicht unbedingt dasselbe sein. Da kommen dann diese ›absichtlichen Unfälle‹ ins Spiel. Die Kräfte der Natur scheren sich nicht um unsere halbgaren Vorstellungen über unser Leben. Leben ist das, was mit uns passiert, während wir etwas ganz anderes planen.« Er polierte heftiger, knüllte dann den Lappen zusammen und warf ihn zurück auf die Werkbank.
    »Offenbar haben Sie diese Lektion auf die harte Tour gelernt.«
    »Gibt es eine andere Möglichkeit, sie zu lernen?«
    Es roch durchdringend nach Terpentin. Der Maresciallo trat einen Schritt zurück, wartete schweigend.
    Santini tröpfelte dünnflüssige, blaßgrüne Farbe auf die Tür, unterbrach dann ihren natürlichen Verlauf mit einem feuchten Tuch, ging einen Schritt zurück und begutachtete sein Werk. »Jetzt werden Sie mich fragen, ob ich verheiratet bin. Nein, das bin ich nicht. Und nein, schwul bin ich auch nicht. Hin und wieder ein kurzes Abenteuer, aber sehen Sie sich doch hier um. Ich habe zwei Zimmer im ersten Stock, in denen es nicht sehr viel anders aussieht als hier unten. So lebe ich, und so bin ich. Welche Frau würde mich heiraten wollen?«
    Eine Frau wie Akiko, dachte der Maresciallo, sagte aber nichts. Noch einen Tritt ins Fettnäpfchen konnte er sich nicht leisten. Besser, er hob sich das für später auf, wenn er seine Runde gemacht und mit jedem gesprochen hatte.
    Schweigend arbeitete Santini weiter. Dann schaute er den Maresciallo an, ein ironisches Lächeln spielte um seine Lippen.
    »Sie glauben, ich hätte was mit Akiko gehabt? Ich wünschte … Nein, da kommen Sie nicht weiter, aber danke für die Blumen. Ich hätte nicht die geringste Chance gehabt bei ihr. Ihr Mann mußte etwas Besonderes sein.«
    »Haben Sie ihn kennengelernt?«
    »Nein, habe ihn nie gesehen. Nur an dem Tag, als er hier in Uniform auftauchte, und da hat es auch nur zu einem kurzen Blick gereicht. Verdammt gutaussehend. Aber das ist nicht das Entscheidende. Es gibt Männer, die gewinnen eine Frau nur durch ihren Blick. Sie wissen schon, was ich meine. Vielleicht ist er einer von denen. Was meinen Sie? Sie müßten das doch wissen.«
    Er müßte es wissen, aber er wußte es nicht. Die metallene Tür hinter Santini ging auf einen kleinen, dunklen Hof hinaus, kaum mehr als ein Lichtschacht für das Gebäude, vollgestellt mit steinernen und marmornen Waschtischen, die an den Wänden lehnten, und alten Farbtöpfen und Eimern in der Mitte. Der Regen fiel nun heftiger, prasselte klatschend auf alles, was sich ihm in den Weg stellte. Es wurde dunkel.
     
    Ritsch und klack, ritsch und klack … die Druckerpresse übertönte den Lärm des Regens. Der fruchtige Geruch der Druckerschwärze durchdrang das vordere Zimmer, in dem ein junger Angestellter die Hochzeitseinladungen in weiße Kartons verpackte.
    »Er ist auf die Bank gegangen. Weil er meint, es wäre heute weniger Betrieb als freitags. Aber er wird trotzdem Stunden brauchen.«
    »Warum schickt er dann nicht Sie? In seinem Alter macht stundenlanges Schlangestehen bestimmt keinen Spaß mehr.«
    »Das würde er im Leben nicht zulassen. Niemand darf Hand an sein Geld legen. Außerdem ist die Bank das Zentrum für Klatsch und Tratsch, und bevor er zurückkommt, genehmigt er sich noch einen Kaffee und einen Grappa.« Sein umherschweifender Blick blieb an der Zeitung auf dem Hocker hängen, aufgeschlagen auf der Seite mit den Sportnachrichten. Wenn die Katze aus dem Haus ist … Zweifellos würde der junge Mann sich gleich wieder darein vertiefen, sobald der Maresciallo wieder gegangen war.
    »Ich nehme

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