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Eine Japanerin in Florenz

Eine Japanerin in Florenz

Titel: Eine Japanerin in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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an, Sie haben schon von Peruzzis japanischem Mädchen gehört?« Der Maresciallo warf nun ebenfalls einen kurzen Blick auf die Zeitung, aber bis morgen nach der Pressekonferenz würde darin kein Wort darüber zu finden sein.
    »Alle reden darüber und über …« Er schwieg, warf einen Blick auf die goldene Flamme auf der klatschnassen Kappe, die der Maresciallo in der Hand hielt.
    »Über ihren Carabiniere-Freund?«
    »Sie sagen, daß Peruzzi schon seit Ewigkeiten nichts mehr von ihm gehört hat und …«
    »Daß was? Daß er sie vielleicht umgebracht hat? Erzählt man sich das?«
    »Nein! Niemand … Sie sagen, daß Sie ihn fortgeschickt haben. Sie wissen schon, um einen Skandal zu vermeiden. Mehr nicht. Ich wollte doch nicht …« Er wurde rot und schluckte schwer. Sein Adamsapfel trat deutlich an dem schmalen Hals hervor. Er war noch sehr jung, das Gesicht noch immer nicht frei von Akne.
    »Schon in Ordnung. Das ist doch ganz normal, daß sie darüber reden.« Er wollte unbedingt ver meiden, den jungen Burschen einzuschüchtern. Rund um diese kleine Piazza brauchte er alle Freunde, die er auftreiben konnte. Die Bemerkung des alten Gärtners fiel ihm wieder ein, und er war froh, daß er die Sonnenbrille nicht trug. Er mochte Regen so wenig wie eine Katze, aber zumindest tränten ihm bei diesem Wetter nicht die Augen.
    »Wenn er wieder da ist, dann richten Sie ihm doch bitte aus, daß wir nichts unter den Teppich kehren werden. Bis vor kurzem haben wir es einfach nicht gewußt. Übermorgen wird es in der Zeitung sein. Wenn er also irgend etwas darüber weiß, dann soll er sich mit mir in Verbindung setzen. In Ordnung?«
    Das Gesicht des jungen Mannes zeigte, daß nichts in Ordnung war, daß sich die Sorge und die Angst, die dem Maresciallo die Luft zum Atmen nahmen, auf ihn übertrugen. Der junge Mann starrte ihn an, wußte nicht, was er sagen sollte. Mach eine unverfängliche Bemerkung …
    »Dann überlasse ich Sie jetzt wieder dem Fußball. Froh, daß sie wieder in der ersten Liga spielen?«
    »Hoffentlich steigen sie dieses Mal nicht gleich wieder ab.«
    »Keine Sorge, das werden sie nicht. Sie brauchten nur Delia Vallès Geld. Das ist das einzige, worauf es heutzutage ankommt.« Er hatte sein Bestes gegeben, hatte aber selbst den gekünstelten Ton in seiner Stimme nicht überhören können.
    Ritsch und klack und durch die Tür mit der Milchglasscheibe, hinaus in den Regen. Er zog die Kappe tief ins Gesicht und stellte den Kragen des schwarzen Regenmantels auf, während er auf dem holprigen Pflaster in eine Pfütze platschte und durch die großen, offenstehenden Türen des Packlagers ging. Wahrscheinlich würde er hier die gleiche Geschichte zu hören bekommen. Er rief laut nach jemandem und wartete dann in dem hohen Raum in der Gesellschaft eingewickelter Statuen und Kerzenhalter, bis ein alter Mann auftauchte. Der Packer war ebenfalls auf der Bank. Er erklärte dem Mann, warum er gekommen war, und ging dann wieder. Der Drucker und der Packer waren ein Jahrgang und saßen höchstwahrscheinlich zusammen bei einem Grappa in der Café-Bar. Santini, der Restaurateur, gehörte zu einer anderen Generation. Lapo stand irgendwo dazwischen, aber es war nicht schwer, zu erraten, wem er sich anschließen würde.
    Seine pummelige Tochter stapelte Teller in dem halbdunklen Hinterzimmer. »Mein Vater ist zur Bank gegangen. Wenn Sie später noch einmal wiederkommen möchten. Heute gibt es gefüllte Schweinsroulade.«
    Im warmen Licht der dahinter liegenden Küche beugte sich die Mutter über die geöffnete Ofentür und bestrich die Rouladen. Die Großmutter hatten sie in der hinteren Ecke geparkt, wo sie den ganzen Tag verbrachte, seit ein kleiner Schlaganfall ihr einen heillosen Schrecken eingejagt hatte. Sie schälte Kartoffeln, ließ die Schalen in die Schürze fallen und die Kartoffeln in einen Eimer zu ihren Füßen. Obwohl es noch recht früh war, weckte der Duft des frisch Gebratenen, vermischt mit Rosmarin, seinen Hunger.
    »Nein, nein. Sagen Sie ihm aber bitte, daß er mich heute nachmittag anrufen soll. Und sagen Sie ihm …«
    Er blieb an der Türschwelle stehen, sah den dunklen Regen auf die nackten Kunststofftische klatschen und fühlte sich geradezu erleichtert, daß er die Gelegenheit genutzt hatte, den ersten Schritt auf die Menschen hier zuzumachen und die Sache klarzustellen. Die Gespräche würden die Atmosphäre wieder reinigen und die Spannung herausnehmen.
    Was seine Vorbereitungen für das Gespräch

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