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Eine Japanerin in Florenz

Eine Japanerin in Florenz

Titel: Eine Japanerin in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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eine Pflanze nicht gegossen wird, stirbt sie. Sie kann nicht warten.«
    Das war der Punkt. Totò war zu ihm gekommen, wieder ganz sein kleiner Junge, zumindest für den Augenblick. Er hatte zwar nicht die Führung übernommen, aber er war mitgegangen, um seinen Bruder zu unterstützen, verlangte eine Entscheidung von seinem Vater, verkroch sich nicht mehr weinend in seinem Zimmer.
    Also legte er seine großen Hände auf die Schultern der beiden. »Ich besorge Karten, aber für uns alle, auch für eure Mutter, denn vorher gehen wir zu Lapo was Feines essen.«
    »Mit Kuchen und Sekt zum Nachtisch?« Giovannis dunkle Augen wurden so rund und groß wie die des Maresciallo.
    »Natürlich mit Kuchen und Sekt zum Nachtisch. Es ist schließlich dein Geburtstag und dein Namenstag, oder? Jetzt muß ich mich aber umziehen und zurück an die Arbeit gehen.«
    In Lapos kleinem Hinterzimmer gab es keine Fenster, deshalb brannte Licht und beleuchtete verschiedene Gemälde Florentiner Künstler, Flaschen in den Regalreihen und hohe Stapel weißer Teller. Dennoch reichte das fahle Licht der gelben Lampen nicht sehr weit, und die Ecken des Raumes blieben im Dunkeln verborgen. Die an die Seite gerückten Tische, auf denen nur die grünen Unterdecken lagen, und der Ernst in den Gesichtern, die alle den Maresciallo anschauten, vermittelten dieser Versammlung die Atmosphäre einer Beerdigung. Lapo hatte alle Bewohner des Viertels eingeladen, und jetzt bot er seinen Gästen ein Gläschen Vin Santo an. Zu dieser ungewohnten, nachmittäglichen Stunde roch es in dem Raum nur nach Wein, Zigarettenrauch und Kaffee.
    »Der Maresciallo sagt, daß sie unsere kleine Akiko zurück zu ihrer Familie nach Japan schicken werden. Darum ist das hier so eine Art Abschiedstreffen für sie. Sie mochte Vin Santo gern. Aber jetzt wollen wir hören, was der Maresciallo zu sagen hat.«
    »Nun, zuerst einmal muß ich Ihnen sagen, daß ich die ganze Nacht auf den Beinen gewesen bin. Verzeihen Sie mir also, wenn ich ein wenig … Diese ganze Geschichte ist mir sehr nahe gegangen, und Sie werden verstehen, daß … Wie auch immer, wenn ich mich umständlich ausdrücke und Sie etwas nicht verstehen, dann fragen Sie einfach.«
    Die Männer trugen graue oder schwarze Baum-Wolljacken, Schürzen oder Overalls. Wie immer hatte Santini das Haar mit einem Stoffstreifen zurückgebunden.
    Er studierte ihre Gesichter, die, die nahe genug waren und die er gut sehen konnte, und auch die weiter hinten im Schatten. Er konnte noch immer eine gewisse Zurückhaltung spüren, aber sie hörten ihm zu, räumten ihm eine Chance ein. Er stützte die großen Hände ungeschickt auf die Knie und begann: »Viele von Ihnen haben gedacht, ich versuche, Espositos Name aus dieser Geschichte herauszuhalten. Einige zeigten sogar großes Verständnis dafür und haben taktvoll geschwiegen. Damals habe ich das nicht begriffen, aber jetzt möchte ich Ihnen dafür danken, für Ihr Vertrauen, meine ich. Sie haben sich darauf verlassen, daß ich korrekt ermitteln und das Richtige tun werde, und als ich das nicht tat, hatten Sie das Gefühl, im Stich gelassen worden zu sein. Also noch einmal für alle, denen ich das noch nicht gesagt habe: Ich habe nichts von Akiko und Esposito gewußt, und ich kann Sie nur bitten, mir das zu glauben. Ansonsten …
    Er war noch nicht lange bei uns. Und das Kasernenleben bedeutet das Ende des engen Kontaktes zu Freunden daheim, zur Familie. Den Männern, die man befehligt, kann man nicht freundschaftlich begegnen …«
    Das nächste fiel ihm schwer, aber er war entschlossen, es zu sagen. Er nahm einen Schluck Vin Santo, was er eigentlich gar nicht wollte, da er ihn, erschöpft wie er war, nur sehr schlecht vertrug.
    »Ich wünschte …. Ich würde gerne denken, daß er mir sein Vertrauen geschenkt hätte, aber solche Dinge sind äußerst heikel und sehr persönlich, und vielleicht glaubte er, ich würde ihn nicht verstehen. Vielleicht fand er, ich sei zu alt. Wie auch immer, er schenkte niemandem sein Vertrauen – auch mir nicht. Jetzt ist er tot. Das werden Sie in den Nachrichten gehört oder gesehen haben – und auch wenn nur sehr kurz darüber berichtet wurde, weil die Ergebnisse der Autopsie noch ausstehen und so weiter, wir haben allen Grund zu der Annahme, daß er sich umgebracht hat.«
    Leises Murmeln, das Rücken eines Stuhls. »Hat er Akiko umgebracht?« fragte dann jemand mit lauter Stimme.
    »Was redest du denn für einen Blödsinn? Er wollte sie

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