Eine Jungfrau Zu Viel
schlichtes weißes Gewand ohne Borten und trug auch keinen Schmuck. Ihr Haar war zurückgebunden, hing ihr aber ansonsten offen über den Rücken; ehrlich gesagt, wirkte es nicht allzu sauber, obwohl sie sich ständig Strähnen um den Finger wickelte, nahe am Mund. Ihre Unterlippe neigte dazu, leicht herabzusacken. Wenn sie sie schloss, sah ihr Mund wie ein kleiner Knopf aus.
»Danke, dass Sie mich beide empfangen. Ich hoffe, ich muss Sie nicht allzu lange belästigen.« Jupiter, was war ich heute für ein Schleimer. Mir wurde schon ganz übel. »Es ist mir gelungen, die Schritte der kleinen Gaia bis zu dem Moment nachzuvollziehen, wo sie zum Spielen in den Peristylgarten ging. Ihre Mutter hat sie dort wohl gesehen und gesagt, man brauche sie nicht zu beaufsichtigen, also lässt sich das auf jeden Fall festhalten. Kann einer von Ihnen mir sagen, was danach passiert ist?«
Beide schüttelten den Kopf. »Ich war geschäftlich unterwegs«, erklärte Ariminius und sonderte sich so ganz klar von dem Problem ab. »Du hast Gaia nach dem Frühstück nicht mehr gesehen, nicht wahr, Liebste?« Laelia schüttelte erneut den Kopf und spielte wieder mit ihrer Haarsträhne.
Die Zärtlichkeit klang ein wenig aufgesetzt. Ich fragte mich, wie ihre Beziehung tatsächlich war. Laelia wirkte eher schlaff, aber davon sollte man sich nicht täuschen lassen. Die beiden heckten vermutlich wie die Karnickel. Dass sie keine Kinder hatten, besagte nichts. Ich wusste, dass es eine willentliche Entscheidung war. Neben Ariminius’ scheußlicher Krokuspomade hatte ich ein Töpfchen mit diesem besonderen Alaunwachs gefunden, das auch Helena und ich zur Verhütung benutzten. Das Töpfchen war fast leer, aber daneben hatte ein neues, mit klarem Wachs versiegeltes gestanden. Sie hatten nicht vor, plötzlich ohne Verhütungsmittel dazustehen.
»Danke.« Ich beschloss, Ariminius als eine vernünftige Kontaktperson zu behandeln, mit der ich meine Gedanken teilen konnte. »Hören Sie, ich glaube nicht, dass Gaia im Peristylgarten blieb. Jedenfalls ist sie nicht mehr dort, und es gibt da keine Möglichkeit, sich zu verstecken. Hinter dem Haus befindet sich noch ein verwilderter Gemüsegarten, den ich durchsuchen muss. Können Sie mir ein paar kräftige Sklaven zur Verfügung stellen, die mir helfen, den Abfall beiseite zu schaffen und das Gestrüpp zu durchstöbern?«
»Oh, da wäre Gaia nie hingegangen!«, zwitscherte Laelia.
»Vielleicht nicht. Ich muss das Gebiet trotzdem durchsuchen.«
»Wir geben Ihnen jede Hilfe, die Sie brauchen. Es sieht nicht gut aus, oder?«, fragte Ariminius und blickte mich forschend an. »Sagen Sie uns die Wahrheit, Falco. Glauben Sie, dass sie …« Er konnte es nicht aussprechen.
»Sie haben Recht. Die Situation ist verzweifelt. Wenn ein Kind einen Tag und eine Nacht lang vermisst wird, verdoppelt sich die Möglichkeit, dass es nicht lebend gefunden wird.«
»Sie ist hier überall herumgestreift«, teilte er mir mit forscher, wenn auch leiser Stimme mit. Er setzte sich eindeutig über Numentinus’ Wunsch hinweg, sich vorsichtig auszudrücken. Laelia protestierte nicht, zog sich aber in seinen Schatten zurück. Während Gaias Mutter zumindest von der Angst um ihr Kind angetrieben wurde, gehorchte Laelia dem Schweigebefehl der Familie – obwohl sie mich genau im Auge behielt. Ich hatte das Gefühl, dass sie mich geradezu hämisch beobachtete. Sie war neugierig, was ich herausfinden würde, und wartete mit einem hässlichen kleinen Lächeln darauf, dass mir jemand einen Strich durch die Rechnung machte.
»Ich kann mir vorstellen, wie es war, mit einem abenteuerlichen kleinen Kind auf dem Palatin zu leben«, bemerkte ich an Ariminius gewandt.
»Wenigstens ist das Haus hier sicherer. Drei Seiten gehen zur Straße hinaus, mit abschließbaren Fenstern und Türen, und der von Ihnen erwähnte Garten hinter dem Haus ist von einer hohen Mauer umschlossen.«
»Aber sie ist schon mal fortgelaufen. Vernachlässigt das Kindermädchen seine Pflichten?«, fragte ich.
Der Pomonalis seufzte. »Sie schäkert mit den Arbeitern, wann immer sie kann.«
»Dachte ich mir schon. Ich möchte nicht taktlos sein, aber glauben Sie, dass es über das Schäkern hinausgeht?« Vielleicht hatte Gaia etwas mitbekommen, das sie schockiert hatte.
Ariminius lachte leise. »Sie haben das Kindermädchen ja gesehen! Aber die Männer haben nichts dagegen, mit ihr zu lachen – denen ist alles recht, was sie von der Arbeit abhält.«
»Und Gaia
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