Eine Jungfrau Zu Viel
erinnerte er mich ziemlich großspurig.
»Und darum verdient er jetzt nur noch Lobpreisungen? Zum Glück haben wir die Beerdigung hinter uns, also brauchen wir nicht mehr so tun, als wäre er ein würdiger Nachfahre rechtsgläubiger republikanischer Helden und besäße untadelige moralische Maßstäbe.« Ich schaute zu Laelia. »Wie ich höre, war er der Meinung, seine männliche Gunst möglichst breit streuen zu müssen. Hat er auch bei Ihnen Annäherungsversuche gemacht?«
Ich war darauf vorbereitet, dass sie sich hinter ihrem Mann versteckte, aber sie antwortete direkt: »Nein. Obwohl ich sagen muss, dass ich ihn nicht mochte.« Das war sehr direkt – vielleicht zu direkt, als hätte sie diese Antwort eingeübt.
»Sie wussten, wie er war?«
Diesmal schwankte ihr Blick. Möglicherweise hatte der Mann sie befummelt, und sie hatte ihrem Ehemann nie davon erzählt. Ich wünschte, ich hätte allein mit ihr sprechen können, ohne den Pomonalis.
»Sie wussten, dass er sich an Caecilia Paeta herangemacht hat?«, beharrte ich.
»Ja, das wusste ich«, erwiderte Laelia mit leiser Stimme.
»Sie hat sich Ihnen anvertraut?«
»Ja.« Ich fragte mich flüchtig, ob Laelia eifersüchtig gewesen war, weil dieser Wüstling Caecilia anziehend gefunden hatte, sie aber nicht.
»Hat sie Ihnen von Ihrer Befürchtung erzählt, dass er eines Tages ein Auge auf Gaia werfen könnte?«
»Ja!« Die Bestätigungen kamen jetzt wie Peitschenknalle.
»Hat jemand Laelius Numentinus davon erzählt?«
»O nein.«
»Weil Sie bereits genug Probleme in der Familie hatten?«, fragte ich trocken.
»Wie Recht Sie haben!«, gab Laelia fast trotzig zurück. Was nicht hieß, dass sie sich näher zu den Problemen äußern würde. Ariminius schaute, wie mir auffiel, immer unbehaglicher drein.
»Wusste Terentia Paulla, was sie da für einen Mann geheiratet hatte?«
Jetzt suchte Laelia Unterstützung bei ihrem Mann. Er war derjenige, der entschied, welche Vertraulichkeiten enthüllt werden durften – oder welche Lügen erzählt wurden. Er sagte: »Terentia Paulla wusste bei ihrer Heirat, was sie tat.«
Ich sah ihn an. »Woher wusste sie das?«
»Onkel Tiberius war ein alter Freund der Familie.«
Ich überlegte. Das, Kollegen, ist immer eine faszinierende Situation. Alte Familienfreunde sind selten das, was alle vorgeben. Oft stellt sich heraus, dass sie genau wie dieser sind – dreckige alte Schweine, die ihren Schwanz nicht unter der Tunika halten können, Männer, die ihre Frauen dazu zwingen, den Missbrauch hinzunehmen, einfach weil sich vorher nie jemand beschwert hat und es zu spät scheint, nach so vielen Jahren noch etwas zu sagen.
»Wenn seine Vorlieben so offensichtlich waren, wie kommt es dann, dass eine äußerst heilige Frau, die gerade drei Jahrzehnte keusch und bescheiden gelebt hat, sich dazu entschließt, diesen Mann zu heiraten?«
»Das kann nur sie beantworten!«, rief Laelia schroff.
»Na gut, wenn es mir nicht gelingen sollte, Gaia zu finden, muss ich vielleicht mit Ihrer Tante sprechen.« Ich merkte, welche Panik das auslöste, zumindest bei Laelia. Sie verbarg es gut. Trotzdem war sie es und nicht ihr Mann, die mit der offiziellen Ausrede herausrückte: »Tante Terentia zieht es momentan vor, niemanden zu empfangen. Sie trauert um ihren Mann – und ihr Gesundheitszustand ist nicht der beste.« Trauerte um ihren Mann – oder wegen der Dummheit, einen Schürzenjäger geheiratet zu haben? Schlechte Gesundheit – oder nur schlechtes Urteilsvermögen?
»Gut, dann werde ich mich bemühen, sie zu verschonen. Ich habe Ihren Bruder kennen gelernt«, sagte ich zu Laelia. »Kommen Sie gut mit Scaurus aus?«
»Ja, wir stehen uns sehr nahe.« Ich verfolgte die Sache nicht weiter. Mir wäre es nicht sehr recht gewesen, wenn man meinen Schwestern diese Frage gestellt hätte.
»Ich glaube, Sie haben ihn erst vor kurzem gesehen?«
»Aus keinem besonderen Grund«, japste Laelia, offensichtlich nervös wegen der Frage. Ihre Unruhe schien etwas mit ihrem Mann zu tun zu haben, als wüsste der nicht Bescheid.
»Anlässlich einer Familienkonferenz?«
»Nur ein paar unwichtige juristische Angelegenheiten«, warf Ariminius ein. Den Blick immer noch auf Laelia gerichtet, die jetzt großäugige Unschuld vortäuschte, fiel mir ein, dass Meldina, das Mädchen vom Bauernhof, erwähnt hatte, Scaurus sei vor kurzem in Rom gewesen, um »seine Schwester zu besuchen«. Wieder hätte ich Laelia am liebsten ohne ihren Mann verhört. Leider waren
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