Eine Jungfrau Zu Viel
während meiner körperlichen Arbeit im Haus der Laelii nicht möglich gewesen war.
Jetzt wusste ich, was ich als Nächstes tun musste. Ich wusste auch, dass ich dazu Hilfe brauchte. Der Geeignetste wäre Lucius Petronius gewesen, aber ihn konnte ich gerechterweise nicht darum bitten. Er hatte seine Stellung schon einmal wegen eines Techtelmechtels mit einer Gangstertochter fast verloren. Was ich vorhatte, war viel zu riskant.
»Welchen Rat gibst du mir also, Falco?«, fragte Aelianus überraschend.
»Vergiss die Vergangenheit.«
»Ich muss mit ihr leben.«
»Bau was für die Zukunft auf. Die Arvales waren für dich vermutlich sowieso die falsche Wahl – zu klüngelhaft, zu beschränkt und rückständig. Du willst doch nicht in einem Hain rumtanzen, wo verrückte Weiber ihre kornbekränzten Ehemänner mit Opfermessern abstechen.« Mir fiel etwas ein, worauf ich ihn noch ansprechen wollte. »Übrigens habe ich gehört, dass du den Oberspion gebeten hast, den Namen des Opfers herauszufinden.«
Aelianus hatte den Anstand, leicht zu erröten. »Wir kamen nicht weiter …«
»Wir? Es war dein Rätsel, an dessen Lösung du angeblich nicht mehr interessiert warst, wie du mir gesagt hast.«
»Tut mir Leid.«
»Ist schon gut.«
»Außerdem hat es nichts gebracht, Falco. Ich hab nie eine Antwort von Anacrites bekommen.«
»Aber ich. Der Mann hieß Ventidius Silanus. Je von ihm gehört?« Aelianus schüttelte den Kopf. »Ich auch nicht.« Ich sah ihn ruhig an. »Ich war erstaunt, dass du dich an Anacrites gewandt hast.«
»Na ja, das schien mir die einzige Hoffnung zu sein. Ich hatte alles getan, was ich konnte. Ich bin sogar die Via Appia entlanggeritten und habe bei allen Patriziergräbern nach Spuren frischer Beisetzungen gesucht. Nichts. Wenn die Urne dort hingekommen ist, hat man den ganzen Grabschmuck beseitigt.«
Er hatte wirklich Initiative gezeigt. Ich verbarg mein Erstaunen. »Du hast Glück gehabt. Der Oberspion weiß es nicht.«
»Weiß was nicht, Falco?«
Ich ließ ihn gerade lange genug schmoren. »Aber er könnte es leicht herausfinden.«
»Was meinst du?«
»Ich meine, der Beweis liegt noch immer bei seinen Schriftrollen. Ich bin überrascht, dass du riskiert hast, ihn daran zu erinnern. Natürlich könnte das auch jemand anders tun.«
»Du?« Allmählich kapierte er meine Drohungen.
»Du bist in meiner Gewalt!« Ich grinste. Dann wurde ich hart. »Dir wurde ein geheimes Dokument anvertraut, von dem das Schicksal der baeticanischen Olivenölproduktion und vielleicht sogar der gesamten Provinz Baetica abhing. Du hast es genau jenen Männern in die Hände fallen lassen, die als Verschwörer benannt wurden. Du hast ihnen die Zeit und die Möglichkeit gegeben, das Dokument zu verändern. Dann, als dir klar wurde, dass du das in dich gesetzte Vertrauen missbraucht hattest, hast du vorgespiegelt, es nicht zu bemerken, und dem Oberspion die manipulierte Schriftrolle übergeben, ohne etwas zu sagen.«
Aelianus wurde ganz still.
»Genau wie Onkel Publius«, spottete ich. »Und wir wissen, was mit ihm passiert ist – nein, falsch, wir können es uns bloß denken.« Ich hielt inne, hatte eine nur zu lebhafte Vorstellung vom Gestank der aufgedunsenen und bereits verfaulenden Leiche des Verräters. »Jetzt hör mir genau zu, Aelianus. Anacrites ist äußerst gefährlich. Wenn du auf eine Karriere aus bist – ja, wenn du überhaupt eine Zukunft haben willst –, lass dich nicht mit ihm ein.«
Der junge Mann fuhr sich mit der trockenen Zunge über noch trockenere Lippen. »Und was jetzt, Falco?«
»Jetzt«, sagte ich, »muss ich etwas versuchen, was schierer Wahnsinn ist. Aber ich habe Glück, weil du, Aulus, tief in meiner Schuld stehst. Daher wirst du – ohne Widerrede und ohne Zögern und vor allem, ohne es deiner Familie zu erzählen – mit mir kommen und mich unterstützen.«
»Das ist in Ordnung«, stimmte er zu und fragte tapfer: »Welche Aufgabe habe ich?«
»Du musst nur eine Leiter halten.«
Er blinzelte. »Das kann ich schaffen.«
»Gut. Du musst sehr leise sein, während ich hinaufklettere. Wir dürfen nicht entdeckt werden.«
Er wurde etwas nervöser. »Ist es was Illegales, Falco?« Kluges Bürschchen!
»So illegal, wie es nur sein kann. Du und ich, mein vertrauensvoller Kamerad, werden in das Haus der Vestalinnen einbrechen.«
Aelianus wusste, wie unerhört das war, brauchte aber einen Moment, bis er sich daran erinnerte, dass auf ein Vergehen gegen die vestalischen Jungfrauen
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