Eine Jungfrau Zu Viel
hübsch geformten mittelbraunen Augen glitzerten. »Ein paar Nachteile gibt es schon.«
»Nicht viele Besucher?«
»Sie sind mein Erster, Falco!«
»Was bin ich doch für ein Glückspilz. Mein Freund Petronius nimmt an, dass alle Vestalinnen Lesbierinnen sind.«
»Auf manche mag das zutreffen.« Nicht auf diese, entschied ich.
»Oder dass sie in Wirklichkeit heimliche Liebhaber haben, die nachts rein- und rauswitschen.«
»Manche vielleicht schon.« Sie gab wenig preis, fügte aber weitere Vermutungen hinzu: »Oder dass wir alle mürrische, vertrocknete Schreckschrauben sind, die Männer ausplündern wollen – oder dass das einfache Leben schwarze Zähne und Körpergeruch bedeutet?«
»Ja, ich glaube, das sind ebenfalls beliebte Vorurteile.«
»Von Zeit zu Zeit mögen sie alle zutreffen. Aber warum generalisieren? Jede Gruppe von sechs Leuten setzt sich aus den unterschiedlichsten Charakteren zusammen. Was denken Sie, Falco?«
Ich dachte vieles, was ich nicht aussprechen konnte. Zum Beispiel gefiel mir die Art, wie sie die frechen kleinen Löckchen gedreht hatte, die vor ihren Ohren wippten. »Sie klingen, als stammten Sie von der falschen Seite der Via Sacra. Eine Alibi-Plebejerin, stimmt’s?«
Constantia zuckte die Schultern. Ihre Löckchen wippten. Ihr Akzent war tatsächlich völlig neutral, aber natürlich hatte sie hier anständig sprechen gelernt. Verraten hatte sie sich durch ihre freimütige, muntere Art. »Sie glauben, ich passe nicht hierher?« Ich nickte. »Falsch, Falco. Das hier ist meine Berufung, und ich bin stolz darauf. Oh, ich erwarte nicht, jemals Obervestalin zu werden, aber ich würde nie meine Pflichten vernachlässigen oder die Götter entehren.«
»Und Ihre Salzkuchen sind zweifellos untadelig.«
»Genau. Ich plane, einen Keksladen zu eröffnen, wenn ich in den Ruhestand gehe.«
»Ich hätte gedacht, Sie würden die kaiserliche Mitgift einstreichen und heiraten.«
Constantia warf mir einen seitlichen Blick zu, während sie eine Haarlocke vom Brenneisen wand. »Das kommt darauf an, was zu der Zeit im Angebot ist!«
Ich hatte das Gefühl, dass es nicht viele Männer mit diesem vitalen Wesen aufnehmen würden.
Sie legte das Brenneisen wieder ins Kohlebecken, wischte ein wenig Ruß von einem Kissen und wand dann eine neue Haarsträhne um das Eisen.
»Wenn Sie es zu heiß machen, bricht das Haar.« Sie schenkte mir einen Blick, der mich zurückzucken ließ. »Na ja, wenigstens ist mir das gesagt worden. Ich nehme an, dass Sie Ihr Haar morgen für die Lotterie wieder sittsam flechten müssen?« Constantia hielt inne. Sie erkannte, dass ich gekommen war, um mit ihr über dieses Thema zu reden. Ich reichte ihr den Spiegel, damit sie sehen konnte, wie weit ihre Frisur gediehen war. »Ich habe nach dem vermissten Kind gesucht.«
»Aber Sie haben es nicht gefunden.« Das war eine Feststellung, eine, die mich auf meinen Platz verwies.
»Ach, Sie wissen das? Ich nehme an, dass Sie als der jungfräuliche Verbindungsoffizier stündlich Bericht erhalten haben?«
»So wie fast stündliche Anfragen, die Problematik mit Ihrer Freundin zu besprechen.« Das kam etwas kritisch heraus.
»Helena Justina ist äußerst beharrlich.«
»Und jetzt hat sie Sie hergeschickt?«
»Nein, sie weiß nichts davon. Ich überfalle Frauen nur aus eigenen Stücken.«
»Sie wird es herausfinden.«
»Ich werde es ihr selbst sagen.«
»Wird sie verärgert sein?«
»Warum? Sie weiß, dass ich unbedingt mit Ihnen über Gaia Laelia sprechen muss. Ich bin in Ihr Fenster gestiegen, nachdem vernünftige Anfragen versagt haben, nicht, weil ich auf ein billiges Abenteuer aus bin.«
»Eher teuer als billig, falls Sie erwischt werden, Falco.«
»Als ob ich das nicht wüsste! Also, was soll diese zwanghafte Heimlichtuerei um die hochnäsigen Laelii?«
Constantia legte ihren Kosmetikkram beiseite und blickte mich mit ernstem Gesicht an. Ihr Gewand war sittsam geschlossen, aber ich war doch leicht beunruhigt, den bleichen nackten Hals einer Vestalin über den lockeren dunkelgelben Falten zu sehen.
»Das tut nichts zur Sache, Falco.«
Ich war verärgert. Sie übersah es. »Na gut. Was ist mit Gaia? Ich weiß, dass sie mit Ihnen darüber geredet hat, Vestalin zu werden – zuerst auf dem Empfang der Königin von Judäa. Von ihrer Mutter erfuhr ich, dass Gaia später noch einmal hergebracht wurde.«
»Ja.«
»Und über was wollte sie da mit Ihnen sprechen?«
»Nur darüber, Vestalin zu werden. Ich fand die
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