Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eine Jungfrau Zu Viel

Titel: Eine Jungfrau Zu Viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
abkommandiert – obwohl davon wenig hergemacht wurde und ich nie erlebt hatte, dass er Prätorianerrechte in Anspruch nahm. Jedenfalls luden sie ihn nie zu ihren Messefestmahlen ein. Andererseits, wer würde das schon tun? »Legt ihn in Ketten!« Er genoss es sichtlich, mich zu kränken und zu demütigen. »Benützt so viele Fesseln wie möglich. Egal, ob er damit laufen kann. Wir zerren ihn schon mit.«
    »Darf ich«, protestierte ich, während ich gefesselt wurde, »vielleicht wissen, wohin ich gezerrt werde?«
    »Halt die Klappe, Falco. Du hast schon genug Ärger gemacht.«
    Ich funkelte den jungen Aelianus böse an. »Tu was für mich, Junge. Frag deine Schwester, wo meine Mutter wohnt, und wenn das alles vorbei ist, berichte Mama, dass es ihr hinterhältiger Untermieter war, der ihren letzten noch lebenden Sohn seinem Schicksal übergeben hat.«
    »Fertig?« Ohne auf mich zu achten, wandte sich Anacrites aus irgendeinem Grund in leisem Ton an Aelianus. »Ich kann ihn da hinbringen, aber Sie müssen das Reden übernehmen, Camillus. Ich will nicht, dass dieses Fiasko irgendwann in meiner Personalakte auftaucht!« Ich war so verblüfft, dass ich jetzt gar nichts mehr verstand. »Also los, Jungs. Folgt mir. Bringt diesen schändlichen Burschen rauf zum Palatin.«
    Ich hatte gut geschlafen und ein üppiges Frühstück genossen. Ich machte einfach mit.
     
    Als ich am Tempel der Concordia Augusta vorbeigeschleppt wurde, in dem die Arvalbrüder ihre Wahl abhielten, war es für die meisten Menschen immer noch zu früh am Morgen. Das Forum lag verlassen da, abgesehen von einem Betrunkenen, der auf den Stufen des Saturntempels seinen Rausch ausschlief. Die Straßen waren mit dem Abfall der gestrigen Nacht bedeckt statt mit Versprechungen für den neuen Tag. Ein Haufen zerquetschter Girlanden versperrte uns fast den Weg unter dem Tiberiusbogen hindurch zum Vicus Jugarius. Lose Blüten blieben an einem meiner Stiefel hängen, und als ich sie wegkicken wollte, hoben mich die Prätorianer hoch und trugen mich weiter.
    Ich dachte, wir seien unterwegs zum Verwaltungstrakt des Palastes. Das stellte sich als Irrtum heraus. Wären wir zur Arx oder zum Kapitol hinaufgestiegen, hätte ich befürchtet, dass geplant war, mich wie einen Verräter vom Tarpeischen Felsen zu stürzen. Die beabsichtigte Foltermethode schien aber noch raffinierter zu sein.
    Wir näherten uns offenbar einem Privathaus. Der gesamte Palatin war viele Jahre im Besitz der Öffentlichkeit gewesen. Augustus hatte das Glück gehabt, hier in jenen Tagen geboren zu werden, als noch jeder Reiche ein Privathaus auf dem besten der Sieben Hügel besitzen konnte. Später hatte er alle anderen Häuser aufgekauft und den ganzen Palatin für offizielle Zwecke genutzt. Zwischen den Tempeln stand seine eigene Behausung, eine angeblich dürftige Immobilie, wo er, laut seiner Behauptung, sehr bescheiden gelebt hatte. Niemand war darauf reingefallen. Es gab noch einen weiteren, äußerst schicken Wohnsitz, die Unterkunft der kaiserlichen Frauen, der den Namen der Kaiserwitwe Livia trug. Und es gab die Flaminia – die offizielle Residenz des momentanen Flamen Dialis –, von außen ein ganz gewöhnliches Haus, wenn auch beeinträchtigt durch seltsame rituelle Regeln; so durfte zum Beispiel niemals Feuer aus dem Haus getragen werden, außer zu religiösen Zwecken.
    Plötzlich schlang sich Anacrites eine Toga um die dünnen Schultern. Aelianus tat es ihm nach. Dann bogen sie in die Flaminia ein, und die Prätorianer trugen mich hinterher, auf Schulterhöhe, wie einen Festbraten.
    Die Szene, die sich vor uns auftat, war merkwürdig. Wir wurden sofort zum Flamen und seiner stattlichen Frau geführt. Ich wurde auf die Füße gestellt, umringt von den Prätorianern. Diverse weiß gekleidete Dienstboten standen respektvoll an den Wänden. Der Geruch von Duftöl stieg als Opfer an die Götter aus einer Patera auf.
    Der Flamen trug eine handgewebte Robe, identisch mit der, in der ich Numentinus hatte rumstolzieren sehen, dazu die Mütze mit dem Olivenzweig. Er hatte sein Opfermesser und den langen Stock in der Hand, mit dem er die Leute auf Abstand hielt. Auch seine Frau trug ihr Messer. Sie war mit einem dicken Gewand in altmodischem Stil bekleidet, und ihr Haar war noch kunstvoller hochgesteckt als das der Vestalinnen. Passend zu seiner Lederkappe, trug sie eine konische purpurfarbene, bedeckt mit einem Schleier. Sie unterlag, wie ich wusste, fast genauso vielen Einschränkungen wie

Weitere Kostenlose Bücher