Eine Jungfrau Zu Viel
wissenschaftlich für den Verkauf. Wir werden die Sache voll durchorganisieren.« Nichts an meinem Onkel war wissenschaftlich oder organisiert, außer wenn er zum Angeln ging. Seine Notiztafeln mit weitschweifigen Aufzeichnungen über geangelte Fische, Ort und Wetter, Art, Größe, Gesundheitszustand und die verwendeten Köder nahmen ein ganzes Bord im Küchenschrank ein und zwangen Phoebe, ihr Eingemachtes hinter den Putzeimern aufzubewahren. Davon abgesehen, konnte Fabius kaum selbst seine Stiefel anziehen; nach dem Ersten kam er ins Stocken und musste überlegen, was als Nächstes dran war.
Fabius hatte nun mehr als ein Dutzend Hennen in einem dunklen Stall untergebracht, wo sie einzeln gehalten wurden, manche in Futterkrippen entlang der Wand, andere in speziellen Korbbehältern mit je einem Loch vorne und hinten für Schnäbel und Schwänze. Sie lagen auf weichem Stroh, waren aber so eingepackt, dass sie sich nicht bewegen und Energie verbrauchen konnten. Das unglückliche Federvieh wurde mit Leinsamen oder Gerstenschrot voll gestopft, mit Wasser zu weichen Kügelchen geknetet. Ich erfuhr, dass es kaum vier Wochen dauerte, sie auf eine gute, vermarktbare Größe zu bringen. »Ist diese Hühnerhaltung nicht reichlich grausam, Fabius?«
»Red doch nicht wie ein verweichlichter Städter.«
»Gut, betrachten wir es von der praktischen Seite. Sind sie genauso gut im Geschmack wie frei laufende Hühner?«
»Die Leute kümmern sich nicht um den Geschmack, weißt du. Sie schauen nur nach der Größe.«
Dieser Scharfsinn muss der Grund sein, warum die Römer so große Stücke auf ihre ländlichen Vorfahren halten. Was meine betraf, stammte ich von echten Landwirtschaftsmeistern ab. Kein Wunder, dass Mama sich wie der stinkende alte Romulus in das Stadtleben geflüchtet hatte.
Mit dem ständigen Gegacker im Hintergrund, legte mir Fabius seine Finanzpläne erbarmungslos dar, was ihn zu dem Schluss kommen ließ, dass er in zwei Jahren Millionär sein würde. Nach einer Stunde von diesem Stuss verlor ich die Geduld. »Das hab ich alles schon mal gehört, Fabius. Wenn jeder Geldscheffelplan dieser Familie funktioniert hätte, wären wir bei den Bankiers auf dem Forum längst Legende. Stattdessen geht es von Jahr zu Jahr weiter bergab mit uns – und unser Ruf wird immer schlechter.«
»Das Problem mit dir ist«, sagte Fabius auf seine nervtötend gewichtige Weise, »dass du nie bereit bist, ein Risiko einzugehen.«
Ich hätte ihm sagen können, dass mein Leben auf Risiken basierte, aber es schien mir grausam, da seines doch in Hoffnungslosigkeit erstickte.
Ich war immer gern auf dem Land. Es erinnerte mich daran, warum meine Mutter so begierig darauf gewesen war, wegzukommen, dass sie sogar die Ehe mit Papa in Kauf genommen hatte. Und es ermöglichte mir stets, als wahrer Römer heimzukehren, überzeugt von meiner eigenen Überlegenheit.
XXII
Der Tag vor den Nonen des Juni: das Fest des Herkules Magno Custodi . Ein Wahltag.
Zuerst sah es so aus, als würde Laelius Scaurus nicht auftauchen. Das ist die übliche Plackerei in der Welt der Ermittler. Ich hatte mein halbes Leben damit verbracht, auf Zeitverschwender zu warten, die keine Anstalten machten, ihre Verabredungen einzuhalten.
Jetzt wurde das Elend noch durch Helenas Spott vergrößert. »Meldina hat dich reingelegt! Sie sah so begehrenswert aus, wie sie dich angrinste, als würde sie aus ihrer Tunika platzen. So ein bezauberndes Mädchen kann doch nicht lügen, oder?«
Ich ging darauf ein. »Offenbar ist sie so damit beschäftigt, die Fruchtbarkeitsgöttin zu spielen, dass sie keine Zeit hat, einfache Nachrichten weiterzugeben.«
»Oder Scaurus wird noch in Rom festgehalten«, räumte Helena ein.
»Ach, ich glaube, der ist längst wieder da. Der betrachtet mich nur als störenden Außenseiter, genau wie der Rest seiner Familie«, sagte ich.
»Was natürlich stimmt.«
Da ich sowohl seine farblose Frau als auch seine üppige Freundin gesehen hatte, nahm ich an, dass Scaurus seinen Besuch in der Stadt abkürzen würde. In seiner Lage erwarteten ihn größere Freuden auf dem Land. Aber das behielt ich für mich. Ich bin ja nicht dumm.
Ich blieb noch ein bisschen da, redete mit Phoebe darüber, ob sie einen meiner jungen Neffen aufnehmen könne, aus Gallas Brut, der unbedingt aus Rom wegmusste, bevor er auf der Straße verkam. Mama saß auf dem Karren, wollte los, spitzte die Lippen und verkündete, Galla werde nie zulassen, dass Gaius von zu Hause
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