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Eine Jungfrau Zu Viel

Titel: Eine Jungfrau Zu Viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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»Alle Achtung! Ihre Tante«, sagte ich bewundernd, »scheint mehr als fähig zu sein, wenn sie sich das alles ausgedacht hat.« Sein Blick war unbestimmt. Mir gefiel ihre Idee. »Um einen männlichen Ratgeber zu bitten, ist legal, vernünftig und angemessen. Wenn der Fall vor den Kaiser kommt, muss er in ihrem Interesse entscheiden, da ihm als Pontifex Maximus die Vestalinnen direkt unterstellt sind. Einer pensionierten Vestalin muss er großen Respekt entgegenbringen. Und als Pontifex steht er im Rang auch höher als Ihr Vater.« Die Sache konnte nur einen möglichen Haken haben. »Sie glauben doch nicht, dass der Kaiser sich selbst zum Vormund Ihrer Tante einsetzen wird?« Man würde das als angemessen betrachten, allerdings würde es Laelius Scaurus nicht helfen, sich der Kontrolle seines Vaters zu entziehen – und es konnte bedeuten, dass die Tante einen Vormund bekam, der erwartete, auch ihr Erbe zu sein. Viele taten das. Und Vespasian war bekanntermaßen habgierig.
    Scaurus sah aus, als ginge ihm das alles viel zu schnell. »Wenn es geschieht, geschieht es.« Er ließ einen Hauch von Humor erkennen. »Der Kaiser könnte entdecken, dass meine Tante einen ganz schön auf Trab halten kann.«
    »Ehemalige Vestalinnen neigen dazu, energisch zu sein«, meinte ich mitfühlend. Wieder runzelte er unbehaglich die Stirn. Die Unterhaltung mit ihm war, als wollte man Kochöl vom Tisch wischen. Jedes Mal, wenn ich dachte, ich wäre vorangekommen, trocknete die Oberfläche aus, und derselbe alte Ölfilm war wieder da. »Jagt sie Ihnen etwa Angst ein?« Sah ganz danach aus. »Sie sind ein erwachsener Mann. Es kann doch nicht so viel Arbeit machen oder Ängste hervorrufen, den Besitz der Dame zu verwalten.«
    »Meine Tante kann sehr heftig reagieren«, sagte Scaurus hölzern. Ich nahm an, dass sie in manchem den Affen aus ihm machte. Aber das war oft der Fall, wenn eine Patrizierin einer armen Null die Vormundschaft übertrug und dann erwartete, in allem ihren Willen durchzusetzen.
    »Kopf hoch. Terentia Paulla muss Sie sehr schätzen. Hören Sie, ich hoffe, Sie nehmen mir die Frage nicht übel, aber wenn Sie nach wie vor der Gewalt Ihres Vaters unterstehen, können Sie keinen Landbesitz haben. Heißt das, der Hof, auf dem Sie und die entzückende Meldina leben, gehört jemand anderem?«
    »Meiner Tante«, bestätigte er, wie ich mir schon gedacht hatte. Hier entfaltete sich ein Muster. Wenn ich das richtig erkannte, bestand zwischen der Exjungfrau und dem Exflamen eine hitzige Fehde, und sie benutzten den armen Scaurus als eine ihrer Waffen. Für zwei ungeheuer starke Charaktere war er nur ein biegsames Schilfrohr.
    Was für eine schreckliche Familie. Gegen die wirkte meine ja fast normal.
    Mir fiel ein, dass ich mich vor allem für das Kind interessieren sollte. Ich war bereits überzeugt, dass auch die kleine Gaia von ihren Eltern, Scaurus und Caecilia, bei ihrem eigenen Kampf, die Pläne des alten Mannes zu durchkreuzen, benutzt wurde. Wie passte die Tante da rein?
    »Ich nehme an, Terentia Paulla ist entzückt, dass Ihre Tochter – so das Glück es will – im Haus der Vestalinnen in ihre Fußstapfen tritt?«
    Ein seltsamer Ausdruck huschte über das Gesicht des Vaters. »Genau genommen ist das die einzige Sache, in der meine liebe Tante und ich unterschiedlicher Meinung sind. Ich halte es für eine Ehre – und eine, die in der Tradition meiner Familie steht –, aber meine Tante ist aus irgendeinem Grund strikt dagegen.« Er sah mich direkt an.
    »Terentia ist dagegen? Warum?«
    »Das ist eine lange Geschichte«, erwiderte Scaurus. Bisher war er mir wie Teig vorgekommen, den jeder kneten konnte, doch er war genauso schlüpfrig wie jedes hinterhältige Schwein. »Und es ist eine Familienangelegenheit, wenn Sie verzeihen. Soviel ich weiß, wird der Pontifex Maximus die Lotterie in drei Tagen abhalten, dann wird die Sache endgültig geregelt sein. War das alles, was Sie von mir wollten, Falco? Ich habe Meldina versprochen, heute nicht so lange fortzubleiben.«
    »Bist du endlich fertig, Marcus?«, brüllte Mama vom Karren. Also nahm ich den Wink hin. Wir verabschiedeten uns von Scaurus. Er ritt wieder nach Süden zu seiner knackigen Gefährtin; wir zuckelten nach Norden auf Rom zu.
    Ich gab Helena einen kurzen Bericht über das Gespräch. Ihre Reaktion war vernichtend. »Mögen die Götter uns vor der Einmischung liebevoller Tanten schützen!«
    »Deine Großmutter hat diese Jungfrau richtig eingeschätzt«, stimmte ich

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