Eine Jungfrau Zu Viel
nicht drauf.«
»Ich erwarte aber, dass du es versuchst.«
»Wenn du deine Sorgen mit mir teilen willst, wirst du schon von allein damit rausrücken.«
»Und wenn ich nun möchte, dass du die Geschichte aus mir herausquetschst?«
»Kinderkram. Dazu bist du viel zu ernst«, verkündete ich scheinheilig. »Ich liebe dich, weil wir zwei uns nie zu solchen Spielchen herablassen.«
»Didius Falco, du bist ein absolutes Schwein.«
Ich lächelte sie zärtlich an. Was immer sie auch tat, ich vertraute ihr. Denn wenn sie mich wirklich täuschen wollte, hätte ich keine Möglichkeit gehabt, das zu merken; Helena Justina war viel zu gewitzt für mich.
Ich hatte meine Arbeit, eine im Allgemeinen sehr einsame Tätigkeit. Sie half mir, wenn es ihr richtig erschien – und auch manchmal, wenn es so gefährlich war, dass ich um ihr Leben fürchtete –, aber sie verdiente eigene Anreize. Selbst als wir noch nicht zusammenlebten, hatte ich stets jede Chance ergriffen, sie an entlegene Ort zu entführen, wo wir uns ineinander verlieren konnten …
Frühe Stadien unserer Verliebtheit hatten auf dem Land stattgefunden. Also gönnte ich mir das nostalgische Vergnügen, mich mit ihr auf dem Boden herumzuwälzen, während uns harte Gemüseknollen in den Rücken stachen. Doch Nostalgie ist etwas für die Jugend.
»Aua! Jupiter, geben wir uns doch damit zufrieden, dass wir zu Hause ein Bett haben. Spaß ist Spaß – aber inzwischen sind wir erwachsen.«
Helena Justina betrachtete mich liebevoll. »Didius Falco, du wirst nie erwachsen werden!«
Nux, am Karren festgebunden, begann zu heulen.
Nun ja, es wurde doch reichlich spät, bis wir das Gehöft fanden. Ein hübscher landwirtschaftlicher Kleinbetrieb, offenbar gut geführt, aber kaum groß genug, die Menschen zu ernähren, die dort lebten. Sie bauten Sommersalat an, im Obstgarten pickten einige Hühner, Enten und Gänse herum, und es gab auch ein paar Kühe und ein großes freundliches Schwein. Zwei Gänse watschelten uns zu unserer Begrüßung entgegen; ich wäre auch ohne sie ausgekommen.
Die Hofhunde hatten Nux sofort gerochen. Unsere Hündin anzubinden, hätte sie nur zum Opfertier gemacht. Stattdessen band ich die Hofhunde an. Dann nahm ich Nux auf den Arm, um ihre Hundekeuschheit zu bewahren, wie sehr sie sich auch dagegen wehrte. Helena meinte, das sei eine gute Übung für die Zeit, wenn unsere Tochter groß war.
Der Hof schien als Altenteil für einen römischen Intellektuellen gedacht zu sein, nachdem das Patronat auslief. Von hier konnte er dann idyllische Episteln an seine Freunde in der Stadt schreiben, das einfache Leben und seine aus zerlaufendem Käse und einem Salatblatt bestehenden Mahlzeiten preisen (während er hoffte, ein zivilisierter Besucher würde ihm Tratsch, Erinnerungen an schöne Frauen und eine anständige Flasche Wein bringen). Wenn Laelius Scaurus jedoch erst, wie ich annahm, in den Dreißigern war, schien es ein bisschen zu früh, das Stadtleben aufzugeben.
Wir fanden ein krummrückiges altes Faktotum, das eine Hacke herumschob. Der Mann war offenbar froh, uns zu sehen, brachte aber kein verständliches Wort heraus. Meine gesamten Vorurteile gegen das Landleben wurden wieder mal bestätigt. Zuerst meine bekloppten Onkel und jetzt dieser ländliche Sklave, der seinen Verstand auf ein Bord packte, bevor er zur Tür hinausging. Dann besserte sich die Lage. Ein Mädchen erschien.
»Sieh da!« Ich grinste Helena an. »Von jetzt an komme ich allein zurecht, falls du dich lieber auf dem Maultierkarren ausruhen willst.«
»Vergiss es!«, knurrte sie.
Das Bauernmädchen hatte ein rundes Gesicht, einen großen Mund und niedliche Grübchen. Ihr Lächeln war bereitwillig, ihre Figur üppig, ihr Wesen freundlich und offen. Ihre Augen waren dunkel, und ihr Haar war mit einem blauen Band hochgebunden. Sie trug ein naturfarbenes Gewand mit einigen Rissen am Saum, durch die ihre gebräunte Haut gut zu sehen war. Wo um alles in der Welt hatte Scaurus die nur aufgetrieben, bei seinem strengen Leben als Sohn eines Flamen?
»Er ist in Rom.«
»Kann sich wohl nicht vom Forum trennen?«, fragte ich.
»Oh, er ist mal hier, mal dort. Letztes Mal hat er heimlich seine Schwester besucht. Diesmal bekam er einen Brief von seiner Frau.« Zumindest wusste sie von der Ehefrau. Es hätte mir gar nicht gefallen, mir diese strahlende junge Dame als das Opfer bösartiger Täuschung vorzustellen. »Er hätte schon gestern fahren können, aber er hat lieber noch
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