Eine Jungfrau Zu Viel
Zeit zu Zeit. Genauso oft, wie viele andere Kinder ihre Väter sehen.«
»Wenn ihre Eltern geschieden sind, meinen Sie? Wie ist es mit Ihnen? Vermissen Sie ihn?«
»Ich habe keine Wahl.« Sie klang nicht übermäßig traurig.
»Hatten Sie bei Ihrer Eheschließung die Wahl?«
»Ich hatte keine Einwände. Zwischen unseren Familien bestanden alte Verbindungen. Er war ein anständiger Mann.«
»Aber ich entnehme daraus, dass Sie nicht leidenschaftlich ineinander verliebt waren?«
Caecilia lächelte schwach. Es war kein Affront, doch sie schien Leidenschaft für eine seltsame Marotte zu halten. Insgeheim dankte ich den Göttern, dass nicht alle Patriziermädchen so erzogen wurden. Zumindest schien Caecilia nicht zu wissen, was ihr entging.
Viele römische Frauen aus »guter« Familie werden mit Männern verheiratet, die sie kaum kennen. Die meisten gebären ihnen Kinder, da das der Zweck der Übung ist. Manche werden danach sich selbst überlassen. Viele begrüßen diese Freiheit. Sie brauchen keine tiefe Zuneigung zu ihren Ehemännern vorzutäuschen und können Männern fast vollständig aus dem Weg gehen. Sie bekommen Status ohne gefühlsmäßige Bindung. So lange annehmbare finanzielle Vereinbarungen getroffen werden, wird von ihnen nur verlangt, dass sie sich keinen Liebhaber zulegen. Zumindest sollten sie ihre Liebhaber nicht öffentlich zur Schau stellen.
Ich glaubte nicht, dass Caecilia Paeta einen Liebhaber hatte. Aber wie will man so was mit Sicherheit wissen?
Immer noch unter dem Druck, Gaia zu finden, versuchte ich einen anderen Ansatz. »Hat die Tante Ihres Mannes, Terentia Paulla, viel mit Gaia zu tun?«
Caecilias Blick verschleierte sich wieder. Ich fragte mich, ob dieses Thema noch heikler war, als ich bisher vermutet hatte. »Nur seit sie ihr Amt als Vestalin abgegeben hat, natürlich. Das war vor anderthalb Jahren. Sie hat Gaia sehr gern.« Das verstärkte meinen Eindruck, dass Gaia Laelia im endlosen Tauziehen ihrer Familie benutzt wurde.
»Und doch ist sie dagegen, dass Gaia Vestalin wird?«
Ausnahmsweise zeigte Caecilia mal natürliche Bissigkeit. »Vielleicht will sie alle Ehre für sich allein!«
»Haben Sie ihr gesagt, dass Gaia vermisst wird?« Die Frage schien Caecilia unangenehm zu sein. Ich ließ nicht nach. »Wenn Gaia ihre Tante mag und weggelaufen ist, könnte es sein, dass sie sich in Terentias Haus befindet.«
»Oh, das hätten wir erfahren.«
»Wo wohnt Terentia?«
»Das Haus ihres Mannes liegt zwanzig Meilen von Rom entfernt.« Zu weit für ein Kind, den Weg allein zu schaffen – obwohl Ausreißer oft erstaunliche Entfernungen zurücklegen. »Ich brauche die Adresse.«
Caecilia wurde immer nervöser. »Das ist nicht nötig. Gaia wusste, dass Terentia momentan nicht zu Hause ist.«
»Wieso? Ist sie in Rom?«
»Sie kommt manchmal in die Stadt …«
Ich verstand nicht, warum Caecilia so ausweichend war. »Hören Sie, ich überlege doch nur, an wen Gaia sich wenden würde, falls sie ausgerissen ist.«
Caecilia sah immer noch bedrückt aus. Sie hatte einen Spielzeugbullen von Gaias Bauernhof aufgehoben und drehte ihn zwanghaft zwischen den Fingern. Ich wusste, dass sie mich über etwas belog, ließ sie aber in dem Glauben, es geschluckt zu haben. »Haben Sie Ihrem Mann mitgeteilt, dass Gaia vermisst wird?«
»Mir ist nicht erlaubt, mit ihm in Kontakt zu treten.«
»Ach, kommen Sie! Die Angelegenheit ist nicht nur sehr wichtig, sondern ich weiß auch, dass Sie ihm erst diese Woche geschrieben haben, seine Tante wünsche ihn zu sehen.« Caecilias Kopf drehte sich abrupt zu mir herum. »Ich habe Ihren Mann getroffen. Er hat es mir selbst erzählt.«
»Was hat er Ihnen erzählt?«, japste Caecilia, ein wenig zu besorgt. Befürchtete sie, er hätte ihr Verhalten in der Ehe kritisiert?
»Nichts, was Sie beunruhigen muss. Wir haben hauptsächlich über die Vormundschaftssache geredet.«
Sie schien entsetzt zu sein. »Darüber kann ich nicht sprechen.«
Da ich die lächerliche Geschichte, die mir Scaurus aufgebunden hatte, für Schwachsinn hielt, war ich verblüfft. Gab es noch eine andere Vormundschaftssache, die nichts mit der ehemaligen Vestalin zu tun hatte? Jetzt wurde ich grob. »Laelius Scaurus war diese Woche in der Stadt, um seine Tante und andere Familienmitglieder zu treffen. Um was ging es da wirklich?«
Caecilia schüttelte äußerst nachdrücklich den Kopf. »Das war nur eine Familienkonferenz.«
»Ging es um Gaia?«
»Nein, überhaupt nicht.«
»Macht
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