Eine Jungfrau Zu Viel
war eine Mutter, flattrig in gewisser Weise, aber sie schreckte nicht davor zurück, ihr Kind zu beschützen. »Ich war nervös deswegen. Ich habe es in Betracht gezogen. Aber nein«, sagte sie langsam. »Ich weiß, dass es geschieht, besonders mit jungen Sklaven. Doch als ich darüber nachdachte, war ich mir sicher, dass Onkel Tiberius kein Interesse an Kindern hat.« Sie hielt inne. Dann brachte sie unter Schwierigkeiten heraus: »In der Tiefe meines Herzens fürchtete ich mich davor, dass es später, wenn Gaia größer wurde, unangenehm werden könnte. Aber er ist tot, und so brauchen wir uns keine Sorgen mehr zu machen, nicht wahr?«, schloss sie mit Erleichterung.
»Gaia ist also bestimmt nicht wegen Onkel Tiberius ausgerissen?«
»Nein. Sie hat natürlich mitgekriegt, dass er tot ist. Falco, ist das alles, was Sie von mir wissen wollen?«
Ich schätzte, ich hatte sie genug beansprucht. Ich hatte mehr Fortschritte gemacht, als ich erwartet hatte, wenn ich auch die volle Bedeutung einiger ihrer Antworten noch nicht durchschaute. Das Gespräch musste für Caecilia sehr quälend gewesen sein. Sie stand bestimmt unter großen Druck von Numentinus, mir keine Familienangelegenheiten preiszugeben. Wir hatten mehr Geheimnisse gestreift, als dem alten Mann lieb sein würde.
»Ja, vielen Dank. Darf ich einen Vorschlag machen? Scaurus sollte von Gaias Verschwinden erfahren. Lassen Sie ihm noch heute eine Nachricht zukommen. Und was Onkel Tiberius’ Fummelei angeht, belasten Sie sich damit nicht allein. Sprechen Sie mit jemandem darüber.«
Sie gestattete sich, dankbar auszusehen. Als sie aus dem Zimmer floh, hauchte sie: »Das habe ich bereits.«
Sie war verschwunden, bevor ich fragen konnte, wer ihre Vertraute war.
XXXIII
Da ich schon mal hier war, durchsuchte ich gleich auch noch die restlichen Schlafzimmer an diesem Korridor. Eine Sklavin wischte den Boden auf, und da sich mein von dem alten Mann ausgesuchter Bewacher als besonders nutzlos erwies, ließ die Frau ihren Eimer stehen und erzählte mir, wem welches Zimmer gehörte; alle waren Familienmitglieder. Es ist immer unterhaltsam, die Schränke und Schlafräume anderer Leute zu durchstöbern, vor allem, wenn sie nicht vorgewarnt sind. Einbrecher haben bestimmt viel zu lachen. Aber meine Lippen sind natürlich versiegelt. Ich hatte dem Exflamen Vertraulichkeit zugesichert, und er war ein Mann, den man besser nicht verärgerte.
Caecilia und das Paar hatten große, recht anständig eingerichtete Zimmer. Caecilias war besonders aufgeräumt, als würde sie hier viel Zeit allein verbringen. Um sich vor der Familie zu verstecken? Na ja, vielleicht hatte sie eine Dienerin mit starkem Ordnungssinn. Der Pomonalis und seine Frau besaßen mehr Zeug; die an der Wand aufgestapelten Kisten ließen darauf schließen, dass sie nach dem erzwungenen Umzug immer noch nicht alles ausgepackt hatten. Ariminius benutzte eine grausige Haarpomade. Ich schmierte mir etwas davon auf die Hand und hatte große Schwierigkeiten, den Gestank hinterher wieder loszuwerden. Es roch nach Krokus, aber so penetrant, dass es auch Knoblauch hätte sein können.
Ich musste um ein Brecheisen bitten, damit ich die verschlossenen Kisten aufbekam, wenn auch nur, um meine Gründlichkeit zu beweisen. Da mir Gaia erzählt hatte, ihre Familie wolle sie umbringen, war das eine nervenaufreibende Aufgabe. Konnte ja sein, dass ich auf eine versteckte Leiche stieß.
Bisher fand ich die Situation ziemlich scheußlich, konnte Gaias Geschichte aber immer noch nicht recht glauben. In dieser Familie herrschte ständig Aufruhr, doch es gab keine Beweise wirklicher Böswilligkeit. Ich schickte meinen Wächter nach dem Kindermädchen. Der Mann entfernte sich widerstrebend. »Der hat auch keine Freude am Leben«, meinte ich grinsend zu der dicken Frau mit dem Schwamm. »Bin ich hier mit allem durch?«
»Nur noch ein Zimmer, hinter der Ecke.« Ach? Wem gehörte das wohl?
Sie watschelte vor mir her und zeigte mir bereitwillig das zusätzliche Schlafzimmer. Es war so groß wie die anderen, aber etwas besser ausgestattet. Neben dem hohen Bett lagen ägyptische Teppiche statt der einfachen italienischen Wollläufer. Weibliche Kleidung war ordentlich zusammengefaltet in einer Truhe verstaut, doch die Schränke waren leer. Ein Kamm mit ein paar grauen Haaren drin lag auf einem Bord neben einem grünen Glasalabastron, das ein angenehmeres Parfum enthielt als die Krokusschmiere, deren Geruch immer noch an mir hing.
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