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Eine Jungfrau Zu Viel

Titel: Eine Jungfrau Zu Viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Ich schaute die Sklavin an. Sie schaute zurück und spitzte die Lippen. »Wir hatten Besucher, die hier zu übernachten pflegten«, verkündete sie mit vielsagendem Blick.
    »Das klingt etwas eigentümlich«, gab ich zurück. Die Frau war eine Nummer für sich! Sie nickte und bewunderte wohl ihre Schauspielkunst. »Jemand hat dir befohlen, genau das zu sagen.«
    »Sie wohnten außerhalb von Rom«, fügte sie hinzu, als wäre es ihr gerade wieder eingefallen. »Einer von ihnen ist gestorben, und sie kommen nicht mehr her.«
    »Die Namen dieser mysteriösen Besucher lauteten nicht zufällig Terentia und Tiberius?« Sie nickte langsam. »Und du sollst mit mir nicht darüber reden?« Noch ein Nicken. Ich sah mich im Zimmer um. »Weißt du, ich glaube, jemand war noch vor kurzem hier!« Jemand, der das Haus eilig verlassen hatte, in einem Tragestuhl, als ich gerade hier eintraf, nahm ich an. Warum war es den Laelii so wichtig, mir zu verheimlichen, dass Terentia Paulla bis heute ihr Gast gewesen war?
    Leider war das das Ende der Pantomime. Ich hatte gehofft, die Sklavin würde noch weiterreden, aber als ich sie fragte, schüttelte sie den Kopf. Trotzdem kann ich mich für einen anonymen Tipp dankbar zeigen (und da die Hinweise hier so spärlich gesät waren, war der Griff in meine Geldbörse großzügiger als gewöhnlich). Aber das Problem mit solchen versteckten Hinweisen ist, dass man nie so recht weiß, was sie bedeuten.
    »Hast du eine Ahnung, wo das kleine Mädchen sein könnte?«, fragte ich verschwörerisch.
    »Ich würd’s Ihnen sagen, wenn ich es wüsste, Herr.«
    »War sie hier mit jemandem besonders gut befreundet?«
    »Nein. Sie hat noch nie Freunde gehabt, soviel ich weiß. Na ja«, höhnte meine neue Quelle, »nicht viele würden den Ansprüchen dieser Leute hier genügen, nicht wahr?«
    Der Sklave kam zurück, begleitet von einem Mädchen, das Gaias Kinderfrau sein musste.
    »Ich wundere mich, dass man Sie eingelassen hat!«, schnaubte die Bodenputzerin und trottete zurück zu ihrer Arbeit.

XXXIV
     
     
    Gaias Kindermädchen bot einen ganz besonderen Anblick – eine kleine, stämmige, dunkelhäutige, haarige Sklavin aus irgendeiner zweifelhaften Gegend im Osten. Sie sah aus, als würde sie von behosten Bogenschützen abstammen, die ohne Sattel ritten und hinterhältig nach hinten schossen. Ja, auch wenn ich versuchte, nicht zu unfreundlich zu sein, wirkten ihre Gesichtszüge, als wäre sie selbst die Tochter eines Pferdes.
    Ihr Aussehen widersprach ihrem verschüchterten Wesen. Als Barbarin war sie eine Null. Ohne es erlebt zu haben, vermochte ich mir genau vorzustellen, wie eine Sechsjährige mit Mumm in den Knochen diese Schönheit hier herumschubsen konnte. Sie in der Speisekammer einzusperren, wäre gar nicht nötig gewesen. Ich wettete, Gaia Laelia hätte dem Mädelchen befehlen können, sechs Stunden reglos auf einer Distel zu hocken, und das arme Ding wäre zu verängstigt gewesen, sich dem zu widersetzen.
    »Ich weiß nichts!« Ihr Akzent war so dick, dass die Kinder in meiner Familie ihn wochenlang begeistert nachgemacht hätten und jedes Mal wieder in hysterisches Gelächter ausgebrochen wären. Selbst ohne Publikum konnte Gaia sie bestimmt grausam nachahmen. Und das Kindermädchen damit zum Weinen bringen.
    Sie war verprügelt worden, was man an den frischen Blutergüssen sah. Nachdem Gaia gestern vermisst worden war, hatten bestimmt mehrere Leute versucht aus dem Mädchen Antworten herauszuquetschen, und als es keine geben konnte, hatte es von allen Prügel bekommen. Das Kindermädchen dachte, es sei hergebracht worden, um sich weitere Schläge abzuholen. »Setz dich da auf die Truhe.«
    Es dauerte eine Weile, bis sie glaubte, dass ich es ehrlich meinte. Vermutlich war es das erste Mal, dass sie in Anwesenheit eines frei Geborenen saß. Ich machte mir keine Illusionen; wahrscheinlich verachtete sie mich dafür.
    Wir befanden uns immer noch in dem so genannten Gästezimmer. Ich beschäftigte mich damit, unter das Bett zu schauen, es sogar von der Wand abzurücken und die dahinter angehäuften Staubflocken zu betrachten.
    »Ich suche nach Gaia. Ihr könnte etwas sehr Schlimmes zugestoßen sein, und sie muss schnell gefunden werden. Verstehst du mich?« Ich senkte die Stimme. »Ich werde dich nicht schlagen, wenn du meine Fragen rasch und wahrheitsgemäß beantwortest.«
    Das Kindermädchen starrte mich trotzig mit mürrischem Blick an. Jede Vertrauenswürdigkeit war schon vor langer Zeit aus

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