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Eine Katze hinter den Kulissen

Titel: Eine Katze hinter den Kulissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Adamson
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ja
wohl auch schaffen«, dachte ich laut.
    Ich plauderte noch eine Dreiviertelstunde mit Betty
Ann, bis sie sich wieder ihren Erinnerungen überließ und ich
alles, was sie über unseren Helden wußte, erfahren hatte.
Ich fand das alles sehr aufschlußreich.
    Ich fuhr mit dem scheppernden Aufzug nach unten und
dachte über all das nach, was ich in Erfahrung gebracht hatte. Ich
mochte Betty Ann. Ich fand ihre Gradlinigkeit sehr sympathisch. Ich
hoffte sehr, daß sie Peter Dobrynin nicht umgebracht hatte.
    12
    Hier hatte alles angefangen.
    Ich war allein in Mrs. Timmermans Wohnung. Ich
wußte nicht genau, wohin die Familie gefahren war. Ich hatte
nicht sehr aufmerksam zugehört, als sie mich angerufen und gefragt
hatte, ob ich kommen könne. Und natürlich war ich nicht
völlig allein. Bei mir war der Anlaß meines Besuchs: Belle.
    Belle ist eine weiße Manx-Katze. Und wie ich
sie so durch die Wohnung hoppeln sah, war ich versucht, der komischen
Theorie Glauben zu schenken, derzufolge es irgendwo in der Urzeit - vor
abermillionen Jahren - eine biologische Verbindung zwischen Manx-Katzen
und Kaninchen gegeben haben soll.
    »Das ist alles deine Schuld,
Schätzchen«, schimpfte ich mit ihr, während ich in der
Küche ihr Fressen zurechtmachte. »Deinetwegen habe ich
schließlich damit angegeben, daß ich Karten für dieses
verdammte Ballett besorgen könnte.«
    Aber sie war sich keiner Schuld bewußt. Und
fressen wollte sie jetzt auch nicht. Statt dessen zeigte sie mir,
daß sie jetzt ihr Lieblingsspiel spielen wollte:
Kamikazesprünge vom Küchentisch, während derer sie nach
Tante Alices Nylonstrümpfen schnappte.
    Obwohl ich sie ab und zu ausschimpfte, mochte ich
Belle doch sehr gern, auch wenn ihr Verhalten mir gegenüber
abwechselnd besonders freundlich und besonders feindselig war. Aber das
konnte auch damit zusammenhängen, daß Belle etwas
mißverstanden hatte: Vielleicht dachte sie, ich sei eines der
Kinder der Timmermans, nur halt schon erwachsen.
    »Okay, Belle«, verkündete ich und
wich ihren Pranken aus. »Wenn du nicht fressen willst, leiste ich
dir hier auch keine Gesellschaft.«
    Ich verließ die Küche. Aus dem Augenwinkel
sah ich, wie Belle sich auf dem Küchentisch positionierte, bereit
für einen weiteren Sprung. Zum ersten Mal bemerkte ich, daß
sie nicht völlig schwanzlos war. Sie hatte einen winzigen
Schwanzstummel, aber immerhin einen Schwanz.
    »Irgendwann werde ich dich mit Bushy bekannt
machen«, sagte ich. »Der hat nämlich den Rest von
deinem Schwanz, weißt du.«
    Als ich die Wohnung verließ, blieb ich stehen,
um ein gerahmtes Foto zu betrachten, das von all den Bildern, die auf
dem Klavier standen, das auffälligste war. Es zeigte die
Timmermans als Jungverheiratete, Arm in Arm, beide in sommerliches
Weiß gekleidet, vor einem mit Stuck verzierten Gästehaus in
einem namenlosen Ferienort. Unerklärlicherweise berührte mich
die jugendliche Frische ihrer Gesichter. Und ich verglich sie mit dem
harten, hungrigen Ausdruck auf dem Gesicht von Peter Dobrynin.
Plötzlich fühlte ich mich ganz schwach. Ich setzte mich auf
das Flickensofa und legte mir eines der kleinen Kissen auf den
Schoß.
    Ich wußte, daß ich Lucias Anwalt bald
Bericht über die Fortschritte bei meinen Ermittlungen erstatten
mußte. Und ich hatte Mr. Brodsky ziemlich wenig zu erzählen.
Ich kam an Peter Dobrynin nicht ran, er gehörte nicht zu meinem
Erfahrungshorizont. Alle seine Freunde hatten ihn bewundert, ihn
geliebt und am Ende abgelehnt, ihm zu helfen. Wahrscheinlich hatten sie
alle eine sexuelle Beziehung mit ihm gehabt. Aber wenn Sex eines der
Mordmotive war, könnte jeder von ihnen ihn umgebracht haben.
    Und was bedeutete das? Wenn Dobrynin wirklich so
wahl- und verantwortungslos mit allen geschlafen hatte, wie sie
behaupteten, dann würde die Liste der Verdächtigen mehrere
Seiten eines Notizblocks füllen. Und eines der kleinen Steinchen
in dem »großartigen Mosaik«, wie unser
Bürgermeister New York bezeichnet hat, könnte den Abzug
gedrückt haben.
    Was die drei verlorenen Jahre betraf, in denen seine
engsten Freunde ihn nicht hatten finden können oder wollen, so
hatte er vielleicht aus Rache seine Spuren verwischt. Wenn er wirklich
ein richtiger Obdachloser geworden war und von einem Kumpan aus einem
lächerlichen Grund - zum Beispiel wegen einer Flasche Fusel -
umgebracht worden war, wie Betty Ann Ellenville gemutmaßt hatte,
dann war es sehr zweifelhaft, daß der Mörder jemals gefunden
werden würde.

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