Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eine Katze hinter den Kulissen

Titel: Eine Katze hinter den Kulissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Adamson
Vom Netzwerk:
das nie verkraftet hat und immer verzweifelter
geworden ist - und rachsüchtiger. Daß sie Mr. Dobrynin in
das Theater gelockt und ihn dort umgebracht hat.
    Angesichts dessen und der Tatsache, daß die
Gerichte in der Regel strenge Urteile fällen, wenn die Angeklagten
wohlhabend und einflußreich sind, wird das Gericht auf
vorsätzlichen Mord entscheiden.«
    Er sprach das Wort »vorsätzlich« so
aus, als ob er es einer fremden, unanständigen Sprache entliehen
hätte.
    »Und deshalb«, fuhr Brodsky fort,
»sind Ihre Ermittlungen jetzt noch entscheidender. Die Sache
muß beschleunigt werden, wenn Sie so wollen.«
    Er lächelte Tony und mich an, als ob er unserer
noch einmal hervorgehobenen Bedeutung Achtung zollen wolle. Eine
unangenehme Stille folgte, bis mir klar wurde, daß der Anwalt
jetzt nur noch auf meinen Bericht wartete.
    Aber was hatte ich zu berichten? Daß ich eine lückenhafte Biographie des Opfers rekonstruiert hatte?
    Daß alles darauf hindeutete, daß der
Mörder mit Dobrynins Schuhen abgehauen war? Ich glaube nicht,
daß es das war, was Mr. Brodsky für sein Geld erwartete,
oder, besser gesagt, für Lucias Geld.
    »Ich habe mit einigen von Dobrynins engsten
Freunden gesprochen«, fing ich an. »Sie beschreiben ihn
alle als hochbegabten Mann mit unersättlicher Gier, und als
völlig außer Kontrolle.«
    »Könnte einer der Freunde ein Motiv für den Mord haben?«
    Ich wartete ein wenig, bevor ich antwortete, und
schaute Tony an, der mich angrinste. Die Frage des Anwalts bedeutete,
daß er nicht die leiseste Ahnung hatte, was für ein Mensch
Peter Dobrynin gewesen war.
    »Motiv? O ja«, sagte ich.
»Wahrscheinlich hatten sie alle ein Motiv. Ich habe nämlich
herausgefunden, daß buchstäblich jeder, der eine intime
Beziehung mit ihm hatte, seiner überdrüssig geworden war oder
angefangen hatte, ihn zu verabscheuen oder sich vor ihm zu
fürchten. Er war in jeder Hinsicht unersättlich. Er hat die
Menschen benutzt. Er hat sie erniedrigt.«
    Der Anwalt antwortete nicht sofort. Statt dessen
schenkte er sich eine halbe Tasse Kaffee ein und forderte uns auf, uns
selbst zu bedienen.
    Dann fragte er: »Und was ist mit der Spur, die
Sie verfolgt haben, mit den Jahren, in denen er ausgestiegen war? Was
haben Sie herausgefunden?«
    »Nicht besonders viel«, gab ich zu.
»Nur zufällige Geschichten über Dobrynin, der
plötzlich kurz auftauchte und dann wieder verschwand. Manche
seiner Freunde wollen ihn irgendwo gesehen haben, aber keiner dieser
Hinweise ließ sich erhärten. Sehr viel Spekulation. Ich
glaube, das einzige, was wir als Tatsache betrachten können, ist,
daß er als Obdachloser auf der West Side gelebt hat.«
    » Und wie wollen Sie jetzt weiter vorgehen?«
    »Nun ja, Mr. Brodsky, ich habe bis jetzt ja nur
an der Oberfläche von Dobrynins Leben gekratzt. Ich beabsichtige,
mit einigen Balletttruppen Kontakt aufzunehmen, mit denen er in
Verbindung stand. Und ich möchte mehr über seine finanzielle
Situation herausfinden. Ich möchte jetzt ein detaillierteres
Profil des ...«
    Frank Brodsky hob die Hand und unterbrach mich. »Wir haben keine Zeit, Miss Nestleton. Lucia hat keine Zeit.«
    »Ich bin mir des Drucks bewußt, unter dem
wir stehen, Mr. Brodsky. Aber Sie können keine sofortigen
Ergebnisse erwarten.«
    »Das tue ich auch nicht. Aber ich bin der
Ansicht, daß Ihr Hauptaugenmerk - unser Hauptaugenmerk - jetzt
nicht mehr auf Mr. Dobrynin, sondern auf seinen Mörder gerichtet
sein sollte. Sind Sie nicht auch der Meinung, daß der schnellste
Weg der dornige Pfad der Obdachlosigkeit ist?«
    »Ich weiß nicht, ob ich dem zustimmen
kann, Mr. Brodsky. Aber da scheine ich so ziemlich die einzige zu sein.
Alle, mit denen ich gesprochen haben, waren auch Ihrer Ansicht. Sie
glauben, daß er von einem anderen Penner umgebracht worden
ist.«
    »Genau. Und jetzt?«
    »Jetzt?«
    »Jetzt sieht es so aus, Miss Nestleton, als ob
es doch wohl das Beste wäre, ein paar von seinen obdachlosen
Kumpels zu finden.«
    »Das ist nicht so einfach, wie es sich
anhört, Mr. Brodsky. Die Obdachlosenszene ist ständig in
Bewegung. Viele von diesen Menschen sind Drogenabhängige,
Kriminelle oder kommen aus psychiatrischen Anstalten.«
    »Ja«, antwortete er knapp.
    »Und ich weiß nicht, ob ich wirklich in der Lage bin, in dieser Szene zu ermitteln.«
    »Warum nicht, wenn ich fragen darf?«
    »Aus allen möglichen Gründen, Mr. Brodsky?«
    »Ist es Ihnen vielleicht zu gefährlich?«
    »Unter anderem. Aber das ist nicht der

Weitere Kostenlose Bücher