Eine Katze hinter den Kulissen
großes
Interesse an der Kassette, wenn ich sie ihnen zeigte. Wenn ich damit
zur Presse ging, würden die Zeitungen den Fall wieder aufnehmen
und Melissas Gesicht - und wahrscheinlich nicht nur ihr Gesicht -
würde die gesamte zweite Seite einnehmen. In jedem Fall würde
sie des Mordes verdächtig werden. Und außerdem - und das war
wahrscheinlich Melissas Hauptsorge - würde ihr Mann, dieser
Salonlöwe, dann alles erfahren.
Ich betrachtete den Entsafter, während ich
über ihren Vorschlag nachdachte. Dann sagte ich: »Ich will
Ihr Geld nicht. Ich werde diese Kassette behalten, bis der Mörder
Peter Dobrynins gefaßt ist.«
»Aber der ist doch gefaßt!« gab
Melissa wütend zurück. »Lucia Maury hat Peter
umgebracht.«
»Das ist nicht wahr. Und jetzt sind Sie sogar viel verdächtiger als Lucia.«
»Ich war in der Nacht, als Peter getötet
wurde, mit meinem Mann auf einer Dinnerparty in Long Island. Mit
fünf anderen Paaren. Wie soll ich ihn da umgebracht haben?«
»Das weiß ich im Moment noch nicht. Aber da gibt es Mittel und Wege.«
Sie explodierte vor Wut und brüllte: »Ich
habe ihn geliebt! Ich habe ihn immer geliebt, Sie dumme Kuh! Verstehen
Sie das? Ich hätte Peter niemals etwas antun können!«
Ich wartete ein bißchen, bis sie sich beruhigt
hatte, und fragte dann beiläufig: »Haben Sie ihm Geld
gegeben?«
»Nein. Niemals. Er hat mich nie darum gebeten.«
»Woher hatte er dann sein Geld?«
»Ich weiß es nicht.«
»Wußten Sie, daß er ziemlich viel Geld ausgegeben hat, um Futter für streunende Katzen zu kaufen?«
»Das hat er ein-, zweimal erwähnt.«
»Kam Ihnen das nicht komisch vor?«
»Nein, warum sollte es? Er war sehr tierlieb.
Und außerdem kam er ständig spontan auf alle möglichen
verrückten Ideen, die niemand verstehen konnte.«
»Warum hat er sich ›Lenny‹ genannt?«
»Woher soll ich das wissen?«
»Gibt es noch weitere, Sie kompromittierende Videokassetten?«
»Nein. Jedenfalls nicht mit mir. Ich habe das
nie tun wollen. Es war so albern. Aber Peter wollte es unbedingt. Er
war betrunken und ich wahrscheinlich auch. Es war so peinlich, nackt zu
tanzen ... vor seinem Freund.«
»Freund? Wer war das?«
»Der Mann, der uns aufgenommen hat. Er hat diese bescheuerte Videokamera bedient.«
»Wissen Sie, wie er heißt?«
»Ich glaube, er hieß Basil.«
Ich lehnte mich zurück und versuchte, diese
wenigen Informationen zu interpretieren. Keiner von den Obdachlosen
hatte einen Mann namens Basil erwähnt.
»War er ein Penner?«
»Ich bin nicht sicher. Wahrscheinlich. Er kam
und ging. Ich weiß nur, daß er im Gefängnis gewesen
war. Das schien Peter irgendwie zu gefallen. Er fand es anscheinend
amüsant, daß dieser Mann ein Krimineller war.«
»Weshalb hatte er im Gefängnis gesessen?«
»Ich habe keine Ahnung. Peter hat es mir nie erzählt, und ich habe nie danach gefragt. »
»Können Sie ihn beschreiben?«
Melissa seufzte ungehalten. Sie stand auf, richtete
das blaue Handtuch um ihr feuchtes Haar und kehrte zur Theke
zurück. Sie nahm das Messer wieder in die Hand, machte aber keine
Anstalten, weitere Zutaten für ihren Saft zu zerschneiden. Einen
Moment lang befürchtete ich, sie würde mit dem Messer auf
mich losgehen.
Aber sie drehte es nur in der Hand hin und her.
»Hören Sie«, sagte sie knapp, »ich möchte
nicht, daß mein Mann etwas davon erfährt. Auf gar keinen
Fall, verstehen Sie mich? Er ist ein sehr lieber, netter Mensch, aber
er würde nie ... Ich habe ihm erzählt, daß Peter und
ich schon vor langer Zeit Schluß gemacht hätten. Er
würde es einfach nicht verstehen können.«
Nein, ganz sicher nicht, stimmte ich ihr im Geiste zu.
»Sind Sie in Dobrynins Wohnung sonst noch
jemandem begegnet?« war meine nächste Frage. »Irgend
jemandem, Männer, Frauen, irgendwer?«
Sie verzog das Gesicht, und mir wurde klar, daß
sie über Dobrynins krankhafte Vielweiberei bestens im Bilde war.
Ich war neugierig auf ihre Antwort.
»Meinen sie jemand Bestimmtes?« fragte sie vorsichtig.
»Na ja, vielleicht Betty Ann Ellenville oder Louis Beasley ... oder Lucia.«
»Nein. Die habe ich dort nie getroffen. Er
hatte sich völlig von diesen Leuten abgewandt. Ich habe Ihnen ja
schon gesagt, ich habe nur diesen Basil gesehen. Ja, und ein- oder
zweimal eine ältere Frau, eine von diesen Obdachlosen, nehme ich
an, die ab und zu Botengänge ausführen. Sie sah
fürchterlich aus.«
»Hieß sie Fay?«
»Ich kann mich nicht daran erinnern.«
»Aber diesen Basil haben
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