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Eine Katze im Wolfspelz

Eine Katze im Wolfspelz

Titel: Eine Katze im Wolfspelz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Adamson
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das Thema. »Erzählen Sie mir etwas über ihre Katze.«
    »Über Missy? Ich mochte diese Katze eigentlich nicht besonders. Sie war verrückt. Eine große alte weiße Katze mit langem Fell. Jill sagte, sie sei zu einem Fünftel eine Perserkatze. Jill hing sehr an ihr. Sie schrieb ihr sogar Zettel.«
    »Sie schrieb der Katze Zettel?«
    »Ja, das ist kein Witz. Sie können in die Küche gehen. All ihre unbezahlten Rechnungen für Lebensmittel und für die Reinigung hängen dort noch an der Pinnwand. Drehen Sie sie um. Dann werden Sie sehen. Sie legte diese Zettel neben Missys Freßnapf. Sie fragte sie zum Beispiel, wie sie ihr neuestes Lied fände. Als ob Missy lesen könnte.«
    »Was ist aus Missy geworden?«
    Er stand ruckartig auf und sah sich im Zimmer um, als ob er etwas gehört hätte; als ob in seinem verwirrten Hirn seine Schwester hereinkommen oder weggehen würde.
    »Ich weiß nicht, was aus der Katze geworden ist«, sagte er. »Meine Schwester hatte eine Nachbarin, die die Wohnungsschlüssel hatte. Nachdem Jill ermordet worden war, kam ein Kind aus der Nachbarschaft und sagte, daß Jill ihm aufgetragen hätte, sich um ihre Katze zu kümmern, falls ihr etwas zustoßen sollte. Die Nachbarin ließ das Kind in die Wohnung. Und es nahm die Katze mit. Na ja, wenigstens hat Missy ein gutes Zuhause gefunden.«
    »Wer war dieses Kind?« fragte Tony.
    »Das haben wir nie herausgefunden. Ein Kind eben. Nur ein Kind. Aus der Nachbarschaft.«
    Karl Bonaventura setzte sich wieder. Dann stand er abermals auf. Seine Erregung schien zuzunehmen, je mehr Fragen wir ihm stellten.
    »Möchten Sie sich umschauen?« fragte er. Ich nickte, machte aber keine Anstalten aufzustehen. Er erhob sich wieder. »Lassen Sie sich ruhig Zeit. Sehen Sie sich alles genau an. Ich muß wieder zur Arbeit. Ziehen Sie einfach die Tür hinter sich zu, wenn Sie gehen; sie schließt automatisch.« Er verließ die Wohnung und knallte die Tür hinter sich zu.
    »Irgendwie macht er mir angst, und glauben tue ich ihm auch nicht«, sagte ich zu Tony.
    »Mir macht er auch angst«, gab Tony zu.
    Ich schloß meine Augen. Diese Wohnung war bedrückend. Es war nicht die Art von Heiligtum oder Kultstätte, mit dem man auf rationale Weise umgehen konnte. Jill Bonaventuras Geist schien über jedem einzelnen Möbelstück zu schweben.
    »Wir werden hier nichts finden, was uns weiterbringt, Alice«, hörte ich Tony sagen.
    »Das glaube ich nicht. Ich bin überzeugt, daß wir hier den Schlüssel zu der ganzen Sache finden werden.«
    »Dieser Mann ist wahnsinnig, Alice. Er glaubt wirklich, daß seine Schwester noch am Leben ist, wenn er hierher kommt. Er ist von der Trauer um sie besessen und von dem Gedanken, ihr Andenken zu bewahren, daher kann er sich nicht eingestehen, daß sie tot ist. Alice, du kannst nichts von dem, was er sagt, für bare Münze nehmen.«
    »Aber ich nehme sehr ernst, was er über Jills Katze gesagt hat. Und über die zweitausendfünfhundert Dollar, die er ihr in den drei Jahren vor ihrem Tod jährlich gegeben hat.«
    »Glaubst du denn die Geschichte von dem Kind aus der Nachbarschaft, das die Katze mitgenommen hat? Und wenn das wirklich so war, was bedeutet das? Vielleicht hat das Kind geglaubt, es könnte die Katze verkaufen.«
    »Hör mal, Tony, ich habe keine Ahnung, was das ganze Zeug bedeutet, das er uns erzählt hat, aber ich habe das Gefühl, daß ich hier dem Kern der Sache sehr nahe bin, verstehst du das? Schon wenn ich einfach nur so hier sitze ... spürst du das nicht?«
    »Du wirst allmählich ziemlich wunderlich, Alice. Was willst du mir denn damit sagen? Daß die einfache Tatsache, daß du dich hier in dieser Wohnung aufhältst, dir Zugang zu einem mystischen Bereich verschafft? Wirst du jetzt auch verrückt, Alice. Haben wir nicht schon Probleme genug?«
    Ich öffnete meine Augen und ließ meinen Blick über die vielen bunten Lampenschirme schweifen. Ich hatte ein ganz merkwürdiges Gefühl. Ich hatte das Gefühl, ich hätte es hier mit dem Bösen an sich zu tun ... das Gefühl, daß sowohl Karl Bonaventura als auch Georgina Kulaks in der Lage seien, einen Mord zu begehen, ja, daß sie vielleicht schon getötet hatten.
    Es war, als ob alle siebzehn Opfer sich jetzt in dieser Vase mit den Nelken befänden. Es war, als ob sie mir bei einer Vorstellung zusehen würden, von der sie das Drehbuch hatten ... und zwar nur sie. Ich fühlte mich immer unbehaglicher.
    »Laß uns mal das Schlafzimmer anschauen«, sagte ich zu Tony.
    Wir gingen

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