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Eine Katze kommt selten allein

Eine Katze kommt selten allein

Titel: Eine Katze kommt selten allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Adamson
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eigenartig gekleidet war. So zog sich allenfalls eine junge Frau an einem sehr heißen Sommertag an. Doch die Blicke der Leute ließen mich kalt. Ich hatte ein Ziel – ein neue Bar namens Brights an der dreiundzwanzigsten Straße.
    Ich war noch nie dort gewesen, und ich hatte nicht die leiseste Ahnung, warum ich an diesem Abend ausgerechnet dorthin ging. Doch wenn man gegen eine aufkeimende Depression ankämpft, ist man gezwungen, seltsame Bündnisse einzugehen.
    Das Brights war im neuesten Minimalistik-Stil eingerichtet: sehr hell erleuchtet, viel leerer Platz zwischen den hölzernen Tischen und – wie Pfirsiche in einer Wüstenlandschaft – ein paar Wandgemälde in grellen Farben. Das ganze Ambiente sollte offenbar irgend etwas bewirken; doch dieses Irgend etwas kam nicht zustande.
    Als ich das Brights betrat, sah ich, daß sich am hinteren Ende der Bar die Gäste drängten, während die andere Seite leer war. Ich setzte mich auf einen Hocker zwischen diese beiden Extreme, nahm meinen Hut ab und legte ihn auf den Hocker neben mich.
    Der Barkeeper, ein junger Mann mit sorgfältig frisiertem rotem Haar und offenem weißem Hemd, legte eine Serviette vor mich auf den Tresen und lächelte. In einer Ecke der Serviette war der Name der Bar eingeprägt. Praktisch war überall, wohin ich auch blickte, der Name eingeprägt: auf den Streichholzheftchen, auf den Rührhölzern, auf den Uhren.
    »Ein Glas Rotwein«, sagte ich.
    Wein hält einem häßliche Depressionen vom Leibe. Brandy ist gut bei Angstgefühlen; aber für Depressionen ist Wein besser geeignet.
    Der Wein wurde mir in einem so riesigen Glas serviert, daß drei normale Weingläser in dieses Jumbo-Gefäß hineingepaßt hätten. Ich nahm einen Schluck und lauschte dem Gelächter, das vom anderen Ende der Bar, wo sich die Menschentraube gebildet hatte, zu mir herüberdrang. Ich blickte aus dem Fenster auf den Straßenverkehr, beobachtete die Gäste sowie den Barkeeper bei der Ausübung seines Berufes.
    Als ich das Jumbo-Glas ausgetrunken hatte, fühlte ich mich entspannter. Die Gefahren erschienen mir kleiner, und dadurch schwand meine Angst. Als ich mir ein zweites Glas Wein bestellte, bemerkte ich, wie die bislang leere Seite der Bar sich mit Frauen und Männern zu füllen begann, die offenbar nach der Arbeit auf ein Gläschen hier hereinschauten.
    Wer waren diese Leute? Wo arbeiteten sie? Wo wohnten sie? Ich wußte es nicht. Sie trugen Aktenkoffer… sie trugen kleine Einkaufstaschen… sie trugen kleine, sorgfältig zusammengefaltete Regenschirme… sie trugen alle Arten von Verbrechen in ihren Herzen.
    Bei dem letzten Gedanke mußte ich kichern. Wie poetisch. Verbrechen im Herzen.
    In diesem Augenblick kamen zwei Bekannte aus meiner Nachbarschaft herein und setzten sich links und rechts neben mich. Was hatten die beiden in einer Schickimicki-Bar wie dem Brights zu suchen? Hatten sie sich verlaufen? Oder brauchten auch sie das Brights, um Depressionen zu heilen, so wie ich? Ich hatte meinen Hut vom Hocker genommen und wußte jetzt nicht so recht, wohin damit, doch einer der beiden Männer war so höflich und legte den Hut auf ein Regal hinter dem Kassierer.
    Ich wandte mich wieder meinen Problemen zu und fragte mich, wie meine nächsten Schritte aussehen sollten, was die Nachforschungen betraf. Schon der Gedanke machte mich krank, mich noch einmal in der Bibliothek mit ihren infernalischen Mikrofilm-Geräten herumzuplagen, um Informationen über Lord Kelvin und Ask Me No Questions aufzuspüren, wie ich es bei Cup of Tea getan hatte. Außerdem war Cup of Tea ein Medienstar gewesen, und den Informationen nach zu urteilen, die Charlie Coombs mir über die beiden anderen Pferde gegeben hatte, galt dies bestimmt nicht für sie.
    Ich brauchte jemanden, der sich mit Rennpferden und Rennbahnen auskannte. Charlie Coombs war aus meinem Leben verschwunden. Außerdem konnte ich ihm sowieso nicht trauen – genausowenig wie Nicholas Hill, der ebenfalls als Fachmann in Frage gekommen wäre.
    Und was Jo betraf… na ja, zum einen verstand sie bestimmt nicht genug von Pferden, zum anderen wollte ich sie und ihren neu erworbenen Reichtum nicht schon wieder in diese Sache hineinziehen.
    Ich starrte auf mein zweites Glas Wein. Ob Ginger mich beobachtete und sich krumm und schief über mich lachte? Bei diesem Gedanken verzog ich das Gesicht.
    An einem Ende der Bar war ein Streit entbrannt. Ich hörte, wie eine Frau einen Mann anschrie, der neben ihr saß: » Du brauchst mir nicht

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