Eine Kerze für Sarah - und andere Geschichten, die das Herz berühren
Sohn, in diesem kommenden Jahr werde ich dir 365 Stunden schenken, jeden Tag nach dem Abendessen eine Stunde.“
Mein Vater hielt nicht nur sein Versprechen, er erneuerte es jedes Jahr und das ist das größte Geschenk, das ich je in meinem Leben bekommen habe.
Anonym
Das Gewitter
Einer meiner Freunde hat eine süße vierjährige Tochter. Sie ist fröhlich und sehr gesprächig. Falls heutzutage eine neue Shirley Temple gesucht würde, hätte sie bestimmt Chancen, eine Filmrolle zu bekommen.
Eines Abends brach ein heftiges Gewitter los. Blitze zuckten über den Himmel, auf die laut krachend der Donner folgte – es war eines von den Angst machenden Gewittern, die allen einen Schreck einjagen. Mein Freund rannte hinauf in das Zimmer seiner Tochter, um zu sehen, ob sie sich fürchtete. Er wollte sie beruhigen. Als er in ihr Zimmer kam, stand sie auf dem Fenstersims, die Nase gegen das Glas gedrückt.
Auf seine Frage: „Was machst du denn da?“, drehte sie sich um und erwiderte fröhlich: „Ich glaube, Gott möchte mich fotografieren.“
Tony Campolo
Familienbild
Ich saß in meinem Lieblingssessel und las die Endfassung meiner Doktorarbeit durch, als Sarah mir eine Frage stellte. „Papa, möchtest du mein Familienbild sehen?“
„Sarah, Papa ist beschäftigt. Komm bitte etwas später wieder, Liebes.“
Ein guter Schachzug, nicht? Ich war tatsächlich beschäftigt. Die Arbeit einer Woche musste in ein Wochenende gezwängt werden. Man kennt das ja.
Zehn Minuten später kam sie erneut ins Wohnzimmer gefegt. „Papa, ich möchte dir gern das Bild zeigen.“
Mir wurde ganz heiß. „Sarah, ich habe doch gesagt, komm später wieder. Das, was ich hier mache, ist wirklich wichtig.“
Drei Minuten später stürmte sie erneut ins Wohnzimmer, baute sich vor mir auf und rief so laut eine Fünfjährige nur konnte: „Willst du es nun sehen oder nicht?“
„Nein“, erwiderte ich, „ich will es nicht.“
Damit stürmte sie aus dem Zimmer und ließ mich in Ruhe. Doch irgendwie war das Alleinsein in diesem Augenblick gar nicht so befriedigend, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich fühlte mich wie ein Schuft. (Ja, stimmen Sie mir nicht so laut zu.) Ich ging zur Zimmertür.
„Sarah“, rief ich, „komm doch eine Minute zu mir, ja? Papa möchte sich gern dein Bild ansehen.“
Sie trug mir nichts nach und setzte sich auf meinen Schoß.
Es war wirklich ein großartiges Bild. Sie hatte ihm sogar einen Titel gegeben. Darüber stand in Schönschrift: „UNSERE FAMILIE“.
„Würdest du es mir bitte erklären?“, bat ich sie.
„Das hier ist Mami (ein Strichmännchen mit langen gelben Locken), das neben Mami bin ich (mit einem lächelnden Gesicht), das hier ist unser Hund Katie und das ist Missy (ihre kleine Schwester war ein Strichmännchen, das vor dem Haus auf der Straße lag. Es war dreimal so groß wie alle anderen).“ Dieses Bild vermittelte mir einen guten Einblick, wie sie unsere Familie sah.
„Dein Bild gefällt mir, Liebes“, sagte ich. „Ich werde es im Esszimmer an die Wand hängen und jeden Abend, wenn ich von der Arbeit und von der Uni nach Hause komme (was normalerweise gegen zehn Uhr abends war), werde ich es mir ansehen.“
Sie strahlte wie ein Honigkuchenpferd und ging dann zum Spielen nach draußen. Und ich wandte mich wieder meinen Büchern zu. Doch aus irgendeinem Grund konnte ich mich nicht konzentrieren.
Irgendetwas beunruhigte mich.
Irgendetwas an Sarahs Bild.
Irgendetwas fehlte.
Ich ging zur Haustür. „Sarah“, rief ich, „kannst du bitte noch mal eine Minute hereinkommen? Ich möchte mir dein Bild noch einmal ansehen.“
Sarah kletterte wieder auf meinen Schoß. Wenn ich jetzt die Augen schließe, sehe ich genau vor mir, wie sie in diesem Augenblick ausgesehen hat. Rosige Wangen vom Spielen an der frischen Luft, mit Pferdeschwanz, rosa Turnschuhen und einer Puppe mit Namen Nellie unter ihrem Arm.
Ich stellte meiner kleinen Tochter eine Frage, aber ich war nicht so sicher, ob ich die Antwort hören wollte.
„Liebes … da sind Mama und Sarah und Missy. Katie, der Hund, ist auf dem Bild und die Sonne, das Haus, Eichhörnchen und Vögel. Aber, Sarah … wo ist dein Papa? “
„Du bist in der Bibliothek“, antwortete sie.
Diese einfache Aussage meiner kleinen Prinzessin ließ für mich die Zeit still stehen. Ich hob sie sanft von meinem Schoß und schickte sie wieder zum Spielen nach draußen. Dann sank ich in meinem Sessel zusammen. Meine Gedanken überschlugen sich
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