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Eine Kiste explodierender Mangos

Eine Kiste explodierender Mangos

Titel: Eine Kiste explodierender Mangos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohammed Hanif
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braunen Augen funkeln vor Vergnügen über einen Scherz, den er nicht mit mir teilen will. „Mal sehen, ob Sie jemanden erkennen.“
    Ich bin erleichtert, dass Kiyani dem Thema nicht ausweicht. Wohlwollen für ihn blüht in mir auf wie Sonnenblumen. Ich nehme mir noch einen Nice-Keks. Ich habe einen Handel mit General Akhtar abgeschlossen – ich unterschreibe die Aussage, dafür lassen sie den Generalsekretär gehen –, und dieses Versprechen wird gerade eingelöst. Das ist das Gute an Männern in Uniform. Sie halten ihr Wort.
    Ich rechne damit, einen Mann mit Mao-Mütze zu sehen. Das ist zwar gegen das gegenwärtige politische Glaubenssystem des Generalsekretärs, doch mit dem Instinkt eines kürzlich entlassenen Häftlings halte ich nach einer Mao-Mütze Ausschau.
    Mein Blick wandert über die Gesichter. Glasige Augen, geschorene Köpfe. Keine Mao-Mütze. Überhaupt keine Mützen. Am Ende der Reihe steht eine Frau mit einem weißen Dupatta. Ich weiß nicht, was sie mit ihr gemacht haben. Ihre Augen sind ganz weiß. Keine Hornhaut. Mein Blick bleibt an einem Kopf mit einem glühend roten Dreieck hängen. Eine seltsame Hautinfektion.
    Nein, die Schweine haben seinen Kopf gebügelt.
    Der Kopf hebt sich, die Augen sehen mich mit leerem Blick an, die Zunge fährt über die aufgesprungenen Lippen. Die langen Wimpern unter den Augenbrauen sind verschont geblieben.
    Baby O schließt die Augen.
    Major Kiyani reicht mir einen Teller mit frittierten Hühnchenteilen. Ich stoße ihn beiseite und will aufstehen. Major Kiyani packt mich an der Schulter und drückt mich auf meinen Stuhl zurück. Jetzt sagen seine Augen, was Sache ist.
    â€žEtwas, das Sie uns nicht erzählt haben, interessiert mich sehr. Warum hat er Ihr Sendesignal benutzt?“
    Sobald jemand tot ist, hat man die Freiheit, allen möglichen Unsinn über ihn zu erfinden. Tote kann man nicht verraten. Aber wenn sie zurückkommen und dich bei deinem Verrat erwischen, sitzt du in der Falle.
    Plötzlich fühle ich mich von Obaid betrogen. Wieso ist er noch am Leben? Ich habe das dämliche Protokoll unterschrieben, weil du tot warst. Ich habe mich auf diesen beschissenen Handel nur eingelassen, weil du angeblich durch eigene Blödheit zerfetzt wurdest. Jetzt stehst du da und verlangst eine Erklärung. Hättest du nicht tot bleiben können?
    Plötzlich würde ich Baby O am liebsten mit eigenen Händen erwürgen.
    Ich klopfe Major Kiyani auf die Schulter. Ich sehe ihm in die Augen, versuche an die Kumpanei unserer Teestunde anzuknüpfen.
    â€žMajor Kiyani, nur ein Profi wie Sie weiß so etwas zu schätzen“, sage ich. Ich habe Mühe, meine Stimme zu kontrollieren und die Überraschung zu verbergen, die man empfindet, wenn man eine Person wiedertrifft, die angeblich von einer Boden-Luft-Rakete getroffen wurde. Eine noch größere Überraschung war mein Wunsch, ihn tot zu sehen. „Es kann sich nur um beruflichen Neid gehandelt haben.“
    Baby O öffnet die Augen und legt eine Hand über seine fehlenden Augenbrauen, um die Sonne abzuhalten, die ihn sicherlich blendet. Seine Hand ist mit einem blutigen Verband umwickelt.
    â€žWer von euch beiden ist Colonel Shigris Sohn?“
    Wäre es nicht die Stimme des Generalsekretärs gewesen, hätte ich sie ignoriert. Hätte er nicht seine gefesselten Hände in die Luft gereckt, als wollte er einen Punkt auf der Tagesordnung bei einer Versammlung seines Zentralkomitees zur Sprache bringen, hätte ich ihn nicht erkannt. Die ganze Zeit hatte ich ihn mir alt, verschrumpelt und kahl vorgestellt, mit einer dicken Lesebrille. Doch er ist viel jünger, als seine ansehnliche Laufbahn es vermuten ließe. Eine dünne, aber milchweiße Strähne zieht sich durch sein kurzes Haar, und ein von einem Pfeil durchbohrtes Herz in Apfelform – offenbar das Werk eines ländlichen Tätowierungskünstlers – ziert die linke Seite seiner haarlosen Brust. Er hat die Statur eines Bauern und ein helles offenes Gesicht, als hätte es durch die Jahre in finsteren Verliesen ein eigenes Leuchten entwickelt. Seine Augen huschen zwischen mir und Major Kiyani hin und her. Typisch für den Generalsekretär, mich mit Major Kiyani zu verwechseln! Sein Blick fährt über den mit Lebensmitteln beladenen Tisch und dann über unsere Gesichter. Offenbar überlegt er, was die

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