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Eine Kiste explodierender Mangos

Eine Kiste explodierender Mangos

Titel: Eine Kiste explodierender Mangos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohammed Hanif
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hatte. Corporal Lessard befreite den Professor vom Dienst, als der erste Gast im Anzug eintraf – ein schlaksiger Mann mit wehendem Bart. „OBL“, stellte der Bärtige sich vor und hob die Hand, als würde er eine unsichtbare Menge grüßen.
    Corporal Lessard ging seine Liste durch und musterte den Mann erneut.
    â€žLaden und Co. Constructions.“ Der Mann klopfte ungeduldig auf seinen Bart und Corporal Lessard ließ ihn mit einem Lächeln und einer etwas übertriebenen Geste hinein. Als er wieder beim Bier saß, gab er einen Witz zum Besten: „Was zieht ein Turban an, wenn er sich verkleiden will?“ Bei der Antwort verschluckte er sich vor Lachen fast an seinem Bier: „Einen Anzug!“

    D er Botschafter hatte gute Gründe, niemanden auszuschließen. Nach einem Jahr im Amt fühlte Arnold Raphel sich zunehmend isoliert. Dutzende amerikanische Hilfsdienste führten an der pakistanisch-afghanischen Grenze ihren eigenen kleinen Dschihad gegen die Sowjets. Einige von ihnen wollten die Scharte von Vietnam auswetzen, andere glaubten, im Namen Gottes zu handeln. Jedenfalls gab es so viele Wohltätigkeitsorganisationen mit undurchsichtigen Namen und abseitigen Missionen, dass es kaum möglich war, den Überblick zu behalten. Jetzt, wo die letzten sowjetischen Soldaten aus Afghanistan abzogen und die Mudschaheddin Kabul belagerten, geriet man sich in die Haare, wem das Verdienst gebührte. Kaum einer der Helfer dachte an Heimkehr. Vielleicht würden sich ja weitere Fronten eröffnen. Erst in der vergangenen Woche hatte der Botschafter eine diplomatische Beschwerde wegen einer Gruppe von Lehrkräften der Universität Minnesota erhalten, die die neuen islamischen Bücher für Afghanistan verfasste und nach Zentralasien versandte. Als er ermittelte, forderte man ihn auf, die Finger davon zu lassen, da es sich um ein weiteres Geheimprogramm eines Geheimprogramms handele. Jeder Amerikaner, dem er in Islamabad begegnete, behauptete, von dieser oder jener „Behörde“ zu sein.
    Wollte er das Chaos einigermaßen unter Kontrolle bringen, musste er, davon war er überzeugt, zuerst einmal alle unter einem Dach versammeln. Es bedurfte einer symbolischen Geste, um klarzustellen, dass es nur einen Boss gab, und zwar ihn. Was konnte dazu geeigneter sein als eine Party? Und konnte es für eine Party einen besseren Anlass geben als den 4. Juli? Der Botschafter hoffte, es würde eine Abschiedsparty werden, bei der diese verrückten Amerikaner die afghanischen Befehlshaber, die die eigentliche Schlacht geschlagen hatten, kennenlernen und sich mit ihnen ablichten lassen konnten. Anschließend würden dann – hoffentlich – alle nach Hause fahren, damit er sich dem heiklen Geschäft widmen konnte, die amerikanische Außenpolitik durchzusetzen. Arnie hatte keine Rede vorbereitet, nur ein paar Worte, die er in die allgemeine Unterhaltung mit seinen amerikanischen Gästen einfließen lassen wollte: „Ein Sieg ist eine größere Herausforderung als eine Niederlage.“ Und: „Erhörte Gebete sind eine größere Last als der traurige Widerhall vergeblichen Flehens.“
    Das eigentliche Motto der Party lautete also: Das habt ihr gut gemacht, und jetzt haut wieder ab. Wo auch immer ihr hergekommen seid.
    Neben dem Botschafter stand General Akhtar, den der Anblick achtbarer Männer, die an Knochen nagten, anwiderte. Umgeben von Amerikanern in weiten Shalvar Kamiz und den abenteuerlichsten Kopfbedeckungen, die er seit seinem letzten Besuch im Märchenerzähler-Basar von Peshawar gesehen hatte, fühlte er sich herausgeputzt und fehl am Platz in seiner kompletten Gala-Uniform, die vor Goldlitzen und Messingorden nur so blitzte. General Akhtar hatte vor allen anderen gewusst, dass General Zia nicht kommen würde. „Wissen Sie, er fühlt sich nicht besonders“, erklärte er Arnold Raphel und lauerte auf eine Reaktion. „Der Verlust von Brigadier TM ist ein schwerer Schlag für General Zia. Er war für ihn wie ein Sohn. Und einer meiner besten Offiziere.“ Arnold Raphels gleichgültige Beileidsbezeugung bestärkte General Akhtar in seinem Entschluss, mit den Amerikanern ein letztes Mal gemeinsame Sache zu machen. Immerhin hatte er ihnen ihren Krieg gegen die Kommunisten gewonnen. Jetzt wollte er seinen Anteil an der Beute. Er nahm eine Erdbeere von der Torte, legte sie sich auf den Teller

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