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Eine Kiste explodierender Mangos

Eine Kiste explodierender Mangos

Titel: Eine Kiste explodierender Mangos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohammed Hanif
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und plötzlich roch die Flüssigkeit gar nicht mehr so scheußlich wie noch vor wenigen Sekunden. Sie war bitter, schmeckte aber nicht so schlecht, wie er sein Leben lang angenommen hatte.

    D er Subedar-Major ließ seinen Blick von dem Tablett zum Gesicht des Marines wandern. Endlich begriff er.
    â€žDarf ich Ihnen eine Tasse Tee anbieten?“, fragte der Subedar-Major.
    â€žTee?“, wiederholte Corporal Lessard irritiert. „Wir wollen mal nicht Britisch werden. Hier, was zu futtern für euch. Hot Dogs.“
    Der Marine nahm die Aluminiumfolie vom Tablett, nahm ein Hot Dog und biss hinein.
    Der Subedar-Major lächelte sehr verständnisvoll. „Hund? Halal?“
    Corporal Lessard ging allmählich die Geduld aus. „Nein. Kein Hund. Rindfleisch.“ Er muhte und machte eine Geste, die zeigen sollte, wie ein Kuh geschlachtet wurde.
    â€žHalal?“, fragte der Subedar-Major erneut.
    Ein Spatz taumelte ins Scheinwerferlicht und zwitscherte, wie um die sprachliche Kluft zwischen den beiden zu überbrücken. Corporal Lessard fühlte so etwas wie Heimweh.
    â€žDas ist ein beschissenes Stück Fleisch in einem beschissenen Stück Brot. Wenn wir uns darauf nicht einigen können, weiß ich nicht, was zum Teufel ich hier soll.“ Er warf das Tablett zu Boden und rannte in Richtung der Wache davon.

    N ancy Raphel vergrub ihr Gesicht im Kissen und wartete, dass ihr Mann ebenfalls zu Bett kam. „In Zukunft bleiben wir bei unserem Cocktail-Menü“, erklärte sie, bevor sie einschlief.

    A ls General Akhtar die Amerikanische Botschaft verließ, kam ihm ein äußerst verstörter Major entgegen.
    â€žGeneral Zia ist verschwunden“, flüsterte er ihm ins Ohr. „Nirgendwo eine Spur von ihm.“

Fünfundzwanzig
    D ie Nacht ist lang in meinem Verließ. Ich träume von einer Armee von Maoisten auf einem Trauermarsch. Ihre Mao-Mützen tragen sie wie Bettelschalen vor sich her. Ihre Lippen sind zugenäht, mit rotem Garn.
    Ein Kratzen. Der lose Backstein in der Wand.
    Anscheinend geht der Geist des Generalsekretärs bereits um. „Ruh dich aus“, schreie ich. Der Backstein bewegt sich erneut. Ich habe keine Angst vor Geistern, in meinem Leben gibt es jede Menge davon. Sie kommen immer wieder zu mir, als würde ich ein Waisenhaus für sie führen.
    Ich ziehe den Stein heraus, drücke mein Gesicht an die Öffnung und schreie in Lautstärke 5: „Schlafen Sie, Generalsekretär. Schlafen Sie doch ein bisschen. Die Revolution kann bis morgen warten.“
    Eine Hand fährt die Umrisse meines Gesichts nach. Die Finger sind zart, sie gehören einer Frau. Sie gibt mir einen zerknüllten Umschlag. „Ich weiß nicht, warum sie mich in diese Zelle verlegt haben, aber ich habe den hier gefunden“, sagt sie. „Für mich kann er nicht sein. Ich kann nicht lesen. Vielleicht ist er für Sie. Können Sie lesen?“
    Ich stopfe den Umschlag in meine Tasche. „Hier kann niemand lesen.“ Ich will das Gespräch beenden. „Es ist stockdunkel. Hier sind alle blind.“
    Einen Moment lang herrscht Schweigen. „Anscheinend ist es eine Botschaft von dem Toten. Heben Sie sie auf. Jemand steht kurz davor, auf eine Reise zu gehen. Ich bin es nicht. Sie sollten sich bereithalten.“

Sechsundzwanzig
    G eneral Zia hatte beschlossen, sich das Fahrrad seines Gärtners auszuleihen und das Army House heimlich ohne Leibwächter zu verlassen. Doch zunächst einmal brauchte er einen Shawl. Nicht weil es kühl war, sondern um unerkannt zu bleiben. Die Entscheidung, sich allein aus dem Army House herauszuwagen, hatte ihm der Koran eingegeben. Die Idee, als normaler Bürger verkleidet auszugehen, stammte von seinem Freund Ceaușescu.
    Der Plan war eine geglückte Kombination aus göttlich und teuflisch.
    Nach Brigadier TMs Beisetzung hatte General Zia sich in seinem Arbeitszimmer eingeschlossen und sich geweigert, auch nur ein Minimum der Regierungsaufgaben zu erledigen, die ihm seit Einführung der Alarmstufe Rot oblagen. Er blätterte in dem dicken Ordner über die laufende Untersuchung des Unfalls, den General Akhtar ihm gesandt hatte. In der Zusammenfassung wurde General Akhtar dafür gelobt, dass er eine Live-Übertragung von Brigadier TMs traurigem Ableben im Fernsehen verhindert hatte. Andernfalls hätte das Vertrauen der Nation in die Professionalität der Armee

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