Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Kiste explodierender Mangos

Eine Kiste explodierender Mangos

Titel: Eine Kiste explodierender Mangos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohammed Hanif
Vom Netzwerk:
Gesprächspartner gerichtet waren.
    Auf dem Fußweg am Rande der Constitution Avenue unter den wachsamen Blicken des alten Polizisten erkannte General Zia die wahre Bedeutung dessen, was der alte Dracula ihm gesagt hatte. Ihm wurde klar, dass Ceaușescus Rat eine Metapher enthielt, die er vor seinem Abenteuer nicht verstanden hatte. Was war Demokratie? Was war ihr Wesen? Es lag darin, dass ein Herrscher aus seinem Volk Kraft schöpfen und so immer stärker werden sollte. Genau das war es, was er, General Zia, im Augenblick tat. Umgeben von den stummen Hügeln um Islamabad fand hier ein uraltes Ritual statt: Herrscher und Untertan begegneten einander von Angesicht zu Angesicht, ohne einen Beamten, der ihre Beziehung komplizierte, ohne Schützen, die ihre Begegnung beschmutzten. Einen Moment lang verflüchtigte sich seine Angst vor dem Tod im kalten Smog über ihnen, und General Zia fühlte sich stark und unbesiegbar wie die Berge, die um ihn aufragten.
    â€žHände an die Ohren!“ Der Polizist zog eine Zigarette hinter seinem Ohr und ein Feuerzeug unter seinem Shawl hervor. Es roch nach Kerosin, als er sie anzündete. General Zia versuchte, das Fahrrad auf dem Asphalt zu halten, aber der Polizist versetzte ihm einen Tritt und es fiel auf den Fußweg und blieb dort liegen.
    General Zia zog die Arme aus seinem Shawl und legte sie an die Ohren. Diese Lektion in Gehorsam bereitete ihm Vergnügen. Im Kopf verfasste er bereits eine Rede: „Alle Weisheit, die ich brauche, um dieses Land zu regieren, habe ich von einem einsamen Polizeiwachtmeister, der mitten in der Nacht auf einer leeren Straße in Islamabad seine Pflicht tat …“
    â€žNicht so.“ Der Polizist schüttelte missmutig den Kopf. „Wie ein Hahn. Mach wie ein Hahn!“
    General Zia fand, die Zeit sei gekommen, sich vorzustellen, aber der Wachtmeister gab ihm keine Gelegenheit, sein Gesicht zu entblößen. Er griff mit einer Hand sein mit dem Shawl verhülltes Haupt und drückte ihn nach unten.
    â€žTu nicht so, als wüsstest du nicht, wie ein Hahn macht.“
    General Zia wusste, wie man den Hahn spielt, aber das letzte Mal, als er es getan hatte, war vor mehr als einem halben Jahrhundert in der Schule gewesen. Die Erkenntnis, dass diese kindische Strafe noch immer verhängt wurde, verblüffte ihn. Seine Wirbelsäule wollte sich nicht beugen, aber der Wachtmeister drückte seinen Kopf immer weiter nach unten, bis er fast die Knie berührte. Zögernd schob General Zia beide Hände durch die Beine und versuchte seine Ohren zu erreichen. Sein Rücken war unnachgiebig wie ein Betonklotz, die Beine zitterten unter dem Gewicht seines Körpers, und er hatte das Gefühl, er würde zusammenbrechen und nach vorne kippen. Sobald der Wachtmeister seinen Kopf losließ, versuchte er aufzuschauen. Der Wachtmeister stellte ihm den Fuß ins Genick.
    â€žIch bin General Zia ul-Haq“, erklärte Zia in gebückter Haltung.
    Der Wachtmeister verschluckte sich am Rauch und bekam einen Hustenanfall, der in Gelächter überging.
    â€žIst ein General Zia nicht genug für diese bedauernswerte Nation? Brauchen wir noch Irre wie dich, die durch die Nacht rennen und sich für ihn ausgeben?“
    General Zia bewegte sein Gesicht unter dem Shawl und hoffte, der Wachtmeister würde einen Blick darauf werfen.
    â€žEure Hoheit müssen ein viel beschäftigter Mann sein“, sagte der Wachtmeister, „und haben es gewiss eilig, ins Army House zurückzukommen, um unser Land zu regieren. Erzähl mir einen Witz, und ich lasse dich gehen. Bist du schon jemals in deinem Leben einem so großzügigen Polizisten begegnet? Komm, erzähl mir einen Witz über General Zia.“
    Das war leicht. General Zia hatte schon viele Journalisten mit Scherzen über sich selbst zum Lachen gebracht.
    Er räusperte sich. „Warum lässt die First Lady General Zia nicht in ihr Schlafzimmer?“
    â€žAch, halt’s Maul“, sagte der Wachtmeister. „Den kennt doch jeder. Und das ist nicht mal ein Witz. Wahrscheinlich stimmt es. Sag einfach dreimal ‚General Zia ist eine einäugige Schwuchtel‘, und du kannst gehen.“
    Den Spruch kannte General Zia noch nicht. Indische Propaganda, dachte er, und blinzelte, um sicherzugehen, dass er nicht träumte. Sein linkes Auge betrachtete die schmutzverkrusteten Kanvasschuhe des Polizisten, während das

Weitere Kostenlose Bücher