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Eine Kiste explodierender Mangos

Eine Kiste explodierender Mangos

Titel: Eine Kiste explodierender Mangos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohammed Hanif
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Außerdem war er der einzige Mann aus dem inneren Kreis, der nicht an den fünf Gebeten teilnahm, eine Ausnahmeregelung, die für große Verblüffung sorgte. Wer auch immer sich während der Gebetszeiten in General Zias Nähe aufhielt, hatte sich ihm anzuschließen, ganz gleich, wo man war, ob in seinem offiziellen Flugzeug oder im Bunker der nationalen Kommandoführung. General Zia pflegte dann auf die Uhr zu schauen, und alle, einschließlich Diener und Politiker, auch wenn sie nicht einmal wussten, wann man sich beim Gebet erhob oder niederbeugte, stellten sich in einer Reihe mit ihm auf, als ob sie nur auf die Gelegenheit gewartet hätten, endlich ihrer Frömmigkeit Ausdruck zu verleihen. Währenddessen stand Brigadier TM mit dem Rücken zu den Betenden und behielt alle Zugänge scharf im Auge. Am Anfang belastete es General Zias Gewissen, und er fragte TM, wie er sich fühle, wenn er nicht am Gebet teilnehmen könne.
    â€žPflichterfüllung ist Dienst an Allah, Sir“, sagte er. „Im Krieg würde man auch nicht erwarten, dass ich die Waffe niederlege, um zu beten.“ Von nun an vergaß General Zia nie, TM in seine Gebete einzuschließen und Allah daran zu erinnern, dass der Brigadier nicht beten konnte, weil er im Dienst war.
    Brigadier TMs Augen huschten durch den Raum, ungehalten über die neuen Gewebe und anderen Farben. Er wusste, dass Personenschutz nicht bedeutete, sich vor die Kugel eines Attentäters zu werfen oder die Fingernägel eines potenziellen Verschwörers herauszureißen. Die Sicherheit einer Person zu gewährleisten, hieß, unauffällige und unterschwellige Veränderungen in den Mustern ihres Alltagslebens zu erspüren. „General Akhtar hat alle Daten, Sir. Extra-Akten zu allen Verdächtigen. Und zu allen möglichen Szenarien“, sagte er zerstreut. Seine Augen suchten die Wand ab, wo ein Porträt des Gründers der Nation aufgetaucht war, das er nie zuvor gesehen hatte.
    â€žDiese Akten lügen. Ich frage Sie, nicht General Akhtar. Sie sind mein Schatten, Sie müssten es wissen. Sie kennen jeden, der zu mir kommt, Sie kennen jeden Winkel dieses Hauses. Es ist Ihre Aufgabe, mich zu schützen. Als Ihr Oberbefehlshaber frage ich Sie: Vor wem beschützen Sie mich? Wer versucht, mich zu töten?“ General Zias Stimme wurde höher, er verdrehte die etwas schielenden Augen und von seinen Lippen spritzten zwei Speicheltröpfchen, von denen das eine in seinem Schnurrbart hängen blieb und das andere zwischen den Weinranken und Blumen des persischen Teppichs zu seinen Füßen verschwand.
    Brigadier TM war diesen Ton nicht gewohnt. Ihm war stets klar gewesen, dass General Zia sich von seiner physischen Präsenz bedroht fühlte, wenn er mit ihm allein war. Entspannen konnte er sich nur, wenn sie in Gesellschaft waren. Brigadier TM war geschult in diesen Dingen, und er wusste sofort, dass die kreischende Stimme, der fordernde Ton Ausdruck von Angst waren. Brigadier TM konnte Furcht riechen. Er hatte viel Erfahrung darin. Wenn man einem Mann die letzte Frage stellte, wenn er erkannte, dass die Zeit für Erklärungen vorbei war, wenn ihm klar wurde, dass sein Verhör beendet war und es keine Gerichtsverhandlung geben würde, dann erhob er die Stimme, schrie, tat, als kenne er keine Angst. Aber man konnte sie riechen, ebenso wie ein Schlachter es bei einer Ziege kann; ein Blöken auf den Lippen, Pisse zwischen den Beinen, genau wie die Männer, wenn man in ihr Zimmer trat und die Tür hinter sich schloss. „Alle“, sagte er.
    Alarmiert sprang General Zia von seinem Sessel hoch. „Was wollen Sie damit sagen, Brigadier Tahir Mehdi? Wer?“, schrie er, und dieses Mal traf ein ganzer Speichelregen TMs Gesicht. Wenn General Zia eine Person statt mit „mein Bruder“, „mein Sohn“ oder „verehrte Schwester“ mit ihrem Namen ansprach, war er missgestimmt. Sprach er sie jedoch mit ihrem Namen und ihrem Rang an, hatte sie den Rang wahrscheinlich schon verloren. Brigadier TM hatte keine Angst, gefeuert zu werden. Liebend gern hätte er die Ausbildung seiner Jungs und seine präzisen Fallschirmabsprünge wieder aufgenommen. General Zia wusste das, denn Brigadier TM hatte ihm in einem schwachen Moment gestanden, dass es nur wenige Knochen in seinem Körper gab, die er sich bei seiner Leidenschaft noch nicht gebrochen hatte. Er schien sehr stolz

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