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Eine Kiste explodierender Mangos

Eine Kiste explodierender Mangos

Titel: Eine Kiste explodierender Mangos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohammed Hanif
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ich mein Ziel ins Visier. Wirft man aus kurzer Entfernung, ist es meist das eigene Auge, an dem man scheitert, nicht die Handhabung der Waffe. Das Ziel muss im Fadenkreuz der Augäpfel liegen. Ist das nicht der Fall, kann man eine noch so ruhige Hand haben und die Luft anhalten, bis man blau wird, und dennoch gibt es keine Garantie, dass man sein Ziel trifft. Als das Messer meine Fingerspitzen verließ, schloss ich die Augen und öffnete sie erst, als ich Bannon sagen hörte: „Oh Mann, Mannomann.“ Ich erhob mich von der Matratze, ging zum Poster, zog das Messer aus Bruce Lees rechtem Auge und warf es über meine Schulter Bannon zu. Ich musste mich nicht umdrehen, um zu sehen, dass er es gefangen hatte. „Gib nicht so an, Ali. Das sind doch Zirkustricks“, rief Obaid.
    Bannon schob das Messer wieder in die Lederscheide und zündete den Joint an. „In Danang haben wir ein Schlitzauge erwischt, das mit seinem Messer neun meiner Männer abgestochen hatte. Der Mann war ein verdammter Affe. Er hielt sich in den Bäumen versteckt. So viel ich weiß, schwang er sich von Ast zu Ast wie so ein Scheiß-Chinesentarzan. Niemand hatte ihn je gesehen. Er hat alle auf die gleiche Art erwischt, während der Wache. Unsere Jungs waren da draußen, hielten ihre M16 in den Dschungel, bereit für jeden Hinterhalt, plötzlich knackte ein Ast, sie schauten nach oben und …“ Bannon fuhr sich mit zwei Fingern über den Adamsapfel. Seine Lider hatten sich gerötet und er lallte. Die Klimaanlage weigerte sich, den dichten Haschischrauch im Zimmer zu verteilen.
    â€žAlso ließ ich vor unserem Bunker einige Landminen auslegen und stellte ein Schild auf: ‚Ho Chi Minh lutscht streunende Hunde.‘ Um den Feind anzulocken, wisst ihr. So was machten wir dauernd. Aber das Schlitzauge ließ sich nicht blicken.“
    Der Joint war ausgegangen. Bannon zündete ihn wieder an und versuchte sich zu erinnern, wo er stehen geblieben war.
    â€žUm zum Punkt zu kommen: Als wir ihn endlich erwischten, wollten meine Jungs natürlich Hackfleisch aus ihm machen. Aber ich sagte, wir müssten ihn vernehmen. Nach Vorschrift. Es stellte sich heraus, dass der Mann beim Zirkus gewesen war. Nicht zu fassen, was? Er war bis Taiwan überall herumgereist und hatte seine Messer um ein Mädchen im Pyjama geworfen. Dann wurde sein achtzigjähriger Papa bei der Arbeit im Reisfeld getötet, einfach erschossen bei einem Angriff. Also gab der Kerl sein kleines Tittenwunder im Pyjama und das Zirkuszelt auf, aber nicht, um sich dem Vietcong anzuschließen, was ja halbwegs gerechtfertigt gewesen wäre. Stattdessen packte er eins seiner Zirkusmesser ein und ging allein in den Dschungel.“ Bannon nahm einen tiefen Zug und blies Ringe aus. „Siehst du, Baby O, das ist die beschissene Moral von meiner Geschichte. Du kannst Messerwerfer im Zirkus sein, eine Busenfrau haben und eine Wahnsinnsschau abziehen. Aber du kannst dasselbe Messer für einen ganz anderen Zweck zurechtschleifen. Wenn du ein Mann bist. Ein echter Mann, kein beschissener Klimaanlagensoldat wie du.“
    Ich streckte Bannon die Hand entgegen. Er machte eine fragende Geste mit seinem Joint. „Bist du sicher?“
    Ich war ganz sicher. Obaid sah mich mit Panik im Blick an. Bannon reichte mir den Joint, ich nahm einen ordentlichen Zug und behielt ihn in der Lunge, bis mir die Augen tränten. Zwischen dem Inhalieren des süßen beißenden Rauches und dem Erbrechen eine halbe Stunde später hatte ich die abgefahrene Idee, die mich in diese Jauchegrube gebracht hat.

Zehn
    A ls General Zia am Morgen nach seiner Ansprache an die Nation die Zeitungen durchblätterte, besserte sich seine Laune ganz entschieden. Er breitete die Zeitungen eine neben der anderen auf dem Esstisch aus, bis die glänzende Mahagonifläche ganz mit seinen Worten und Bildern bedeckt war. Er legte den Rotstift beiseite, trank genießerisch seinen Tee und nickte dem Bediensteten, der in einer Ecke stand, beifällig zu. Es gab eine Sache, die General Zia an seinem Informationsminister gefiel, obwohl er ein hinterhältiger Bastard mit einem gefälschten Abschluss in Betriebswirtschaft war, der viel Geld damit verdient hatte, nutzlose Bücher für die Militärbibliotheken zu bestellen, die niemals eintrafen: Er konnte mit diesen Zeitungsleuten umgehen. General Zia hatte versucht, selbst Beziehungen zu den Herausgebern zu

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