Eine Klasse für sich
Penelope Dingsbums heiraten und seine Kinder nach Eton schicken, aber da täuschst du dich. Er kann euch nicht ertragen. Er ist drauf und dran, alles hinzuschmeißen und sich von euch allen zu verabschieden.« Diese Vorstellung hatte für sie offensichtlich etwas Aufregendes.
Aber war das neu für mich? Im Grunde überraschte es mich nicht sonderlich. »Dann solltet ihr vielleicht gemeinsam alles hinschmeißen und in die große Freiheit aufbrechen. Ihr scheint gut zueinanderzupassen. «
»Red nicht so.«
»Wie rede ich denn?«
»Von oben herab und aufgeblasen. Du klingst richtig blöd.« Das verschlug mir natürlich ein paar Minuten lang die Sprache, während
sie fortfuhr: »Damian und ich, wir sind im Grunde überhaupt nicht auf der gleichen Wellenlänge. Eine Weile dachte ich, wir passen vielleicht zusammen, aber das stimmt nicht.«
»Ihr kommt mir beide sehr progressiv vor.« Irgendwie fand ich aus der Rolle des Trottels nicht mehr heraus. Um meine Mutter zu zitieren: Ich war einfach eifersüchtig.
Aber meine Bemerkung schien Joanna nicht zu empören, sondern nachdenklich zu stimmen. »Er will in der Welt von heute leben«, gab sie zu, »genau wie ich. Aber er will sie beherrschen. Er will Macht, er will Leute wie dich herumschubsen und den großen, fiesen Boss spielen.«
»Und du willst keine Macht? Nicht einmal die Macht der großen Dame, die von ihrem Schloss herunter Nächstenliebe und weise Worte verteilt?«
Wieder schüttelte sie den Kopf. »Jetzt fängst du schon wieder damit an, aber das ist nichts für mich. Ins Fernsehen will ich auch nicht. Und auch keinen großkotzigen Geschäftsmann heiraten, mit einer Designerwohnung in Mayfair und einer Villa in Südfrankreich.« Die Welt, die sie in diesem einzigen Satz so treffend beschrieb, war natürlich eine Welt, die sie gut kannte und vermutlich genauso verachtete wie den Adel und Damians Vision von sich als Senkrechtstarter in der City, mit der er seiner Zeit eindrucksvoll voraus war.
»Es muss doch etwas geben, was du willst«, sagte ich.
Wieder lachte Joanna, aber freudlos. »Nichts, was ich hier finden könnte.« Sie dachte eine Weile nach. »Ich will ja nicht unhöflich sein …« – solche Floskeln leiten stets die schlimmsten Beleidigungen ein – »… aber ihr habt keine Ahnung, was heute so läuft. Da hat Damian völlig recht. Ihr habt die Sechziger einfach nicht begriffen. Den Zeitgeist. Die Musik …« Sie unterbrach sich und schüttelte langsam den Kopf, fassungslos staunend, wie belanglos wir waren.
Ich fühlte mich doch leicht auf den Schlips getreten. »Wir hören die Musik.«
Sie seufzte. »Ja, ihr hört die Musik und tanzt zu den Beatles und den Rolling Stones, aber im Abendkleid und im Ballsaal, und ab zwei Uhr früh wird von einem Trupp Lakaien ein ausgiebiges Frühstück
serviert. Davon ist in den Songs nicht die Rede. Es geht um ganz andere Dinge!«
»Da könntest du recht haben.«
»Die Welt verändert sich. Und ich will mich mit ihr verändern.«
»Schätzchen!« Ich kannte Damians Stimme gut genug, ich brauchte mich nicht umzudrehen.
»Wenn man vom Teufel spricht …«, sagte Joanna.
»… ist er nicht weit«, ergänzte ich.
Damian schlenderte lässig die Stufen herunter, und als er auf gleicher Höhe mit uns war, schlang er besitzergreifend die Arme um Joanna. »Komm rauf und heitere uns auf. Du hast dich lange genug mit diesem Langweiler abgegeben. Er wird gleich glauben, er hat Chancen bei dir, und dann ist er nicht mehr zu bremsen.« Er zwinkerte mir zu, eine Aufforderung, mitzulachen über seinen Witz, der in Wirklichkeit natürlich eine Beleidigung war. Zu Beginn der Saison hatte er sich mir gegenüber noch ein wenig zurückgehalten, um sich meine weitere Unterstützung zu sichern. Aber die brauchte er längst nicht mehr. Jetzt hatte er Oberwasser.
»Na schön«, sagte sie, »ich komme. Aber nur, wenn du mir einen sicheren Tipp fürs nächste Rennen gibst.« Sie lächelte und stieg die Stufen zur Logentür hoch, hinter der ihr Fanclub schon auf sie lauerte.
Damian erwiderte ihr Lächeln, ohne den Arm von ihrer Taille zu nehmen. »Für dich gibt es nur einen einzigen sicheren Tipp. Und das bin ich.«
Mit einem gemeinsamen Auflachen verschwanden sie drinnen und entzogen sich meinem Blick.
Ich habe seither oft an mein Gespräch mit Joanna gedacht, das wir an jenem schönen Sommertag auf unseren privilegierten Plätzen über den Zuschauermassen geführt haben. Vielleicht bin ich den trügerischen Bildern der
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