Eine Klasse für sich
anbietet, um in Nostalgie zu schwelgen. Ich bin nun wirklich kein großer Anhänger von Veränderungen, aber meiner Meinung nach lebt es sich tatsächlich besser in einer Welt, in der jede Art von Sexualität anständig und verantwortungsvoll gelebt werden kann. Ich wünschte nur, die ganze Angelegenheit würde wieder in den Hintergrund rücken, wo sie früher war, und nicht tagein, tagaus öffentlich breitgetreten.
Ich hatte zu Jeff und seinem Schicksal nicht viel zu sagen, deshalb lächelte ich nur. »Aber dir geht’s gut. Und das ist die Hauptsache.«
»Ja.« Sie erwiderte mein Lächeln, aber ihre Augen lächelten nicht mit. »Donnie ist ganz okay.« Das klang nicht gerade enthusiastisch ; Donnie war offensichtlich der neue Ehemann, den sie seit ein paar Jahren hatte.
»Versteht er sich gut mit Susie?« Ich war natürlich stark daran interessiert, das Gespräch auf mein Ziel zurückzulenken.
»Ja.« Sie zuckte mit den Achseln. »Ich meine, Susie ist inzwischen erwachsen. Aber ja, sie kommen gut miteinander aus, vermute ich mal.«
»Vermute ich mal« rangiert auf der Begeisterungsskala an ähnlicher Stelle wie »ganz okay«. Selbst beim besten Willen gewann ich nicht den Eindruck eines besonders sonnigen Haushalts. »Was macht sie denn beruflich?«
»Sie ist Produzentin.«
Das heißt in Los Angeles nicht viel mehr als »sie ist ein menschliches Wesen«. Später, nach diesem Besuch, sollte ich übrigens selbst eine Karriere in Amerika beginnen, ein kurioser Nebeneffekt von Damians Mission. Dann wurden mir die Gepflogenheiten dieser Stadt sehr viel vertrauter; aber als ich mich mit Terry unterhielt, war ich noch unbedarft. »Wie aufregend«, sagte ich. »Was hat sie denn schon produziert?« Hätte ich mich besser ausgekannt, hätte ich diese Frage unterlassen.
Terry verstärkte ihr Lächeln. »Sie hat eine Menge sehr interessanter Projekte. Im Moment macht sie was für Warner.« Sie nickte und brachte damit das Thema zum Abschluss.
»Ist sie verheiratet?«
»Geschieden. Und steckt knietief in der Scheiße.« Das war ihr so herausgerutscht, auch noch ziemlich laut, was sie gleich bedauerte. »Ehrlich gesagt sehen wir uns nicht viel. Du weißt ja, wie es ist. Sie ist sehr beschäftigt.« Terry zuckte mit den Achseln. Glaubte sie allen Ernstes, sie hielte ihren Schmerz vor mir verborgen?
»Natürlich.« Meine Gesprächsbeiträge wurden immer zaghafter, dafür sprach Terry umso dröhnender; mir wurde unbehaglich bewusst, dass die Leute links und rechts von unserem Tisch nur noch taten, als unterhielten sie sich, und in Wirklichkeit unser Gespräch belauschten.
Gary der Vorsichtige kam mit riesigen Tellern, auf denen sich das Essen in kalifornischen Mengen häufte, was mir gleich den Appetit verschlug. Terry bestellte eine weitere Flasche Wein. »Siehst du noch jemanden?«, murmelte sie zwischen den Schlucken. »Von der alten Clique?«
Ich war nicht überzeugt davon, dass Terry jemals zu unserer alten Clique gehört hatte, sollte eine solche überhaupt existiert haben. Aber der Moment schien günstig, um Damian aufs Tapet zu bringen. Zum ersten Mal interessierte sich Terry wirklich für das, was ich sagte. »Wie geht’s ihm denn?« Ich erklärte es ihr und rang damit sogar ihrem versteinerten Herzen eine leise Regung ab. »Das tut mir leid.« Aber sie ließ diese Anwandlung von Sentimentalität schnell hinter sich und kehrte auf gewohntes Terrain zurück. »Er hat viel Kohle gemacht.«
»Das kann man sagen.«
»Hättest du das damals gedacht?«
Ich überlegte kurz. »Ich war immer ziemlich sicher, dass er Erfolg haben würde.«
»Obwohl du ihn gehasst hast?«
Aha, sie erinnerte sich doch recht gut an die alten Tage. »Ich habe ihn nicht immer gehasst. Nicht von Anfang an.« Das ließ sie gelten.
Ich wollte meine Recherchen nun etwas vorantreiben. »Du hattest was mit ihm, stimmt’s?«
Terry setzte sich mit einem Ruck auf und reagierte auf diese unverschämte Frage mit einem amüsierten Prusten. Allerdings frage ich mich, ob Unverschämtheiten von Leuten wie Terry nicht prinzipiell abprallen. »Ich hatte mit vielen was «, erwiderte sie. Wie wahr, ungewöhnlich wahr sogar für damals, und gut, dass sie es selbst aussprach, denn mir hätte es schlecht angestanden. Sie begleitete ihre Antwort mit einem vielsagenden, durchaus berechtigten Seitenblick, denn einer jener unbestreitbar Glücklichen, mit denen sie etwas gehabt hatte, war ich. Die Sache hatte sich auf eine Nacht beschränkt, war aber
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