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Eine Klasse für sich

Eine Klasse für sich

Titel: Eine Klasse für sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Fellowes
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für jedes Problem verantwortlich, und bei mir war es nicht anders. Jedenfalls stand ich errötend und stammelnd vor meinen keifenden Gastgebern. Plötzlich geschah ein Wunder: Terry Vitkov erschien oben auf dem Treppenabsatz und winkte mir zu. Nie habe ich mich über den Anblick eines Menschen mehr gefreut. »Terry!« rief ich, als wäre ich in sie verschossen, seit ich vierzehn war, und stürmte die Treppe hoch. »Ich zeige ihm, wo er schläft. Er hat das Zimmer neben mir, richtig?«, sagte Terry. Die beiden Mainwarings nickten verblüfft, und bevor sie ihre Schlammschlacht fortsetzen konnten, war ich aus der Schusslinie.
    In den folgenden Stunden wurden Terry und ich einander zur rettenden Stütze. Offenbar hatte Peter in Frankreich eine Villa gekauft, ohne das vorher mit seiner Frau zu besprechen. Billie hatte kurz vor der Ankunft Terrys davon erfahren, die eine Stunde vor mir bei den Mainwarings eingetroffen war. In dieser Zeit eskalierte der zunächst langsam dahinschwelende Streit zu heftigem Gebrüll, Billie stand in der Eingangshalle, warf ihrem Mann Schimpfwörter an den Kopf, die heute noch schockieren würden, und drohte ihm mit einer Scheidung, die »jeden verdammten (was sonst) Penny verschlingen« würde, den er besaß. Ich habe nie erfahren, warum Peters Vergehen so verwerflich war. Heute frage ich mich, ob in diesem Drama nicht noch eine dritte Person mitspielte. Oder Billie hatte mit dem Geld andere Pläne, die durch den Kauf torpediert wurden.

    Mein Zimmer war recht freundlich, wie in solchen Häusern üblich: hübsche Tapeten mit zarten, pseudoviktorianischen Mustern, gefütterte Vorhänge, die mit echten Colefax-Stoffen nicht ganz mithalten können, und goldgerahmte Blumendrucke mit blasstürkisen Passepartouts. Ich hatte, damals keineswegs selbstverständlich, mein eigenes Bad, in dem sich, noch besser, nicht allzu viele Silberfischchen und Schaben tummelten, und ein bequemes Bett. Aber kein Komfort konnte das albtraumartige Geschrei aufwiegen, das unten tobte und immer weiter anschwoll, da die beiden nun wieder allein waren und einander ungehindert an die Gurgel springen konnten.
    Zwei weitere Gäste trafen ein. Erst kam ein junger Mann namens Sam Hoare, an den ich mich besser erinnere als an andere, weil er den damals wirklich ausgefallenen Ehrgeiz hatte, Schauspieler zu werden. Wollte jemand aus meinen Kreisen zur Bühne, meinte man weniger, dass er scheitern könne, sondern eher, dass er psychiatrischer Behandlung bedürfe. Sam Hoare war groß, sah gut aus und machte später tatsächlich eine beachtliche Fernsehkarriere, behielt also recht mit seiner Hartnäckigkeit, die seine Eltern so unerfreulich fanden. Zuletzt erschien ein nettes Mädchen, Carina Fox, die mir immer sympathisch war, auch wenn ich sie nie näher kennenlernte. Terry und ich hörten Hundegebell und einen Wortwechsel in der Eingangshalle, und wie Terry zuvor mich gerettet hatte, schlichen wir den Gang entlang zum Treppenabsatz und retteten die Neuankömmlinge. Ohne sie eines Blickes zu würdigen, überließen die Mainwarings beide unserer Obhut. Es interessierte sie nicht im Mindesten, ob ihre Gäste nach der Fahrt vielleicht müde waren und auf eine Tasse Tee hofften. Solche Erlebnisse schmieden, wie wir wissen, die Opfer zusammen. Wir saßen alle vier in meinem Zimmer, verglichen unsere Erfahrungen und fragten uns, wie wir den Abend überstehen sollten. Bald hatten wir das Gefühl, wir seien dicke Freunde und nicht die halb Fremden, die wir unter normalen Umständen geblieben wären.
    Das Dinner begann einigermaßen ungetrübt. Die Mainwarings hatten schließlich Zeit gehabt, ihr Mütchen zu kühlen, außerdem waren zwei Paare dazugestoßen, die unseren Gastgebern dem Alter nach näherstanden und zur Belebung der Runde mit eingeladen worden
waren. Der Begrüßungschampagner im Garten verlief störungsfrei, danach setzten wir zehn uns etwa um Viertel vor neun an den Tisch und machten Small Talk, als wäre nichts gewesen. Die Neuankömmlinge, ein General und seine nette Frau sowie ein benachbarter Gutsbesitzer samt Gattin, hatten keine Ahnung, dass ihre lieben Freunde Peter und Billie eine Tourneeversion von Wer hat Angst vor Virginia Woolf abgeliefert hatten, bevor sie sich für den Abend zurechtmachten. Das Esszimmer war ein schöner Raum mit überraschend guten Bildern an den Wänden, der Tisch mit exquisitem Porzellan und Gläsern gedeckt. Vermutlich hatte Peters Familie ihre Güter eingebüßt, aber viel von deren

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