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Eine Klasse für sich

Eine Klasse für sich

Titel: Eine Klasse für sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Fellowes
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sann sie nach. »Terry Vitkov …« Sie schnitt eine Grimasse. »Dass Damian mit der befreundet war, überrascht mich wirklich. Ich dachte, er hätte einen besseren Geschmack. «
    »Aua.« Ihr Urteil amüsierte mich, viele der alten Freunde hätten sich wohl ähnlich über Terry geäußert.

    »Ist sie noch genauso wie früher?«
    »Ja, nur kommen noch vierzig Jahre Enttäuschungen dazu.«
    Das ließ Candida einen Moment auf sich wirken. »Erinnerst du dich an ihren Ball?«
    »Den könnte niemand, der dabei gewesen ist, vergessen. Da wäre schon ein medizinischer Eingriff nötig.«
    Sie lachte. »Ich stand zum ersten Mal seit meiner Geburtsanzeige wieder in der Zeitung. Meine Großmutter hat wochenlang kein Wort mit mir gesprochen.« Ich dachte an Candidas weiteres Leben, ihre sexuellen Ausschweifungen, ihr uneheliches Kind und an die jüngste Katastrophe, den elften September, und fragte mich, was besagte Großmutter von all dem gehalten hätte. Wahrscheinlich hatte der Tod ihr einiges erspart. Candida war in Gedanken immer noch bei Madame Tussauds. »Terry war es selber, hundertprozentig. Egal, was sie damals behauptet hat.«
    »Das bestreitet sie. Sie sagt, es wäre Philip Rawnsley-Price gewesen. «
    »Der hat ihr vielleicht dabei geholfen. Blöd genug war er ja. Aber sie muss es gewusst haben. Allein schon, dass sie auf Brownies verfallen ist. Wir waren damals ja alle so naiv.«
    »Absolut naiv.« Ich machte mir nicht die Mühe, Terry zu verteidigen, obwohl ich nicht glaubte, dass Candida recht hatte. Im Grunde war es mir egal.
    Candida starrte ins Feuer. Inzwischen wusste ich genau, was ich im Inneren dieser Frauen ins Rollen brachte. Ich kam an, und unversehens wurde mein »Opfer der Woche« vier Jahrzehnte zurückversetzt, in eine Welt, an die es ewig nicht gedacht hatte. »Meine Güte, wir haben in diesem Jahr schon wahnsinnig komische Sachen erlebt. Erinnerst du dich an Dagmars Ball?«
    »Wer könnte den vergessen?«
    »Als sich Damian einschmuggelte und es zu dieser Prügelei mit …« Sie schlug die Hand vor den Mund. Plötzlich erinnerte sie sich, wer Damians Gegner gewesen war. Unser Gastgeber schüttelte mit einem lauten Rascheln seine Zeitschrift aus.
    »Oh, wie gut ich mich entsinne«, spöttelte ich. Gemeinsam
überließen wir uns der Erinnerung und versuchten, bloß nicht den Höcker auf Andrews Nasenrücken anzustarren.
    Candida seufzte. »Im Nachhinein fällt mir vor allem auf, wie jung wir waren. Wie wenig wir ahnten, was auf uns zukommen würde.«
    »Ich finde, wir waren toll«, sagte ich, wogegen sie nichts einzuwenden hatte. Sie lächelte mich an. »Was macht dein Sohn denn jetzt?«, erkundigte ich mich.
    »Ich habe zwei Söhne und eine Tochter.« Sie warf mir einen etwas abwehrenden Blick zu. »Aber ich weiß, dass du Archie meinst.« Vielleicht spürte sie, dass ich ihr nichts Böses wollte, und entspannte sich wieder. »Er hat sich eine eigene Immobilienfirma aufgebaut. Ist wahnsinnig vermögend und erfolgreich.«
    Nicht halb so vermögend und erfolgreich, wie er bald sein wird, dachte ich. »Ist er verheiratet?«
    »Und ob! Er hat eine Frau, die Agnes heißt, und zwei Kinder, die einkaufssüchtige Tochter, die zehn ist, und einen sechsjährigen Jungen. Witzigerweise ist Agnes die Tochter dieses Mädchens, mit dem du eine Weile befreundet warst, Minna Bunting. Sie hat einen gewissen Havelock geheiratet, der in der Armee war. Erinnerst du dich an sie?«
    »Klar.«
    Sie verzog das Gesicht. »Ich nicht, das ist das Komische. Ich kannte sie damals kaum, aber natürlich tun wir heute, als wären wir die dicksten Freundinnen, und sind inzwischen sogar fast davon überzeugt. « War es tröstlich oder beklemmend, dieses fortwährende Weiterweben der alten Muster? Revolutionen erschüttern hergebrachte Moralvorstellungen, der Sozialismus mit all seiner Wut und Entrüstung kommt und geht, aber immer wiederholen sich dieselben Gesichter, dieselben Familien, dieselben Beziehungen. »Mir gefällt der Name Agnes«, sagte ich.
    »Mir auch. Und wie!« Das verriet mehr als beabsichtigt, was sie von ihrer Schwiegertochter hielt.
    »War es sehr schwierig mit Archie?«
    Candida verstummte einen Moment. Ich fühlte mich geschmeichelt, dass sie nicht so tat, als wüsste sie nicht, wovon ich sprach.
»Für mich war es vielleicht einfacher als für andere. Meine Eltern waren beide tot, meine Großmutter auch gerade gestorben. Ich hasste meine Stiefmutter und interessierte mich nicht die Bohne, was sie von mir

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